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Kopernikus 4

Kopernikus 4

Titel: Kopernikus 4
Autoren: H. J. Alpers
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sind ihre goldenen Strahlen wieder da, und die Eisfelder leuchten auf. Ich starre in das gelbe Feuer und grabe mir seine Wärme ins Gedächtnis ein. Dann berühre ich den Schaltknopf auf meiner Brust zum dritten und letzten Mal und drücke ihn nach unten.
    Meine Sichtscheibe beschlägt von innen. Ein kurzes Gefühl von Kälte und dann nichts mehr.
     
    Bellmore saß hinter seinem Schreibtisch, und hinter den zugezogenen Vorhängen lag die Nacht. Mit blassem, erschöpftem Gesicht brütete er über dem Umschlag, der bedrohlich isoliert vor ihm lag. Um ihn herum standen Corson und Larkey in offensichtlicher Habachtstellung, wie verirrte Soldaten auf einer Parade. „Der Monitor auf Titan berichtet, daß Webster tot ist.“ Corsons Stimme hallte ausdruckslos und flach von den Wänden des Zimmers wider.
    Bellmore schien nicht zuzuhören. Vorsichtig tastend berührte er mit dem Finger die Pläne und Spezifikationen für den Schutzanzug, die aus dem geöffneten Umschlag hervorlugten. Er sah zu Larkey auf. Sein Blick war bitter oder vielleicht auch nur verängstigt. „Sie haben sie gesehen. Wird es funktionieren … was er hier sagt? Oder war Webster nur ein Spinner mit einem Haufen Glück?“
    Larkey zuckte leicht mit den Schultern. „Man muß Tests durchführen … eine Menge Faktoren berücksichtigen …“
    „Verflucht, Mann, kommen Sie mir nicht mit diesem Quatsch! Finden Sie es heraus! Sagen Sie Ellison, er soll seinen fetten Arsch hochheben und sich an die Arbeit machen! Die menschliche Rasse steckt in einer schwarzen Schachtel, und dies ist der Schlüssel dafür! Ich will es wissen. Und jetzt bewegen Sie sich. Alle beide!“
    Das Büro leerte sich schnell, und Bellmore blieb allein im Halbdunkel zurück. Nach einer Weile fegte er den Umschlag mit einer wütenden Geste über den Tisch, erhob sich und starrte in die Nacht hinaus.
    Die Lichter von Los Angeles blitzten wie im Fieber zu ihm herauf; sie schienen ihn zu verhöhnen, wie sie sich dort bis in die Ausläufer der Berge erstreckten.
     
    Eine sanfte Brise, warm und mit einem Duft von Kiefern und Jasmin … nein, das ist es nicht. Dieses Aroma ist in meinem Hirn nicht gespeichert. Es ist neu, vollkommen und wunderbar neu. Die Helligkeit, die auf meinen Lidern gespielt hat, explodiert im Tageslicht, als ich meine Augen öffne.
    Von Panik ergriffen wälze ich mich auf der wackligen Metallpritsche herum, und ein angstvolles Ächzen windet sich rostig aus meiner Kehle, die sich anfühlt, als sei sie ein Stück Holz. Unbeholfen torkle ich vorwärts und falle auf den grünen Rasen. Mein Gott, was ist mit meinen Muskeln, mit meiner Koordination?
    Ein Gedanke kommt mir in den Sinn. Warum lebe ich? Ich schiebe ihn beiseite; ich will später darüber nachdenken. Die Versuchung, Spekulationen anzustellen, brennt wie Feuer in mir.
    Dann sehe ich meinen Anzug. Er steht ganz allein vor ein paar Büschen. Das Parfüm, das in der Luft liegt, geht von dort aus; die Büsche sind schwer von riesigen scharlachroten Blüten. Aber ich gönne den Blumen nur einen kurzen Blick. Meine Aufmerksamkeit gilt dem Anzug. Er ist gesäubert worden, aber die metallene Außenhaut ist narbenübersät und abgenutzt. Er sieht alt aus.
    Erst krieche ich, dann richte ich mich taumelnd auf. Schließlich fühle ich, daß ich wieder laufen kann. Ich berühre den Anzug. Das Metall ist kalt. Es ist wirklich. Ich träume nicht. Mißtrauisch fahre ich herum und sehe mich um. Ich bin auf einem Hügel. Abgesehen von dem Rasenstück, den Büschen und dem Anzug bin ich völlig allein. Ich höre nur das Geräusch des Windes und das melodiöse Zwitschern von irgendwelchen Vögeln in der Ferne. Zumindest klingt es wie das Zwitschern von Vögeln.
    Ein Weg aus flachen Steinen im Rasen führt von meiner lächerlichen kleinen Pritsche fort. Sie sieht fremdartig aus, wie sie dort umgestürzt im Gras liegt. Ich stelle sie wieder auf und gehe davon. Die Steinplatten zeigen mir meinen Weg. Ich fühle mich wohl. Der Schmerz ist verschwunden. Ich bin unversehrt und sehr lebendig.
    Dann sehe ich den Turm. Ein Granitpfeiler, der neben dem Pfad emporragt. An seinem Fuß ist eine Bronzeplatte befestigt. Der Hügel endet an einer steil abfallenden Klippe. Eine niedrige Steinmauer verhindert, daß man aus Unvorsichtigkeit hinunterstürzt. Jenseits der Klippe, in einem von purpurnem Dunst durchzogenen Tal, leuchtet eine Stadt. Ein seltsames Verlangen erwacht in mir, aber ich will mir den Pfeiler ansehen. Der alte Drang, der mich
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