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Kopernikus 6

Kopernikus 6

Titel: Kopernikus 6
Autoren: Hans J. Alpers
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doch.
    „Siehst du“, sag­te Elec­tra, „sie ist tot. Zieh dich jetzt aus. Laß mich dich mit Blut be­ma­len.“
    Neil klatsch­te ih­re Hän­de bei­sei­te. „He­ro ist doch an­geb­lich dei­ne Freun­din“, schrie er. „Macht dir das nichts aus?“
    Sie leck­te sich über die Lip­pen. „Was mir et­was aus­macht ist, daß ich jetzt ei­ne Lei­den­schaft emp­fin­de, die ich sehr, sehr lan­ge nicht mehr emp­fun­den ha­be. Ich will das Bes­te dar­aus ma­chen.“
    Neil blick­te sich um. „Macht es ir­gend­ei­nem von euch et­was aus?“
    Nie­mand ant­wor­te­te ihm. Sie wa­ren zu sehr da­mit be­schäf­tigt, ei­ne Or­gie zu in­sze­nie­ren. Es wa­ren nicht län­ger Ge­stal­ten aus ei­nem Ge­mäl­de von Re­noir, auch nicht von Max­field Par­rish. Neil fühl­te sich an das Höl­len­pa­neel aus dem „Gar­ten der ir­di­schen Lüs­te“ von Hie­rony­mus Bosch er­in­nert.
    Elec­tra fauch­te ihn an: „Wenn du kei­ne Lust hast, dann fin­de ich schon je­mand an­ders!“
    An­ge­wi­dert wand­te sie sich ab und warf sich auf Ca­pri­corn, der ge­ra­de da­mit be­schäf­tigt war, ein Stück Fleisch aus der Flan­ke des Sau­ri­ers zu schnei­den. Er fing sie auf und drück­te sie rück­lings über den rie­si­gen Ka­da­ver.
    „Nein“, sag­te Neil, „es macht wohl kei­nem von euch et­was aus.“
    Al­les, was ih­nen wich­tig war, war ir­gend­ei­ne neue Auf­re­gung, um ih­re Lan­ge­wei­le zu lin­dern: ein Frem­der, ei­ne al­te Kunst­form, ein we­nig Blut und Ge­tö­se. Was wür­de wohl als nächs­tes kom­men? Was wür­de wohl pas­sie­ren, frag­te er sich, wenn ihr Mas­kott­chen aus dem zwan­zigs­ten Jahr­hun­dert an­fan­gen wür­de, sie zu lang­wei­len? Die auf der Hand lie­gen­den Mög­lich­kei­ten jag­ten ihm ei­si­gen Schau­er durch Mark und Bein.
    Er merk­te, wie er den Strand ent­lan­glief, zu­rück zu sei­nem Scout. Er war schon fast am Wa­gen, als ihm das un­fer­ti­ge Ge­mäl­de von He­ro ein­fiel, das im­mer noch am Was­ser stand. Er lief dar­auf zu und sam­mel­te den Sta­pel Skiz­zen ein, den He­ro auf die Küh­ler­hau­be ge­legt hat­te.
    Er brauch­te al­so neue Vi­sio­nen. Gut, bei Gott, jetzt hat­te er ei­ne. Er wünsch­te sich, daß er sie nicht hät­te, bei Gott … ein Tan­guy-Strand und ei­ne Bosch-Or­gie und Dut­zen­de von leuch­ten­den Ge­sich­tern vom En­de der Welt. Sie wür­den ihn wohl den Rest sei­nes Le­bens noch heim­su­chen. Er hoff­te, daß Con­nie in der La­ge war, es mit sei­nen Alp­träu­men auf­zu­neh­men, daß das Pu­bli­kum ver­kraf­ten konn­te, was er auf die Lein­wand brin­gen wür­de.
    Er star­te­te den Mo­tor und leg­te den Vier­rad­an­trieb mit ei­nem Fuß­tritt ein. Mit Vi­sio­nen, die ihm vom Kopf bis hin­ab in die Fin­ger­spit­zen brann­ten, lenk­te er den Scout zu­rück, über die Dü­nen, in die Zeit.

Ke­vin O’Don­nell Jr. Marchianna
MARCHIANNA

    Sie er­wach­te mit Mu­sik. Je­den Mor­gen sang ihr We­cker um sie­ben Uhr drei­ßig, und er ging zehn Mi­nu­ten vor, wie sie es ihm be­foh­len hat­te. In die­sem Stück ge­stoh­le­ner Zeit sam­mel­te sie ih­re Ge­dan­ken, be­vor sie sich zu ih­rer Mor­gen­rou­ti­ne ins Ba­de­zim­mer be­gab.
    Dann woll­te sie, mit schwe­ren Tritt­flä­chen über den Wohn­zim­mer­tep­pich stamp­fend, in die Kam­mer. Sie sprang hin­ein, um ihr In­ne­res in der Pfüt­ze aus heißem Öl zu du­schen. Köst­li­che Au­gen­bli­cke lang wir­bel­te sie um­her und tauch­te in der zä­hen Flüs­sig­keit un­ter. Doch die Zeit schritt vor­an, und so roll­te sie mit ei­nem An­lauf die Ram­pe hoch und schüt­tel­te ih­ren Plat­ten­pan­zer; da­bei ver­spritz­te sie die glän­zen­de Flüs­sig­keit in al­le Rich­tun­gen. Nun zum Spie­gel.
    Er stand in der Kü­che. Er be­deck­te vier Wän­de und die De­cke und hüll­te sie in sei­ne naht­lo­se, silb­ri­ge All­ge­gen­wär­tig­keit. Aus je­dem Blick­win­kel sa­hen un­end­lich vie­le un­ter­setz­te, klo­bi­ge Mar­chi­an­nas, zu Rei­hen auf­ge­stellt, sie an, er­freu­ten sie. Die Lich­ter kräu­sel­ten sich auf ih­rem Pan­zer und lu­den ih­re Schal­tun­gen für die Ta­ges­rou­te durch den Schürf­gür­tel auf.
    Doch zu­nächst das Früh­stück. Nicht für sich, nein –
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