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Kosmologie für Fußgänger

Kosmologie für Fußgänger

Titel: Kosmologie für Fußgänger
Autoren: H Lesch
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Konstanten zu bestimmen. Dazu musste man nämlich genau die Entfernung einiger Galaxien und deren Fluchtgeschwindigkeit kennen. Die Fluchtgeschwindigkeit zu bestimmen, bereitete keine besonderen Probleme. Man macht das, wie wir es bereits weiter oben bei Vesto Slipher und seinen »Spiralnebeln« kennen gelernt haben, indem man die Rotverschiebung des Lichts des betreffenden Objektes misst. Was für Hubble die Bestimmung der Konstanten jedoch anfänglich so schwierig machte, war die Tatsache, dass die Entfernungen der Galaxien, deren Rotverschiebung er gemessen hatte, nicht ausreichend genau bekannt waren. Obwohl sich auf diesem Gebiet mittlerweile vieles verbessert hat, ist die Hubblekonstante auch heute noch mit einer gewissen Unsicherheit behaftet. Zurzeit gilt ein Wert von etwa 60 Kilometern pro Sekunde pro eine Million Parsec als der wahrscheinlichste.
    Hubbles erste Messungen lieferten jedoch einen wesentlich größeren Wert von etwa 500 Kilometern pro Sekunde und Megaparsec. Daraus ergab sich ein Weltalter (der Kehrwert der Hubblekonstanten) von nur zwei Milliarden Jahren. Mithilfe der Gesetze des radioaktiven Zerfalls war aber inzwischen das Alter der Erde auf wenigstens drei bis vier Milliarden Jahre festgelegt worden. Was nun? Das Universum konnte doch als Ganzes nicht jünger sein als die Erde.
    Sofort setzte die Diskussion über Hubbles Ergebnisse wieder ein. Die waren nämlich nicht nur für die Entfernungsmessung von Bedeutung, sondern auch für die Beantwortung der Frage, ob sich das Universum ausdehnt oder nicht. In den Zwanzigerjahren hatte nämlich der katholische Priester Georges Lemaître herausgefunden, dass die Allgemeine Relativitätstheorie als eine Klasse von Lösungen auch ein expandierendes Universum zuließ. Eine Lösung, die Einstein jedoch nicht akzeptierte. Einstein selbst hat daher seine Gleichungen mit einem zusätzlichen Term versehen, der die Expansion exakt kompensiert und damit das von ihm und vielen anderen so heiß geliebte statische Universum sicherstellte. Die damals bereits existierende Idee einer heißen Geburt des Universums in einem so genannten Big Bang war damit erst einmal schwer beschädigt, und einige Kosmologen gingen sogar dazu über, eine Theorie der ewigen Gleichförmigkeit, die Steady-State-Theorie, zu entwickeln.
    Aber an einer statischen Lösung gibt es ziemlich viel auszusetzen. Wenn man ein derartiges Universum auch nur minimal stört, das heißt, den Radius geringfügig vergrößert oder verkleinert, dann expandiert es entweder über alle Grenzen, oder es fällt in sich zusammen. Und das, wohlgemerkt, bereits bei der kleinsten Störung! Das statische Universum wäre wie ein Bleistift, der auf der Spitze balanciert, total instabil.
    Einstein gab sich erst geschlagen, als er und Lemaître Hubble besuchten und mit ihm dessen Beobachtungsergebnisse diskutierten. Dann erst war allen drei Beteiligten klar: Das Universum expandiert, und es hatte einen Anfang. Denn irgendwann mussten die vielen Galaxien ja mal viel enger zusammen gewesen sein. Lemaître beschrieb diesen Zustand als extrem dicht und extrem heiß. Die Schöpfung war anscheinend gar nicht paradiesisch friedlich.
    Bald darauf wurden auch Hubbles Messfehler korrigiert. Mit den neuen Ergebnissen musste das Universum mindestens zehn, eher 15 Milliarden Jahre alt sein. Von nun ab war der Weg frei für die Idee eines heißen Beginns des Universums. Heute gilt die Big-Bang-Theorie schlechthin als das Modell der Entstehung des Universums.
    Schließen wir noch das Thema Entfernungsmessung ab. Mit der für die Astronomie außerordentlich wichtigen Hubblekonstanten lässt sich nun auf einfache Weise die Entfernung auch sehr weit entfernter Objekte bestimmen. Dazu muss man lediglich die Rotverschiebung des angepeilten Objektes messen, daraus die Fluchtgeschwindigkeit berechnen und diesen Wert durch die Hubblekonstante dividieren. Für Objekte, die uns noch relativ nahe stehen, ist die Fluchtgeschwindigkeit gleich der Rotverschiebung multipliziert mit der Lichtgeschwindigkeit. Bei fernen Objekten, bei denen die Fluchtgeschwindigkeit schon einen erheblichen Bruchteil der Lichtgeschwindigkeit aufweist, muss man jedoch relativistisch rechnen.

Resümee
    Auf unserem Spaziergang durch die Geschichte der Entfernungsmessung haben wir die wichtigsten Methoden kennen gelernt, die der heutigen Astronomie zur Bestimmung von Entfernungen im Universum zur Verfügung stehen. Neben diesen gibt es noch eine Reihe anderer, sehr
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