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Komm mit mir, liebes Hausgespenst

Komm mit mir, liebes Hausgespenst

Titel: Komm mit mir, liebes Hausgespenst
Autoren: Marie Louise Fischer
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machen wir auch. Wir sollten nur nicht darüber sprechen“, sagte Monika mit ganz besonderer Betonung.
    Die Eltern verstanden.
    „Du meinst wegen...?“ fragte Frau Schmidt.
    „Genau. Wer weiß, wie er es aufnehmen wird.“
    „Er müßte es doch längst wissen“, sagte der Vater.
    Monika schüttelte so heftig den Kopf, daß ihre roten Rattenschwänze flogen. „Glaub ich nicht. Er hat sich ja seit Tagen nicht mehr sehen und hören lassen.“
    „Vielleicht sind wir ihn los?“ fragte Frau Schmidt hoffnungsvoll.
    „Wie denn?“ fragte Monika zurück. „Nein, Mutti, wenn er sich so still verhält, bedeutet das nur, daß er anderweitig beschäftigt ist. In Luft aufgelöst hat er sich damit noch längst nicht.“
    Man war im Haus am Seerosenteich gewohnt, Geheimnisse vor Amadeus zu haben, und so wurden die Vorbereitungen für Monikas große Reise unauffällig betrieben. Monikas Paß wurde an das amerikanische Konsulat geschickt, damit das nötige Visum eingestempelt wurde — die Erlaubnisbescheinigung für einen Besuchsaufenthalt. Monikas Sommerkleider, ihre Hosen und T-shirts wurden gemustert und Neues dazugekauft.
    Monika selber fiel es bei alledem am schwersten, den Mund über ihr Vorhaben zu halten, denn sie war vor lauter Vorfreude fast verrückt. Wenn sie mit Ingrid und Norbert zusammen war - nicht im Haus am Seerosenteich, versteht sich, sondern in den Pausen oder auf dem Schulweg — , redeten sie über nichts anderes.
    Herr Schmidt schaffte es, Ingrids Eltern zu überzeugen. Die Steins erboten sich bereitwillig, die Mädchen in ihre Obhut zu nehmen. Bald stand dem großen Abenteuer nichts mehr im Wege.

Was nun?

    Dennoch blieb Monika bei allem ein flaues Gefühl in der Magengrube. Wie würde Amadeus sich verhalten, wenn er es erfuhr? Als der Tag des Abflugs näherrückte, wuchs ihre Hoffnung, sich heimlich, still und leise davonstehlen zu können, ohne daß Amadeus etwas davon merkte. Aber sie wußte sehr gut, daß sie sich damit nur selber etwas vormachte.
    Ihre bösen Ahnungen trogen sie nicht. Eines Nachts erwachte sie, weil sie fror. Sie hatte das schon so oft erlebt, daß sie sofort wußte, was geschehen war: Amadeus hatte ihr die Bettdecke weggezogen.
    Sie rieb sich die Augen und gähnte herzhaft. „Ach, du bist es! Ich muß schon sagen: Du hast dich aber lange nicht mehr blicken lassen!“ Monika angelte nach der Decke, richtete sich zum Sitzen auf und stopfte sich das Kopfkissen in den Rücken; sie wußte, daß dies eine längere Unterhaltung werden würde.
    Amadeus, das Gespenst, hatte den zierlichen Sessel, der sonst vor dem Schreibtisch stand, zum Bett hin umgedreht. Dort saß er nun, durchscheinend, sehr hübsch und von innen leuchtend. Er hatte die Beine übereinandergeschlagen. Seine blauen, seidig schimmernden Hosen trug er unter den Knien gebunden, dazu weiße Zwirnstrümpfe und schwarze Schuhe mit großen Silberschnallen. „Ich hatte zu tun“, erklärte er herablassend.
    „Du?“ fragte Monika erstaunt. — Bisher hatte Amadeus sich immer als ein Müßiggänger ersten Ranges erwiesen, der, obwohl unheimlich stark, für keine wie immer geartete Arbeit zu interessieren war.
    Amadeus stützte sehr elegant einen Ellbogen auf sein Knie und das Kinn in die Hand. „Du erinnerst dich an den hohlklingenden Stein im Keller der Schloßruine, n’est-ce pas?“ — Amadeus ließ mit Vorliebe französische Floskeln in seine Unterhaltung fließen, weil dies in der Zeit, da der echte Amadeus gelebt hatte, als vornehm gegolten hatte.
    Monika ließ sich davon nicht beirren. „Natürlich, ja“, sagte sie.
    „Ich habe ihn untersucht!“ Das Gespenst brachte das mit einem solchen Ausdruck blasierten Stolzes heraus, als hätte es eine Heldentat vollbracht.
    „Na und?“ fragte Monika wenig beeindruckt, denn sie war im Augenblick durchaus nicht an altem Gemäuer und seinen Geheimnissen interessiert.
    „Du wirst schon sehen!“
    „Wann?“
    „Um Mitternacht bei Vollmond...“
    Monika mochte Amadeus, der trotz all seiner Eigenheiten doch immerhin ihr Freund war, nicht länger etwas vormachen. „Dann bin ich gar nicht mehr da!“ platzte sie heraus.
    Diese Erklärung traf Amadeus hart; er begann zu flackern. „Monique!“ rief er — wie immer benutzte er die französische Form ihres Namens. „Was soll das heißen?“
    „Bitte, reg dich nicht auf, Amadeus, es ist nur halb so wichtig. Ich verreise bloß.“
    Amadeus sprang auf. Monika hatte ihn noch nie so aufgebracht gesehen. Seine weit
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