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Kosmologie für Fußgänger

Kosmologie für Fußgänger

Titel: Kosmologie für Fußgänger
Autoren: H Lesch
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sehr dicht gepackten Kernen von Kohlenstoff- und Sauerstoffatomen. Obwohl in ihnen keine atomaren Fusionsprozesse mehr ablaufen und deshalb auch kein innerer Strahlungsdruck vorhanden ist, kollabieren sie nicht unter ihrer eigenen Gravitationskraft. Das begründet sich darauf, dass die Elektronen aus quantenmechanischen Gründen einfach nicht weiter zusammenrücken können und so gegen die Gravitationskraft einen Druck aufbauen, der den Weißen Zwerg stabilisiert. Im Laufe der Zeit kühlen diese stellaren Aschereste immer weiter ab und haben am Ende nur noch eine absolute Helligkeit, die 100- bis 10 000-mal kleiner ist als die unserer Sonne.
    Doch gelegentlich passiert etwas ganz Außergewöhnliches, das diese Objekte ein letztes Mal zum Leben erweckt. Wenn diese Zwerge keine »Einzelgänger« sind, sondern einen nahen Begleitstern haben, dann kann unter gewissen Umständen Masse vom Begleiter auf den Weißen Zwerg überströmen. Das geht so lange gut, bis der Zwerg auf eine obere Grenze von 1,44 Sonnenmassen angewachsen ist. Ist dieser Punkt erreicht, so sind Druck und Temperatur so hoch geworden, dass schlagartig der gesamte Kohlenstoff des Weißen Zwergs zündet und eine gewaltige Supernovaexplosion aufflammt. Neben Neon, Argon, Schwefel und Silizium verbrennt dabei die Materie des Weißen Zwergs auch zu schweren Elementen wie Eisen, Kobalt und Nickel, die durch die Explosion mit ungeheurer Wucht in den Raum hinausgeschleudert werden. Der Weiße Zwerg wird dabei vollständig zerstört, sodass auch kein Neutronenstern mehr übrig bleibt.
    Bei dieser Explosion wird eine so ungeheure Menge an Energie freigesetzt, dass kurzfristig eine Leuchtkraft entsteht, die größer ist als die gemeinsame Leuchtkraft aller Sterne einer gesamten Galaxie. Da die Explosion immer genau bei der gleichen Masse einsetzt, ist auch die Leuchtkraft immer die gleiche. Dieses Verhalten kann man nun wieder zur Entfernungsbestimmung heranziehen. Wichtig ist nur, dass man einmal eine solche Supernova in einer Galaxie bekannter Entfernung gefunden hat, um anhand der Messung ihrer scheinbaren Helligkeit ihre absolute Helligkeit zu ermitteln. Von nun an besitzt man eine weitere Standardkerze, deren Helligkeit ausreicht, um auch noch in den entferntesten Galaxien des Universums beobachtet werden zu können.
    Im Mittel leuchtet in jeder Galaxie etwa alle 300 Jahre eine Supernova dieses Typs auf. Bei der ungeheuren Zahl von einigen hundert Milliarden Galaxien im Universum blinkt es also unentwegt an allen Ecken und Enden. Die Helligkeit eines solchen Ereignisses steigt dabei zunächst abrupt an und klingt dann über Wochen langsam wieder ab. Es ist also nicht so tragisch, wenn man den ersten »Lichtblitz« nicht erwischt. Aus dem Verlauf der Helligkeitskurve kann man den Spitzenwert der Helligkeit ziemlich genau rekonstruieren. Mit einer Supernova als Standardkerze ist es möglich, Entfernungen bis zu etwa einer Milliarde Lichtjahre zu vermessen. Ob jedoch das Objekt, dessen Entfernung man da bestimmt, überhaupt noch existiert, weiß niemand. Das Licht hat ja eine Milliarde Jahre gebraucht, um zu uns zu kommen, und was wir sehen, ist nicht das Objekt, so, wie es heute ist, sondern so, wie es vor einer Milliarde Jahren war.

Die Hubblekonstante
    Zum Schluss wollen wir noch auf die wohl umfassendste und vielleicht auch einfachste Methode zur Entfernungsbestimmung eingehen. Nachdem Edwin Hubble die Cepheiden in der Andromedagalaxie gefunden hatte und damit ihre Entfernung zur Milchstraße ausrechnen konnte, machte er in den Jahren danach mit dem 2,50-Meter-Teleskop am Mount Wilson die besten spektroskopischen Aufnahmen von Spiralnebeln. Dabei gelang ihm eine Entdeckung, welche die astronomische Welt erschüttern sollte.
    Im Jahr 1929 konnte er anhand seiner Beobachtungen darlegen, dass sich die Galaxien von uns wegzubewegen scheinen, und zwar umso schneller, je weiter sie entfernt sind. Damit erbrachte er nicht nur den Beweis, dass sich das Universum ausdehnt, sondern er entdeckte auch ein weiteres Verfahren zur Entfernungsbestimmung, das insbesondere geeignet ist, extrem weit entfernte kosmische Objekte zu vermessen. Hubble konnte nämlich zeigen, dass das Verhältnis von Fluchtgeschwindigkeit der Objekte zu deren Entfernung eine Konstante ist. Diese Konstante hat die Dimension einer Geschwindigkeit, dividiert durch eine Entfernung, und wurde später zu Ehren Hubbles auch Hubblekonstante genannt.
    Zunächst war es nicht einfach, die Größe dieser
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