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KR083 - Ich - gegen ihn

KR083 - Ich - gegen ihn

Titel: KR083 - Ich - gegen ihn
Autoren: Delfried Kaufmann
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Wahnsinnigste, das er tun konnte. Er griff mich noch einmal an. Es war absolut verrückt. Ich stand höher als er, und er hatte nicht mehr viel drin. Ich fing ihn mit einem Haken ab, und ich schlug nicht mit aller Kraft zu.
    Trotzdem fiel er rückwärts. Er taumelte gegen den runden Felsblock, aber nur an dessen äußersten Rand, rutschte an ihm entlang, fiel auf den Rücken und schlitterte abwärts.
    Meiner Kehle entrang sich ein halb erstickter, gurgelnder Laut. Ich sah, wie der Riesenstein erbebte, wankte, in seine alte Lage zurückzuschwingen schien und sich dann doch mit unendlicher Langsamkeit zu drehen begann. Erschüttert durch den dreifachen Anprall unserer kämpfenden Körper, genügte diese letzte, nicht einmal heftige Berührung, ihn in Bewegung zu setzen.
    Ich sprang hinzu mit ausgestreckten Armen. Meine Finger berührten den glatten Stein, ein lächerlicher Gedanke, diesen Klotz von Tonnengewicht halten zu wollen. Schon bewegte er sich schneller, halb drehend, halb rutschend.
    Und dann stand spitz und gellend der unmenschliche Schrei John Foresters in der Luft, der das Ungetüm auf sich zukommen sah. Sekunden später geriet der untere Teil der Halde in Bewegung, und der Schrei des ehemaligen G-man John Forester, des »Schweigsamen«, ging unter in dem Donnern einer Lawine von Steinen.
    Als der Staub sich legte, und das dauerte fast eine halbe Stunde, konnten wir erkennen, was geschehen war. Das eine rollende Felsstück hatte Hunderte von anderen mitgerissen. Trotzdem war die Lawine ziemlich schmal geblieben, und die Leute, die auf dem Wege zu mir herauf gewesen waren, hatten sich aus ihrer Bahn retten können.
    Langsam und vorsichtig stieg ich abwärts von der Halde, die immer noch rauchte, als brenne sie. Ich war hundemüde, mehr noch, todmüde.
    Phil kam mir als erster entgegen, und ich glaube, ich griff nach seinem Arm, um mich darauf zu stützen.
    Wir suchten unter den Steinen nach John Forester. Es war nicht mehr viel, was wir von ihm fanden.
    Als ich blutig, von Kopf bis Fuß verstaubt, mit zerrissener Hose und Jacke unten bei Mister High ankam, klopfte er mir die Schulter.
    »Gott sei Dank, Jerry!« sagte er. »Ich hatte schreckliche Angst.« Und ich wußte, daß er um mich Angst gehabt hatte.
    Auch Phil schlug mir auf die Schulter kräftig und fröhlich, wie es seine Art ist. Eine dicke Staubwolke wallte hoch.
    »Ich glaube, ich benötige dringend: einen Staubsauger«, sagte ich, und damit war ich wieder im Lot.
    ***
    Es gab noch einiges zu tun. Als wir auf dem Platz vor dem weißen Haus ankamen, stand dort alles zusammen, was mit der Geschichte zu tun hatte.
    Kopfhängend, die Handgelenke bereits mit Stahlschmuck versehen, bewacht von zwei Cops, drängten sich die drei angeheuerten Ex-Gangster aus Lucky Greens Bande in einen Winkel. Es stellte sich heraus, daß ausgerechnet Will Ullman der Unglücksschütze gewesen war, der Lilian Green anschoß, als er John Forester zu treffen versuchte. Trotzdem war anzunehmen, daß die drei Vögel mit einem blauen Auge davonkommen würden.
    Um Lucky Green stand es nicht schlimm. Meine Kugel hatte ihm eine Schultersehne zerschlagen. Er litt ziemliche Schmerzen und fluchte in einer Tour vor sich hin. Als er mich erblickte, geiferte er einen Sturzbach von Beschimpfungen hervor.
    Schlechter ging es seiner Tochter. Soweit der Arzt es in der Eile feststellen konnte, saß ihr die Kugel in der Lunge, Sehr vorsichtig wurde sie abtransportiert.
    ***
    Das letzte Wort sprach das Gericht Zwei der Gangster erhielten Strafei von sechs Monaten, Ullman allerdings bekam ein volles Jahr. Lucky Green wurde wegen seiner vielen, zurückliegenden Verbrechen zu zwanzig Jahren schweren Kerkers verurteilt, und da er ein Mann von über Fünfzig war, bedeutete dieser Spruch, daß er den Rest seines Lebens hinter Gittern verbringen mußte.
    Gegen Lilian Green wurde keine Anklage erhoben. Die Frau, die Ursache manchen Unglücks war, hatte sich im Sinne des Gesetzes nicht strafbar gemacht. Sie lag lange im Krankenhaus und genas nur schwer und langsam. Erst zwei Jahre später hörten wir von ihr, daß sie bei einem Flugzeugunglück ums Leben gekommen war.
    Nicht die Rede war in all diesen Prozessen von dem Manne John Forester.
    ENDE
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