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Konfessor - 17

Konfessor - 17

Titel: Konfessor - 17
Autoren: Terry Goodkind
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Jagangs scheußlicher Racheschwüre hatte Kahlan größte Angst, sich an ihre Vergangenheit zu erinnern. Doch jetzt, da sie die freimütigen Gefühle in den Augen dieses Gefangenen gesehen hatte, sehnte sie sich danach, alles über sich selbst in Erfahrung zu bringen. Seine freudige Reaktion bildete einen krassen Gegensatz zu der aller anderen ringsum, die für sie nur Abscheu und Verachtung empfanden. Sie musste unbedingt herausfinden, wer sie war, wer die Frau war, die sich die Wertschätzung dieses Mannes verdient hatte. Gern hätte sie den Mann länger angesehen als nur diesen einen kurzen Augenblick. Sie hatte sich jedoch rasch abwenden müssen, denn wäre sie dabei ertappt worden, dass sie sich für einen Gefangenen interessierte, hätte Jagang ihn zweifellos getötet. Sie hatte das Gefühl, ihn beschützen zu müssen. Einen Menschen, der sie kannte und der von ihrem Anblick so offenkundig überwältigt war, wollte sie nicht durch eine Unachtsamkeit in Gefahr bringen.
    Abermals versuchte Kahlan ihre fieberhaften Gedanken zu beruhigen. Gähnend betrachtete sie das Flackern der Blitze in dem winzigen Ausschnitt des dunklen Himmels. Die Morgendämmerung war nicht mehr fern, und sie brauchte dringend Schlaf. Doch mit der Dämmerung würde der erste Tag des Winters heraufziehen, und dieser Gedanke beunruhigte sie, warum, wusste sie nicht. Irgendetwas am ersten Tag des Winters schnürte ihr vor Sorge die Eingeweide zusammen. Es war, als lauerten Gefahren unter der Oberfläche ihres Erinnerungsvermögens, die sie sich nicht einmal ansatzweise vorzustellen vermochte.
    Das Geräusch eines umstürzenden Gegenstandes ließ sie den Kopf heben. Der Lärm war aus dem Vorraum gekommen, dem Raum vor Jagangs Schlaf gemach. Sie stützte sich auf einen Ellbogen, wagte aber nicht, ihren Platz auf dem Fußboden neben dem Bett des Kaisers zu verlassen. Die Folgen einer Missachtung seiner Befehle waren ihr nur zu bekannt. Wenn sie schon die Schmerzen ertragen musste, die er ihr über den Ring um ihren Hals zufügen konnte, dann wenigstens für etwas Wichtigeres als das unerlaubte Entfernen von ihrem Teppich. Sie hörte, wie sich Jagang im Dunkeln unmittelbar über ihr auf dem Bett aufrichtete.
    Plötzlich brach auf der anderen Seite der wattierten Zwischenwände des Schlafgemachs ein Gewimmer und Gestöhne los. Es klang, als könnte es sich um Schwester Ulicia handeln. Seit ihrer Gefangennahme hatte Kahlan sie bereits mehrfach schluchzen und weinen hören. Nicht selten war Kahlan selbst in Tränen ausgebrochen, und stets waren diese Schwestern der Finsternis schuld daran gewesen, allen voran Schwester Ulicia.
    Jagang schlug seine Bettdecke zurück. »Was geht da draußen vor?« Kahlan wusste, dass das Vergehen, Kaiser Jagang gestört zu haben, Schwester Ulicia schon bald noch mehr Grund zum Stöhnen eintragen würde.
    Jagang stieg aus seinem Bett und stellte sich breitbeinig über seine auf dem Teppich liegende Gefangene. Dabei senkte er ohne Hast den Blick, um sich zu vergewissern, dass Kahlan ihn im trüben Schein der auf der Truhe glimmenden Laterne auch ja nackt in seiner ganzen Pracht zu sehen bekam. Zufrieden über seine stumme, unausgesprochene Drohung, griff er sich seine Hosen von einem nahen Stuhl und streifte sie, bereits auf dem Weg zur Türöffnung, von einem Bein aufs andere hüpfend über. Er machte sich nicht die Mühe, sich weiter anzukleiden. Am schweren Vorhang der Türöffnung hielt er inne, wandte sich herum und winkte Kahlan mit dem Finger zu sich. Offenbar wollte er sie im Auge behalten. Als sie sich erhob, schlug er die schwere Abdeckung zurück. Kahlans Blick wanderte zur Seite, auf die letzte Gefangene, die man als Beute für den Kaiser herbeigeschleppt hatte, und die nun auf dem Bett kauerte, die Decke mit beiden Händen bis unters Kinn gezogen. Wie die meisten, so hatte auch sie Kahlan nicht gesehen und am Abend zuvor verängstigt und verwirrt reagiert, als Jagang sich mit dem Phantom unterhielt, das offenbar das Zimmer mit ihm teilte. Es war an jenem Abend noch ihr geringster Grund gewesen, sich zu ängstigen.
    Ein schmerzhaftes Kribbeln breitete sich entlang den Nervenbahnen in Kahlans Schultern und Armen aus - Jagangs ihr über den Halsring vermittelte Warnung, bei der Ausführung seiner Anordnungen nicht zu trödeln. Sie ließ sich die ungeheuren Schmerzen nicht anmerken und eilte ihm hinterher.
    Draußen im Vorraum bot sich ihr ein verwirrender Anblick. Schwester Ulicia wälzte sich wild mit den Armen
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