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KR083 - Ich - gegen ihn

KR083 - Ich - gegen ihn

Titel: KR083 - Ich - gegen ihn
Autoren: Delfried Kaufmann
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führte und folgte ihm. Er ging bis ganz nahe an die Wand heran, lief an ihr entlang. Unmittelbar über meinem Kopf reckte sich der kahle Felsen wie ein riesiger, viereckiger Klotz. Dann zackte der Weg scharf im Winkel um den Berg und mir bot sich ein halb grandioser, halb schauervoller Anblick.
    Vor mir lag die Südflanke des Beshopheads. Während der Felsen an drei Seiten aus senkrechtem, harten Gestein bestand, bildete diese Seite eine zwar auch noch recht steile, aber doch begehbare Geröllhalde. Riesige Brocken lagerten überall, festgehalten durch das eigene Gewicht, und doch sah die ganze Geschichte so aus, als könne schon ein zu lautes Wort eine Steinlawine und damit die ganze Bergflanke in Bewegung bringen.
    Das Tal senkte sich an dieser Stelle tiefer als auf der anderen Seite, wo das Haus stand, so daß ich mich jetzt auf halber Höhe befand. Der tiefste Einschnitt wurde von einer vielleicht zweihundert Yards hohen Kalksteinwand, dem Steinbruch, eingefaßt. Der leichtsinnige Schießer hatte recht gehabt. Es gab keinen Ausweg von dieser Stelle des Beshopheads.
    Der Weg verlor sich in dem Steingeröll. Ich hielt nach Forester Ausschau. Es dauerte eine Weile, bis ich ihn entdeckte.
    Er kraxelte schon ein gutes Stück über mir auf der Halde herum. Ich wußte, er war waffenlos. Es gab keine Chance mehr für ihn.
    Ich stieg ihm langsam nach und beeilte mich nicht sonderlich dabei. Vorsichtig hielt ich mich seitlich, um ihm keine Gelegenheit zu geben, Steine und Felsbrocken auf mich loszulassen, Hin und wieder verlor ich ihn aus dem Gesichtsfeld. Dann tauchte er kurz unter der Kuppe wieder auf, erkletterte den Gipfel und war verschwunden.
    Ich wartete. Es hatte keinen Sinn, ihm weiter nachzusteigen. Ich befand mich ungefähr in der Mitte der Halde und sah abwechselnd nach oben und nach unten, ob Forester nicht zurückkam, und ob unsere Leute nicht endlich auf der Bildfläche erschienen.
    Ich steckte mir eine Zigarette an und fand, daß ich sie verdient hatte. Als ich sie fast aufgeraucht hatte, wurde ich von unten angerufen.
    »Hallo, Jerry, Hallo!«
    Es war Phil, der rief. Klein wie eine Spielzeugfigur stand er an der Stelle, wo der Weg in die Halde mündete. Neben ihm erkannte ich Mister High und eine Gruppe von G-men und Cops. Unsere Leute waren angekommen.
    Ich winkte zurück, und als sich einige der Männer anschickten, die Halde zu erklimmen, rief ich: »Unten bleiben!«
    Ich hörte, wie Mr. High ihnen etwas befahl, aber ich verstand die Worte nicht. Sie kletterten wieder abwärts.
    »Wo ist Forester?« drang Phils Ruf herauf.
    »Auf der Kuppe! Er kann nicht weiter! Er muß zurückkommen.«
    Als sei damit sein Stichwort gefallen, tauchte John Forester oben wieder auf. Er machte sich an den Abstieg. Dann erblickte er die Leute unten, erblickte mich und hielt inne.
    »Geben Sie es auf, Forester!« rief ich ihn an. »Sie sind umstellt.«
    Er schien nicht zu hören, sondern sprang weiter von Felsen zu Felsen. Er befand sich etwas rechts von mir und ein ganzes Stück höher.
    Unten sagte Mr. High etwas zu einem Beamten. Der Polizist hob die Maschinenpistole. Laut und hallend brach sich das Echo der belfernden Schüsse. Links neben Forester sprühte der Gesteinsstaub auf.
    »Nicht schießen!« schrie ich hinunter. »Er ist waffenlos!«
    Sie stoppten das Feuer. Forester war stehengeblieben und sah zu mir herüber.
    »Nehmen Sie Vernunft an!« brüllte ich und dachte gleichzeitig, daß es lächerlich sei, zu ihm von Vernunft zu sprechen, aber, siehe da, er nickte und hob die Arme hoch.
    Ich wunderte mich. Ich hatte diese Bereitschaft nicht erwartet.
    »Kommen Sie herunter!« befahl ich ihm.
    Er stieg in schräger Linie abwärts, genau auf mich zu, und es sah merkwürdig und ein wenig lächerlich aus, daß er dabei die Arme weiterhin hochhielt. Einige Male wäre er beinahe gefallen.
    Ich ging ihm einige Yards entgegen. Ich fühlte so etwas wie Mitleid mit ihm, ein dummes Gefühl, daß ich sonst nie gekannt habe.
    Noch zwei, drei Sprünge, und wir standen uns gegenüber. Er sah völlig erschöpft aus. Sein Anzug war grau überpudert vom Staub der Halde. Noch befand er sich ein paar Fuß über mir.
    »Gehen Sie weiter«, sagte ich. Seine Augen waren auf mich gerichtet, immer noch glasgrau, kalt und blicklos.
    Er kam, verlor den Tritt, rutschte, fiel und schlitterte in einer Staubwolke genau vor meine Füße.
    Ich hielt die Null-acht noch in der Rechten. Unwillkürlich streckte ich ihm die linke Hand hin, um ihm
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