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Kopf frei

Kopf frei

Titel: Kopf frei
Autoren: Ute Lauterbach
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Sinn
Egozentrik
volles Erleben
Verdrängung/Flucht/Sucht
Bei-sich-Sein/Außer-sich-Sein
Unfreiheit/Verstrickung/ Identifikation
Freiheit/Unverstricktheit
Getrenntsein
Verbundensein
Glück als Behagen (Glücks Pech-Wippe)
Glückseligkeit als existenzielles Wohlbefinden
das Relative/die Vielheit
das Absolute/das Eine
Festhalten/Verbissenheit/ Rödeln/Funktionieren
Loslassen/Spiel/Gestalten
Wahrnehmen/Urteilen
Innehalten/Gewahrwerden
Ego
Selbst
    Können wir sicher sein, dass das Sein nicht einfach nur eine konstruierte Hinterwelt des Seienden ist? Gibt es das Sein, das Absolute, das Selbst usw. unabhängig von irgendeinem Seienden? Ist die vergängliche Welt des Seienden vielleicht einfach so trostlos, so sinnlos, dass Philosophen sich darangemacht haben, ein Sein zu erfinden, damit der Wüstenwind vergänglicher Willkür-Machenschaften abgepuffert wird?
    Gott hatte es spätestens seit Feuerbach und Nietzsche schwerer – da kam ein unpersönlicher Ersatz in Mode: das Sein, das Nirwana. Ist das so? Denkbar wäre dieser raffinierte Dreher schon. Zumal uns klar ist, dass wir heimtückischerweise das Sein gar nicht denken können (und dürfen), denn genau dadurch machen wir es zu einem Gegenstand, zu einem Seienden. Das aber bedeutet, das Sein bleibt quasi immun, unberührbar in der Deckung; es bleibt vor uns versteckt. Müssen wir also genauso an das Sein glauben wie an einen lieben Gott? Wenn dem so wäre, könnten wir uns diese weitere Pirouette im Unmündigkeitstheater sparen.
    So leicht lässt uns die Philosophie jedoch nicht entkommen. In der Tat können wir das Sein nicht im üblichen, alltäglichen Sinne denken und darüber sprechen, ohne es zu vergegenständlichen und so zu etwas Seiendem zu machen. Der »Zugang« zum Sein sei ein anderer, weiß die Philosophie. Diesen Zugang gilt es zu begreifen, zu
erleben und empirisch einzusacken – nur dann könnten wir wirklich sicher sein, dass das Sein keine Erfindung ist.
    Der »Zugang« zum Sein
    Das Wort »Zugang« muss in Anführungsstrichen stehen, weil das Sein nicht als ein ferner, separater Zusatzraum definiert wird, den wir auf geschickte Art betreten können. Es wird vielmehr als das alles Hervorbringende, Durchdringende, uns Einbegreifende gedacht, zu dem es unmöglich ist, einen Abstand zu haben und somit eben auch keinen Zugang. Gerade diese Vorstellung vom Sein müsste uns skeptisch machen, denn wenn es uns so nah wäre, uns gleichsam trüge, müsste es doch auch das Greifbarste und Erlebbarste schlechthin sein. Das ist es auch, sagt die Philosophie, wenn wir uns nur auf eine andere Art des Ergreifens und Erlebens verstünden.
    Lassen wir uns einmal großzügig auf diese anderen Arten ein: Bonaventura (1221 – 1274) unterscheidet drei Augen der Erkenntnis: »das Auge des Fleisches«, mit dem wir die äußere Welt des Raumes, der Zeit und der Dinge wahrnehmen; »das Auge der Vernunft«, das uns Zugang zur Philosophie, zur Logik und zum Geist selbst verschafft; und »das Auge der Kontemplation«, das uns zur Erkenntnis transzendenter Wirklichkeit erhebt. Für die Erkenntnis oder Innewerdung des Seins hätten wir uns des Auges der Kontemplation zu bedienen, weil das Fassungsvermögen des Intellekts, also des Auges der Vernunft, zu popelig für das Sein ist. Ein verlässlicher »Zugang« zum Sein steht und fällt jetzt also damit, ob es dieses Auge der Kontemplation gibt und wie es funktioniert.
    Zur Verdeutlichung rufen wir Heideggers Unterscheidung zwischen dem wesenhaften Denken und dem nicht wesenhaften Denken auf den Plan. Analog der Kontemplation ließe sich das wesenhafte Denken als ein solches verstehen, das dem Gedachten nichts davorstellt, es also nicht durch Gedanken zustellt, sondern es einfach so stehen lässt. Anders formuliert: Beim wesenhaften Denken wird dem Vorgestellten, dem Gedachten, dem Eindruck im Bewusstsein nichts, aber auch gar nichts hinzugefügt. Das wesenhafte Denken bleibt ursprünglich
oder anfänglich; es ist nicht vorverständnisbedingt. Noch anders formuliert: Es ergreift den Gegenstand der Kontemplation nicht, sondern lässt sich von ihm ergreifen. Genau dadurch eröffnet sich dem Bewusstsein die Seinserfülltheit des Seienden. Diese Erfahrung bleibt dem Auge der Vernunft, also dem nicht wesenhaften Denken, verschlossen, weil es pausenlos irgendwelche Inhalte verwaltet, jongliert, assoziiert, synthetisiert, analysiert – kurz: Das nicht wesenhafte Denken ist ständig in einer Weise aktiv, die den »Zugang« zum Sein
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