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Kopernikus 8

Kopernikus 8

Titel: Kopernikus 8
Autoren: H. J. Alpers
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als ich an­ge­nom­men hat­te.
    Dann war da die Freund­schaft mit Jo­an­nie ge­we­sen, die ih­ren Hö­he­punkt wäh­rend der Sa­turn Mo­tor Lod­ge auf der gu­ten al­ten Rou­te 31 fand. Lie­be? Ich weiß es nicht – zu­rück­bli­ckend glau­be ich, daß ich sie nur ha­ben woll­te, weil sie ein so hüb­sches Mäd­chen war. Klug, brü­nett, obe­re Mit­tel­klas­se – was woll­te ich mehr? Nicht daß sie schuld­los an die­ser bi­zar­ren Me­sal­lian­ce von Frau und Fre­ak war. Wie tref­fend muß es für ihr düs­te­res, sich ge­ra­de ent­fal­ten­des so­zia­les Be­wußt­sein er­schie­nen sein, sich mit ei­nem Ei­gen­bröt­ler ein­zu­las­sen. Dan­nys Ge­burt hat­te die­sen spe­zi­el­len Tag­traum kurz da­nach zer­malmt und er­zwang da­durch zwecks Bar­geld mei­ne Ka­pi­tu­la­ti­on vor dem Men­schen­fres­ser Ka­pi­ta­lis­mus. Je­des ein­zel­ne die­ser Miß­ge­schi­cke war auf ei­ne schmerz­vol­le, es­sen­ti­el­le Art und Wei­se ein Feh­ler ge­we­sen, und je­des nahm einen noch grö­ße­ren Teil mei­ner See­le mit sich als das Vor­an­ge­gan­ge­ne.
    Wäh­rend­des­sen war ich an der Ka­nal­brücke an­ge­langt, konn­te aber nicht auf­hö­ren, an Dan­ny zu den­ken. Ich hat­te kein Kind ge­wollt, denn ich hielt uns bei­de für nicht reif ge­nug, solch ei­ne Ver­ant­wor­tung zu tra­gen, aber Jo­an­nie hat­te sich ge­wei­gert, ei­ne Ab­trei­bung in Er­wä­gung zu zie­hen. Ich ha­be ihr nie ge­sagt, wie ängst­lich ich war, daß das Kind ge­nau­so ein Fre­ak sein wür­de wie ich. Aber als ich das nor­ma­le, schö­ne Ba­by sah, war ich das ers­te und ein­zi­ge Mal in mei­nem Le­ben glück­lich. Zu­erst war Dan­ny et­was Un­ge­wöhn­li­ches, aber als er ein biß­chen äl­ter war und wir be­gan­nen, ein­an­der ken­nen­zu­ler­nen, glaub­te ich, daß wir mehr als Va­ter und Sohn wa­ren. Wir wa­ren Freun­de.
    Den­noch wur­de das Ge­zänk zwi­schen Jo­an­nie und mir schlim­mer – und, oh, sie hat­te schon im­mer ei­ne spit­ze Zun­ge ge­habt. Als wir schließ­lich be­schlos­sen aus­ein­an­der­zu­ge­hen, gab es kei­ner­lei Zwei­fel dar­an, wer bes­ser ge­eig­net war, Dan­ny groß­zu­zie­hen. Ich war ein al­tern­der Al­bi­no-Hip­pie, der ein zwei­fel­haf­tes Ein­kom­men aus dem Ex­port­han­del er­ziel­te. An­de­rer­seits war sie fest eta­bliert; sie hat­te nie Dro­gen be­rührt, nicht ein­mal ei­ne Zi­ga­ret­te ge­raucht. Ich wuß­te, daß es rich­tig war, und den­noch nahm ich ihr die Art und Wei­se übel, wie die Din­ge ih­ren Lauf nah­men.
    Ein Jahr war ver­gan­gen, seit sie mir mei­nen Sohn weg­ge­nom­men hat­te. Er war erst fünf, als sein Heim zu­sam­men­brach. Am Sonn­tag wird er sei­nen sechs­ten Ge­burts­tag fei­ern, und sein Va­ter hat­te zu sehr Angst vor ei­nem ver­ba­len Peit­schen­hieb („Warum nimmst du kei­nen Job an, da­mit du ge­nug Geld ver­dienst, um Dan­ny mit den Din­gen zu ver­sor­gen, die er braucht?“), um dort zu sein, wo er Dan­ny hel­fen konn­te, die Ker­zen aus­zu­bla­sen. Mor­gen muß ich ihm mit der Post ein Ge­schenk schi­cken. Wird es recht­zei­tig in Mi­a­mi an­kom­men?
    Der Feld­weg war stau­big und un­eben, als die Nacht her­ein­brach. Auf der an­de­ren Sei­te des Ka­nals gab es kei­ne Oran­gen­plan­ta­gen, nur Pal­men­hai­ne und Flo­ri­d­a­pi­ni­en. Wei­ter un­ten am Weg stand ein Haus aus Schlacke­blö­cken, ein­stö­ckig, oh­ne Fens­ter an der Vor­der­sei­te, wie ein Por­no­schup­pen. Das Haus wur­de von zwei Sa­go­pal­men flan­kiert, die sich im End­sta­di­um der „töd­li­chen gel­ben Krank­heit“ be­fan­den, ih­re wel­ken We­del hin­gen in der sich ver­tie­fen­den Dun­kel­heit wie schwar­ze Spin­nen­bei­ne her­ab.
    Ich park­te vor dem Haus, und der Ho­ri­zon blieb im zucker­ähn­li­chen Sand ste­cken. Ich über­leg­te, ob sei­ne Rä­der im­stan­de sein wür­den, sich frei­zu­dre­hen, und falls nicht, ob es in Bo­ca Bian­ca einen Ab­schlepp­wa­gen gab. Wäh­rend ich zum Haus ging, dach­te ich dar­an, daß ich nicht im­mer ei­ne der­art de­fä­tis­ti­sche Hal­tung ein­ge­nom­men hat­te.
    „Was ge­sch­ah mit der Wood­stock-Ge­ne­ra­ti­on?“ mur­mel­te ich und rief mir ei­ne
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