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Kopernikus 4

Kopernikus 4

Titel: Kopernikus 4
Autoren: H. J. Alpers
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bedeckten.
    „Nun, für die Wirtschaft ist die Soziologie insofern von Wert gewesen, als sie Studien über Arbeitseffizienz und Gruppenmotivation einführte, die heute bei Managemententscheidungen verwendet werden. Und natürlich benutzt Washington seit der Depression soziologische Studien über Beschäftigungszahlen, Arbeit allgemein und Lebensstandard als Basis für die allgemeine Politik des …“
    Ich brachte ihn mit erhobenen Händen zum Schweigen. „Bitte, Professor Caswell! Das ist wohl kaum eine Empfehlung. Washington, das New Deal und die gegenwärtige Administration sind in gewisser Hinsicht heikle Themen für die Leute, mit denen ich zu tun habe. Wenn die auf die Idee kommen, daß Soziologieprofessoren da Beratung und Anleitung … Nein, wir müssen bei der Sache bleiben und Washington heraushalten. Welche speziellen Ergebnisse hat die Arbeit dieser speziellen Abteilung gebracht, durch die sie es ebenso wert ist, Gelder zu erhalten wie, sagen wir, ein Forschungsprogramm für Herzkrankheiten?“
    Er begann, geistesabwesend mit der Kante des Buches auf den Schreibtisch zu klopfen und betrachtete mich. „Grundlagenforschung zeigt keine unmittelbaren Wirkungen, Mr. Halloway, aber ihr Wert ist anerkannt.“
    Ich lächelte und zog meine Pfeife heraus. „Gut, dann erzählen Sie mir davon. Vielleicht erkenne ich ihren Wert an.“
    Prof. Caswell lächelte gepreßt zurück. Er wußte, daß seine Abteilung auf dem Spiel stand. Die anderen Abteilungen waren populär bei den Spendern und brachten Geld in Form von Stipendien, sie unterstützten Professoren und examinierte Studenten durch Forschungsaufträge aus Regierung und Industrie. Caswell mußte jetzt einen Weg präsentieren, seine eigene Abteilung populär zu machen; sonst …
    Er legte sein Buch hin und fuhr sich mit der Hand durch das wirre Haar. „Institutionen, das heißt Organisationen …“ – seine Stimme klang jetzt voller; wie die meisten Professoren verfiel er instinktiv in seine Kathedermanierismen, sobald er etwas erklären mußte, und begann, einen Essay vorzutragen – „… enthalten gewisse Tendenzen, eingebaut in die Art und Weise, in der sie zufällig organisiert sind, die sie dazu bringen, sich auszudehnen oder zusammenzuziehen, ohne Bezug zu den Erfordernissen, denen sie ursprünglich dienen sollten.“
    Das Vergnügen, das er beim Erklären seines Faches empfand, ließ ihn sichtlich aufleben. „Zu allen Zeiten hat es die Menschen in Erstaunen und Bestürzung versetzt, daß eine einfache Organisation – wie etwa eine Kirche für den Gottesdienst oder die Delegation von Waffen an eine Kriegerklasse zur bloßen Verteidigung gegen einen Feind von außen – entweder sinnlos anwächst und ihren Einfluß ausdehnt, bis sie zu einer Tyrannenherrschaft über ihr ganzes Leben gelangt, oder daß sie, wie andere Organisationen, die zur Erfüllung lebensnotwendiger Bedürfnisse aufgebaut werden, dazu neigt, immer wieder zu schrumpfen und zu verschwinden, so daß sie mühsam wieder neu geschaffen werden muß.
    Der Grund dafür läßt sich zurückführen auf kleine Schlenker in der Art, wie sie organisiert wurden, eine Sache von positivem und negativem Macht-Feedback. Den Schlüssel bilden einfache Fragen wie: Ist es möglich, daß ein Autoritätsträger in dieser Organisation die ihm verfügbare Macht dazu benutzen kann, seine Macht zu vergrößern? Dennoch bekam man die Sache nicht in den Griff, bis es gelang, die komplexen Fragen der Motivinteraktion und der Langzeitakkumulation geringfügiger Effekte irgendwie zu vereinfachen und zu formulieren. Während ich an diesem Problem arbeitete, fand ich heraus, daß ich die Mathematik des Offenen Systems, wie Ludwig von Bertalanffy und George Kreezer sie in der Biologie eingeführt hatten, als Grundlage benutzen konnte, um von dort aus eine spezifische Sozio-Mathematik zu entwickeln und die Humanfaktoren des Ineinandergreifens von Autorität und Motiven in einfachen Formeln auszudrücken.
    Durch diese Formeln ist es möglich, das Maß des Wachstums und die Lebensdauer einer beliebigen Organisation automatisch zu bestimmen. Die UN, um ein unglückliches Beispiel zu wählen, ist eine Schrumpftyp-Organisation. Ihre Finanzierung liegt nicht in den Händen derer, die von ihren Regierungsaktivitäten profitieren, sondern in den Händen derer, für die jegliche Ausdehnung und jegliches Übergreifen der UN-Autorität in ihre eigene einen Verlust bedeuten würde. Dennoch, unter Verwendung der Analyseformel
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