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Konfetti im Regen

Konfetti im Regen

Titel: Konfetti im Regen
Autoren: Diane Pugh
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Prolog

    Der Krüppel ging die Straße hinunter, dabei schwer mit seinem rechten Fuß auf, während der linke in einem Halbkreis nachschwang. Mit seiner funktionstüchtigen rechten Hand hielt er den Aktenkoffer aus Aluminium dicht an seinem Körper, während seine linke Hand an dem angewinkelten Arm hin und her schlug, als ob er irgend jemand zuwinkte.
    Zwei Rowdies einer Straßengang standen an der Bushaltestelle und stießen sich gegenseitig an, als er vorbeiging, und er vermutete, daß sie auf ihn gewartet hatten. Er hielt den Aktenkoffer fester und machte einen Bogen um sie, schrieb ihr Anstarren der Faszination zu, die Fremde bei seiner Behinderung empfanden, und ging weiter den Lankershim Boulevard entlang, vorbei an der Ansammlung von schäbigen Einzelhandelsgeschäften, wie er es jeden Tag nach der Arbeit tat.
    Er erreichte das Café Zamboanga, der Name »Studio Grill« war in verblaßter Farbe an der Seitenwand aus Backstein immer noch lesbar. Plakate klebten an den großen Aussichtsfenstern des Cafés. Carnitas. Menudo los Domingos . Ein alter Mann, dessen Hose hoch in der Taille von einem Gürtel gehalten wurde, saß am Chromtresen, den Filzhut in den Fingern, den Stock neben sich ge hängt, und beobachtete mit trüben blauen Augen das ruckartige Vorankommen des Krüppels draußen vor den Caféfenstern.
    Der Krüppel nahm den Aktenkoffer in seine linke Hand, die er hoch und eng am Körper hielt, und zog mit seiner guten rechten an der schweren Glastür. Die Tür öffnete sich eine halbe Fußbreite, und er zwängte seine Schulter hinein, wobei er den Aktenkoffer gegen den Rahmen knallte, bevor er ihn durchzog.
    Er legte sein Jackett ab, sammelte unsichtbare Fusseln, bevor er es zusammengefaltet über die Lehne eines Stuhls legte, und winkte mit der rechten Hand dem alten Mann zu, der zurücknickte. Er stellte den Aktenkoffer auf den Boden und schob seinen Fuß neben ihn.
    Eine spanischstämmige Frau mittleren Alters mit dickem, schwarzem Haar, das ihr bis auf die Mitte des Rückens fiel, kam in einer rosa Kellnerinnenuniform hinter dem Tresen hervor auf ihn zu.
    »Hallo, Alley. Wie geht es dir heute?« rief sie.
    Er las es von ihren Lippen ab. »Fei’«, nickte er und lächelte mit weißen, gleichmäßigen Zähnen. Ein Muskelkrampf verdrehte sein Lächeln zu einer Grimasse, und ein glitzernder Tropfen Spucke fiel auf sein Kinn. Er strich seine rot und dunkelblau gestreifte Krawatte mit der guten Hand glatt. »Wie ge’ es ‘ir?«
    »Nicht allzu schlecht. Kaffee?« rief sie laut, obwohl er sie nicht hören konnte.
    »‘a.«
    Sie stellte ihm Tasse und Untertasse hin, deren Glasur mit feinen Rissen wie von einem Spinnennetz überzogen war, und schenkte ein. Alley trank und blickte auf die spanischsprachige Zeitung auf dem Tresen.
    »Wie geht es deiner Mutter?« rief die Kellnerin.
    Alley sah sie fragend an.
    »Deine Mutter? Tu maman ?«
    Er nickte, »‘a.«
    Die Kellnerin wandte sich achselzuckend an den alten Mann, der den Kopf schüttelte. Alley bemerkte es, trank weiter seinen Kaffee und rieb die Seite seines blankgeputzten Schuhs an der Aluminiumoberfläche des Aktenkoffers. Er trank die Tasse leer, zog eine Dollarnote aus einer schwarzen Lederbrieftasche und legte sie auf den Tresen.
    »Danke, Alley. Hasta mañana .«
    Er nickte und ging hinaus auf den belebten Bürgersteig. Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn. Es herrschten abends um sechs immer noch um die dreißig Grad, aber er zog sein Jackett an, wozu er den Aktenkoffer neben sich auf den Bürgersteig stellte.
    Alley sah, wie einer der Jungen von der Bushaltestelle auf ihn zu kam, sein Gang so präzise wie ein Marschschritt, wobei ein Arm mal nach hinten und dann nach vorn schwang und sich die Schultern jeweils im Takt senkten. Seine Khakihose fiel tief auf die weißen Nike-Tennisschuhe, und er trug ein kariertes Flanellhemd, das trotz der Hitze bis oben zugeknöpft war und ihm locker über die Hose fiel. Sein Kinn war hochgereckt, und hinter seinem Ohr klemmte eine Zigarette. Er ging auf Alley zu und legte ihm die Hand auf den Arm.
    »He, ése. Hast du ein Streichholz?«
    Alley lächelte, und ein Muskelkrampf verzerrte seinen Mund. Er machte mit seiner funktionstüchtigen Hand die linke Jackentasche auf und sah hinein.
    Alley wurde zurückgestoßen. Er nahm die Hand aus der Tasche und blickte auf den sich ausbreitenden roten Fleck vorn auf seinem Hemd. Er ließ die Streichhölzer zu Boden fallen. Wieder spürte er den Druck, schaute
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