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Kostbar wie ein Tag mit dir - Roman

Titel: Kostbar wie ein Tag mit dir - Roman
Autoren: Susan Fraser
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natürlich recht hat: Wenn ich an die beiden denke, an ihre stille Zwiesprache, an das entspannte Schweigen ... Wie sehr ich Vater und Sohn um diese vertraute Gemeinschaft, um ihre gegenseitige Zuneigung beneidet habe!
    »En plus ... Er hat sogar versucht, mit mir darüber zu sprechen, Annie.« Marc schüttelt sich, so sehr peinigen ihn immer noch die Schuldgefühle. »einmal, als wir unten am Fluss waren.«
    Ich lege die Hand auf sein Knie. »Er hat es gewusst?«
    »Oui.« Marc fährt sich mit der Hand über die Stirn, schwer atmend presst er die Finger gegen die Schläfen. »Und ich wollte es nicht hören. Ich konnte sehen, dass er sich Sorgen machte. Ich habe es wirklich in seinen Augen gelesen. Aber ich wollte nicht zulassen, dass er darüber sprach. Ich wollte es nicht hören! Merde, Annie! Quand j'y pense!«
    Als Marc wieder zu mir herüberschaut, sehe ich in seinem Blick Scham und ein schlechtes Gewissen. »Oui, je sais . Ich war ein Verdrängungskünstler, Annie.« Charlies Worte, Charlies Gesicht.
    »Aber warum nur, Marc?«
    »Du wolltest nach Hause. Also wollte ich dich zurückbringen. Ich dachte, du müsstest hin - ich dachte, du wärst bereit, deine Mutter wiederzusehen.«
    »Ach, Marc!«
    »Je sais.« Ein trauriges schwaches Lächeln. »Ich habe das falsch verstanden. Ich habe alles falsch verstanden.«
    Nein, denke ich, nicht alles. Marc wusste etwas über mich, was ich mir nicht einmal selbst eingestehen wollte ... etwas, was ich in den hintersten Winkel meines Herzens geschoben hatte - wie ein altes Paar Schuhe. Er war nicht der einzige Verdrängungskünstler.
    »Et puis ... Als meine Mutter anrief, habe ich Angst bekommen, Annie - und ein schlechtes Gewissen, ein ganz schlechtes Gewissen. Ich bin in Panik geraten. Ich dachte, wie kann ich überhaupt Vater sein oder Ehemann? Ich bin doch bloß ein Kind, ein dummes Kind.«
    Ich seufze. »Das waren wir beide.«
 
    Ich weiß noch, wie ich ihn mit nach Australien genommen habe, ich erinnere mich an meine Aufregung, an das Herzklopfen, als das Flugzeug sich wie ein Adler, der auf seine Beute zusteuert, in die Kurve legte und niedrig über der Küstenlinie von Sydney schwebte. Und als es schließlich auf der Landebahn des Flughafens zum Stehen kam, sah ich aus dem Fenster auf die wellen heißer Luft, die vom Asphalt aufstiegen, spürte meine Hand in Marcs Hand und dachte: Ich bin zu Hause.
    Ich hatte so schöne Pläne! ich wollte ihn mit nach Bondi an den Strand nehmen und zum Picknick in den Centennial Park. Wir würden im Four in Hand unten in Paddington Bier trinken und auf der Manly Wharf Fisch und Chips essen. Wir konnten an der Küste entlangfahren ... Ich freute mich so darauf, ihm zu zeigen, wo ich aufgewachsen war, ich konnte es kaum erwarten, diesen Franzosen aus Ozouer in meine Welt einzuführen.
    Als wir jedoch durch das Arrival Gate kamen, als wir unseren Gepäckwagen die Rampe hinunterschoben und den müden Reisenden folgten, betrachtete ich das Meer von erwartungsvollen Gesichtern: Hinter der Absperrung drängten sich Verwandte und Freunde. Plötzlich spürte ich einen Schmerz, einen nagenden Schmerz, der aus der Tiefe meines Herzens aufstieg.
    Leere.
    In diesem Augenblick hatte ich mir ihr Gesicht herbeigewünscht - ich hatte mich danach gesehnt, Norma Jean in der Menge zu sehen. Das ist Marc, Mummy! Wie gern hätte ich gelacht, während er sie auf beide Wangen küsste, wie stolz hätte ich über ihre verlegene erste Berührung gelächelt.
    Aber wie hätte sie dort sein, wie hätte sie uns empfangen können? Ich hatte sie ja nicht einmal angerufen, ich hatte ja nicht mal den Hörer in die Hand genommen, um meiner Mutter mitzuteilen, dass ich nach Hause kommen wollte.
    Nicht einmal diesen ersten Schritt hatte ich getan.
 
    Wir sitzen still zusammen und beobachten die Möwen, die uns im Gleitflug in die Bucht führen. Erst als die Passagiere um uns herum anfangen, ihre Siebensachen einzusammeln, und sich in den Gang stellen, wendet Marc sich mir zu. »Je veux que tu saches ... C'était un désastre.« Es war eine Katastrophe. Ich möchte, dass du das weißt.
    Ich starre ihn an, mein Herz rast, die Finger kribbeln und werden taub, als ich die Kante meines Sitzes zu fest umklammere. Ich weiß, wovon er spricht.
    » J'étais tellement perdu. Ich war so voller Ärger, voller Wut. Wir haben die Nacht zusammen verbracht. Aber das war alles, Annie.«
    Wie erstarrt sitze ich da. Ich habe Angst, mich zu bewegen, habe Angst zu denken - zu
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