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Kommissar Steen 01 - Unruhe

Kommissar Steen 01 - Unruhe

Titel: Kommissar Steen 01 - Unruhe
Autoren: Jesper Stein
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und zwar ein bisschen dalli«, sagte er zu seinem Kollegen, dem Axel bisher noch nicht begegnet war.
    Axel überließ den Toten BB und zapfte sich eine Tasse Kaffee aus der großen Thermoskanne, die die Kriminaltechniker stets im Laderaum ihres Transits dabeihatten.
    Er sah hinüber zu der Häuserreihe auf der anderen Seite der Mauer, überwiegend ältere Wohnhäuser, ein fünfstöckiges Gebäude aus rotem Backstein und zwei mit jeweils vier Etagen, das eine ockerbraun, das andere pfirsichfarben und trist im Morgengrauen. Dazwischen hatte man ein Gebäude neueren Datums aus grauem Beton mit Flachdach und Dachterrasse gequetscht. Auf dem Geländer hockte eine Eule. Sie war aus Plastik und glotzte über den Friedhof, solange Axel sich erinnern konnte, aber jetzt bemerkte er, dass sie Gesellschaft bekommen hatte. Ein paar Meter neben ihr war etwas an dem Geländer angebracht, das wie eine Videokamera aussah.
    »Was ist das da drüben? Ist das nicht eine Kamera?«
    Axel winkte dem Einsatzleiter, zu ihm zu kommen. Der Mann sah zuerst Axel an und dann hinauf zum Dach.
    »Vielleicht. Ist mir bisher nicht aufgefallen.«
    »Wir müssen sie da runterholen, sobald wir hier fertig sind«, sagte Axel.
    BB war gerade dabei, vorsichtig die Sturmhaube vom Kopf des Opfers zu ziehen. Um den Hals hatte er ihm einen Plastikkragen gelegt, wie ihn Hunde als Leckschutz tragen, der alles auffangen würde, was beim Abziehen der Sturmhaube von der Haut entfernt wurde. Fasziniert sah Axel zu, wie das Gesicht des Mannes zum Vorschein kam. Die Haut war weiß und stand in starkem Kontrast zu dem blutig geschlagenen Mund und der blaulila Zunge. Zwei deutlich sichtbare Schrammen an derSchläfe und blaue Schwellungen rund um beide Augen. Seine Züge deuteten auf slawische Wurzeln hin.
    »Irgendwas Neues, wer er ist?«, fragte er BB , der die paar Schritte von der Leiche zu ihnen herübergekommen war.
    »Nein, ich finde nichts.«
    »Was kannst du uns zur Personenbeschreibung sagen?«
    »Vierzig bis fünfzig Jahre alt. Männlich. hundertachzig, vielleicht hundertneunzig Zentimeter groß. Schwarze Haare, Oberlippenbart, dünn, aber ziemlich muskulös, zwei Tätowierungen, eine auf der Brust, eine am Unterarm, die eine könnte eine Gefängnistätowierung sein. Ich werde dir die Bilder ins Präsidium schicken. Das ist die beste Chance, ihn zu identifizieren, und die Fingerabdrücke.«
    »Kann ich mir die Tätowierungen ansehen?«
    »Komm her, aber pass auf, wo du hintrittst.«
    Der Kriminaltechniker hatte die Jacke des Opfers geöffnet, jetzt schob er den linken Ärmel des Toten hoch. Auf dem Unterarm stand mit kindlichen Buchstaben Louie. War er schwul gewesen? Oder war es ein Mädchenname? Vielleicht ein Sohn?
    BB schob Sweater und Hemd nach oben. Der Oberkörper war mit blauen Flecken überzogen, schwarze Haare auf der flachen und muskulösen Brust, und fünf Zentimeter über der einen Brustwarze saß eine weitere Tätowierung, die im Gegensatz zu der anderen sehr sauber gearbeitet war. Direkt über dem Herzen. Ein schwarzer zweiköpfiger Adler, die Zunge ragte weit aus dem Schnabel heraus, darunter das Datum 18.   3.   2001.
    Das Motiv kam Axel bekannt vor, es fiel ihm jedoch nicht ein, woher er es kannte.
    »Wenn die Fingerabdrücke nichts bringen, geben wir die Bilder raus.«
    Axel spürte den Drang nach einer Zigarette. Vier Jahre hatte er jetzt aufgehört, das Ziehen im Zwerchfell war geblieben. Er holte sich noch eine Tasse Kaffee.
    Zwar war das Licht noch nicht durch die Wolken gedrungen,aber der Tag war im Anmarsch. Ein Eichhörnchen sprang über den Weg und schoss einen Baumstamm hinauf. Die blattlosen Kronen streckten sich wie flehende Arme dem Morgenhimmel entgegen. Jetzt war es still. Die Unruhen hatten aufgehört, Demonstranten und Randalierer waren nach Hause gegangen, um zu schlafen, aber Axel war sicher, dass sie im Laufe des Tages zahlreich zurückkommen würden.
    Er sah sich um.
    Ein Friedhof bedeutete normalerweise Ruhe. Diesen kannte er von langen Sommernachmittagen, an denen er mit seiner Tochter zwischen den alten Bäumen und umgefallenen Grabsteinen auf einer Decke in der Sonne gelegen hatte. Hier erinnerte nichts an Tatorte oder Gegenüberstellungen. Die geweihte Erde und die halbe Million Tote waren immer eine Insel gewesen, umgeben von einem Meer von Verbrechen. Jetzt war der Friedhof ein Teil des Viertels geworden, getauft mit dem Blut eines Menschen, der hier getötet worden war.
    Axel stand vor einer großen grünen
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