Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kommt ein Löwe geflogen

Kommt ein Löwe geflogen

Titel: Kommt ein Löwe geflogen
Autoren: Max Kruse
Vom Netzwerk:
Nachricht von Ra gekommen sei, da brauste der treue schwarzgefiederte Vogel auch schon im Sturzflug durchs offene Fenster.
    Er landete auf Doks geschnitzter Wanduhr und brach in schallendes Gelächter aus. Er lachte so, daß die an Messingketten aufgehängten Gewichte der Uhr gegeneinanderschlugen.
    »Er ist verrückt geworden!« sagte Wu.
    Löwe schaute besorgt zu Ra hinauf.
    »Was ist los?« fragte Dok. »Wo sind der Sultan, das Kamel und Totokatapi?«
    »Das will ich euch gleich sagen!« prustete Ra. »Sie kommen hinter mir her. Inzwischen kann ich euch die komischste Geschichte erzählen, die ich jemals mit angesehen habe.«
    »Was ein Rabe so komisch findet!« meinte Schipp hochnäsig.
    »Also«, sagte Ra. »Der Schutzmann Poch hatte den Sultan, Totokatapi und das Kamel verhaftet, das heißt, eigentlich vor allem Totokatapi, weil Mister Knister gesagt hatte, dieser sei der gefährliche Räuber und nicht er. Unsere drei Freunde kamen ins Gefängnis und aßen die Suppe, die ihnen Frau Poch gekocht hatte, und dann schliefen sie ein bißchen, und dann spielte Totokatapi ein bißchen auf seinem Cello, und dann sangen sie gemeinsam Lieder, und dann wurde es ihnen langweilig, und dann wollte der Sultan aus dem Gefängnis raus, aber das ging ja nicht, weil der Polizist Poch die ganze Zeit mit gezogenem Säbel im Hof auf und ab marschierte. Sie konnten nur gerade so durch die Gitterstäbe hinausschauen und ein bißchen frische Morgenluft schnappen.«
    »Und das alles war heute morgen?« unterbrach ihn Kim.
    »Wie auch immer! Der Sultan hatte genug von der Gefangenschaft — was weiter?« fragte Dok.
    »Jedes Wort weiß ich natürlich auch nicht«, sagte Ra. »Jedenfalls begann er ein Gespräch mit dem Polizisten Poch im Gefängnishof und erklärte ihm, daß sie gar nicht die Diebe und Räuber seien, für die sie gehalten werden, und daß der eigentliche Gauner im Kaufhaus säße und daß sie sofort freigelassen werden wollten, weil er der Sultan von Sultanien sei, und lauter solche Sachen mehr, die natürlich alle stimmten, aber die der Polizist Poch nicht glauben wollte.
    >Das kann jeder sagen<, sagte Poch. >Der andere schwarze Mann...<«
    »Er ist doch gar nicht schwarz«, sagte Pips.
    »Er hat sich angemalt«, sagte Ra. »Also, >der andere schwarze Mann hat den Brief, und wer ein Papier als Ausweis hat, der ist der richtige, und wer keinen Brief hat, der ist der falsche<, und so weiter.«
    »Das soll eine lustige Geschichte sein?« sagte Wu. »Wie findest du sie, Schipp?«
    »Ph«, machte Schipp. »Ich sage gar nichts, ich warte lieber noch weiter, bis sie vielleicht doch komisch wird.«
    Ra war beleidigt. Aber man hörte jetzt den Kies im Garten knirschen. Kim, der aus dem Fenster schaute, sah den Sultan mit dem Kamel und Totokatapi ankommen — und als sie in der Stube waren und sich begrüßt hatten, erzählten sie ihre Geschichte selber weiter:
    »Ich hatte den besten Gedanken«, sagte das Kamel.
    »Na, meinetwegen«, brummte der Sultan. »Ich glaube zwar, ich war es.«
    »Natürlich war ich es«, sagte das Kamel. »Ich habe ihn dir ins Ohr geflüstert.«
    »Gespuckt«, meinte der Sultan.
    »Geflüstert, daß...«
    »Unsinn«, sagte Totokatapi. »Der Polizist Poch fragte uns, ob wir einen Beweis hätten. Und da...«
    »Und da sagte ich...«, sagte das Kamel.
    »Also ich sagte dem Polizisten«, fuhr der Sultan fort, »ich könnte es ihm wohl beweisen, aber er müßte mir dazu den Teppich bringen, der vor deinem Haus, Dok, im Garten liegt.
    >Hm<, machte der Polizist Poch und fragte: >Ist es etwa der Teppich, von dem der Zoonachtwächter dauernd redet? Dann muß ich ihn mir genauer ansehen.<
    Danach setzte er sich gleich in sein altes grünes Polizeiauto und brauste aus dem Gefängnishof raus zum Haus des Doktors, rollte den Teppich zusammen und kam mit ihm wieder. Er fragte mich: >Also, was ist nun mit diesem Teppich?< — >Du mußt ihn aus dem Auto heben und im Hof ausrollen!< sagte ich. — Der Polizist Poch war etwas mürrisch und brummte, daß er ihn eben erst eingeladen habe, aber er war doch zu neugierig. Er lud also den Teppich aus und rollte ihn auf dem Boden auseinander. In diesem Augenblick ging oben ein Fenster auf, und seine Frau fragte: >Soll er geklopft werden?<«
    »Haha!« machte Wu. »Es wird doch noch lustig.«
    Ra kicherte auf der Wanduhr.
    Der Sultan erzählte weiter. »Der Polizist Poch sagte aber seiner Frau, sie solle Kaffee kochen und das Fenster zumachen. Denn er habe eine geheime
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher