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Kostbar wie ein Tag mit dir - Roman

Titel: Kostbar wie ein Tag mit dir - Roman
Autoren: Susan Fraser
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unverkennbar - ihr Hals läuft rot an, und sie hält sich die Hand vor den Mund.
    »Das ist ganz in Ordnung«, möchte ich ihr sagen, während wir uns höflich lächelnd am Tisch gegenübersitzen. »Marc und ich kennen uns schon seit Jahren.«
    Aber dann wird mir klar, dass das überhaupt nicht stimmt. Das ist es ja gerade. In all den Jahren unseres Zusammenseins haben wir bloß an der Oberfläche gekratzt. Also sind die Sorgen von Marcs Mutter vielleicht berechtigt. Schließlich fangen wir wirklich gerade erst an, wir machen uns eben erst auf den Weg. Doch es wird nie mehr so werden wie früher.
    Nicht ohne Charlie.
    »Lass uns spazieren gehen«, sagt Marc nach dem Mittagessen, leise, um seinen Vater nicht aufzuwecken, der im Garten schläft.
    Rosa lächelt, als sie uns aus der Tür schiebt. »Ne vous inquiétez pas! Macht euch keine Sorgen! Er hat einfach zu schwer gearbeitet«, beruhigt sie uns. »Nur noch ein paar Jahre, dann geht er in Rente.«
    Marc fährt zusammen.
    »Komm!« Ich drücke seine Hand. »Gehen wir zum Fluss runter.«
    Der Yerres strömt reißend schnell unter der Brücke hindurch. Ich werfe ein Stöckchen ins Wasser, genau wie Charlie es früher gemacht hat, und wir beobachten, wie es davonschießt, unter der Brücke zwischen Felsbrocken verschwindet und auf der anderen Seite der Brücke wieder hervorkommt.
    »Du musst mit ihm sprechen, Marc.«
    »Das habe ich schon ... Ça ne sert à rien. Es hat keinen Sinn. Er will nicht zum Arzt.«
    »Das meine ich doch nicht, Marc.« Ich lege ihm die Hand auf den Arm, ziehe ihn herum, sodass er mich ansieht, als wir auf der Brücke stehen bleiben. »Du musst einfach mit ihm reden, nicht, damit er zum Arzt geht, sondern einfach reden, bevor er -«
    »Bevor er stirbt?«
    »Ja, Marc, bevor er stirbt.« Marc starrt mich an. »Du hast gesagt, du wolltest ihm nicht zuhören, obwohl du sehen konntest, dass er Angst hatte. Also gib ihm jetzt die Gelegenheit, darüber zu sprechen. Jetzt hast du die Möglichkeit.«
    Er nickt, nimmt meine Hand, und wir überqueren den Fluss, um am anderen Ufer entlangzuspazieren. »Die Möglichkeit, es diesmal richtig zu machen?«
    Genau das hat er mir an jenem Tag sagen wollen, als wir in seiner Wohnung zusammen im Bett lagen, als wir dieses Kind zeugten.
    »Nein, ganz richtig werden wir es niemals hinkriegen, nicht ohne Charlie. Aber wir können wenigstens versuchen, ein paar Dinge besser zu machen.«
    Er drückt meine Hand. »Das mit deiner Mutter?«
    Ich nicke. Marc kennt mich gut.
    Er schaut über die Wiese und deutet auf die Stelle unten am Fluss, wo das hohe Gras wuchert. »Hast du wieder Lust auf das Nachtleben?«
    Ich muss lächeln. »Ach, weißt du, das dörfliche Nachtleben habe ich ziemlich satt.«
    »Alors.« Er legt mir den Arm um die Schultern. »Du möchtest also nicht nach Lherm zurück?«
    Ein Schauder überläuft mich. »Nein! Keine zehn Pferde kriegen mich da wieder hin.«
    »Du hast keine Sehnsucht nach den Jägern?«, neckt er mich.
    »Ich habe Sehnsucht nach Charlie.«
    Marc drückt meine Schultern und seufzt. »Moi aussi.« ich auch.
    Wir gehen gerade über die Brücke zurück, da hören wir Hundegebell. Ein Mann pfeift.
    Es ist Serge. Er schlendert über das Gras heran und winkt uns zu, genau wie in jener Nacht auf der Autobahn.
    Wir warten auf der Brücke. Sein Hund kommt angesprungen. Mit aufgeregtem Kläffen flitzt er hin und her, wobei sein Schwanz wie ein verrücktes Metronom durch die Luft peitscht. Serge pfeift wieder, aber der Hund ignoriert ihn. Ein Platschen, und er ist im Wasser.
    »Bon sang de clébard!« Serge lacht, als er mir seine riesige Hand entgegenstreckt. Er betrachtet meinen dicken Bauch, der nicht zu übersehen ist, und gratuliert uns. »Bonjour! Félicitations!«
    Ich nicke lächelnd, aber voller Unbehagen. Ich beobachte, wie der Hund im Wasser herumplatscht, ungestüm, außer Rand und Band. Serges Unfall war im Winter passiert, erinnere ich mich - also nicht jetzt, noch nicht. Es ist noch Zeit.
    »Ça va?« Marc legt seinem Freund die Hand auf den Rücken.
    Ich sollte gehen. Ich sollte die beiden allein lassen, damit sie reden können. »Je vous laisse«, sage ich, »Ich kenne den Rückweg ja.«
    Marc nickt. Er hat verstanden. Jetzt wird es anders weitergehen - für uns alle.

50
 
    M itten in der Nacht wache ich auf. Ich liege auf dem Rücken, inzwischen zu dick, um mich umzudrehen. Marc liegt neben mir, still, aber mir zugewandt. ich habe von Lherm geträumt, wieder vom lavoir.
    Aber
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