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Kommissar Morry - Ich habe Angst

Kommissar Morry - Ich habe Angst

Titel: Kommissar Morry - Ich habe Angst
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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daß er tot ist. Sie hat nichts von seinem schrecklichen Ende gehört. Vielleicht plaudert sie etwas aus, das nicht für die Ohren eines Fremden bestimmt ist. Esther Harras nahm eine Zigarette aus ihrer Handtasche, zündete sie an und steckte sie zwischen die roten Lippen. „Alban Lampard schickt mich", fuhr sie dann in gedämpftem Tonfall fort. „Er meint, Sie könnten jetzt wieder eine Aufgabe übernehmen. Die Polizeiposten, die bisher Ihre Wohnung bewachten, wurden zurückgezogen. Wir konnten uns genau davon überzeugen. Es besteht keine Gefahr mehr für Sie, Mr. Boswell!"
    Jack Havard sinnierte angestrengt über ihre Worte nach. Sollte er den Irrtum aufklären? Sollte er ihr sagen, daß Henry tot im Leichenschauhaus lag? Oder durfte er es riskieren, das gewagte Spiel mitzumachen? Würde es ihm auf diese Weise gelingen, einen Blick hinter die Kulissen zu tun? War dies ein einmaliger Zufall, der das düstere Geheimnis lüftete, das über dem tragischen Sterben Henrys lag? Er war schon halb entschlossen, die Rolle seines toten Vetters für eine Weile weiterzuspielen, als er fragte: „Was habe ich zu tun?"
    Esther Harras kräuselte lächelnd die roten Lippen und zeigte ihre prachtvollen Zähne.
    „Sie sollen mich sofort zu Alban Lampard begleiten, Mr. Boswell. Er erwartet Sie in seiner Wohnung. Kommen Sie bitte mit!"
    Jack Havard warf einen raschen Blick durch das Zimmer, das er hatte durchsuchen wollen. Für diese Aufgabe blieb auch morgen noch Zeit. Die andere war wichtiger.
    „Gut, ich gehe mit Ihnen", sagte er kurz und bündig. Er sah, wie sie sich erhob und ihren Mantel zuknöpfte. Sie tat es mit der Anmut einer gefährlich schönen Katze. Ihr Körper war fabelhaft gewachsen. Sie war beinahe so groß wie er. Während sie zur Tür gingen, kam Jack Havard plötzlich ein völlig neuer Gedanke.
    „Wie sind Sie eigentlich in die Wohnung gekommen?" forschte er gespannt.
    Wieder zeigte Esther Harras ihr rätselhaftes Lächeln. „Durch die Tür natürlich", sagte sie. „Kilda gab mir den Schlüssel. Sie persönlich konnte heute nicht kommen. Sie ist anderweitig beschäftigt."
    Unmittelbar vor der Haustür hatte Esther Harras ihren Wagen abgestellt. Es war ein modernes Coupe mit einem langen Kühler und chromglänzender Haube.
    „Steigen Sie doch ein! Worauf warten Sie noch?"
    Jack Havard ließ sich nachdenklich auf den Vordersitz nieder. Er war auf einmal gar nicht mehr so begeistert von seinem Entschluß.
    Wenn dieses Abenteuer nur nicht schief ging. Alban Lampard, oder wie dieser Bursche hieß, würde doch sofort merken, was hier gespielt wurde. Sicher gehörte er zu jener Sorte von Männern, die sich nicht gerne in die Karten sehen ließen. Die Begegnung mit ihm konnte also verdammt gefährlich werden. Esther Harras ließ den Wagen langsam anrollen, fuhr um die Highbury Fields herum und hielt auf Holloway zu. Am Cattle Market schaltete sie herunter und hielt schließlich an. Hinter den Viehhöfen lagen graue Mietskasernen, die man erst vor wenigen Jahren neu errichtet hatte. Sie wirkten trotzdem düster und unfreundlich. Auf einen dieser mächtigen Blöcke hielt Esther Harras zu. Die Haustür war noch nicht abgeschlossen. Sie traten ein und fuhren mit dem Lift in den vierten Stock empor. Während der ganzen Zeit begegneten sie keinem Menschen. Das riesige Treppenhaus lag völlig schweigsam da. Esther Harras läutete an der Wohnungstür Alban Lampards. Sie drückte viermal kurz auf den Klingelknopf. Anscheinend war dies ein verabredetes Signal. Als hinter der Tür alles still blieb, läutete sie noch einmal. Mit dem gleichen Ergebnis wie zuvor. Alban Lampard war anscheinend nicht zu Hause.
    „Seltsam", sagte sie und nagte verwirrt an den weichen Lippen. „Er hat Sie doch eigens herbestellt. Vielleicht hat er es in der Eile darauf vergessen."
    Sie drückte auf einen verborgenen Knopf, der sich hinter dem Briefkasten befand. Die Tür öffnete sich mit leisem Summen. Sie konnten eintreten. Es war finster im Flur. Auch im Wohnzimmer brannte kein Licht. Nur der Radioapparat war eingeschaltet. In kaltem Grün leuchtete das magische Auge zu ihnen her. Esther Harras wußte sofort, was das zu bedeuten hatte. „Alban Lampard hat Sie also doch nicht vergessen. Er hat eine Botschaft hinterlassen. Er macht das immer so, wenn er plötzlich verreisen muß. Aber das wissen Sie ja selbst, Mr. Boswell!"
    Sie schaltete den prächtigen Lüster ein, wies Jack Havard einen bequemen Sessel an und hantierte schon in der nächsten
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