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Komm mit mir, liebes Hausgespenst

Komm mit mir, liebes Hausgespenst

Titel: Komm mit mir, liebes Hausgespenst
Autoren: Marie Louise Fischer
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Glas!“ erklärte der Kapitän. „Durch das kann man auch bei Nacht sehen!“
    Norbert hielt sich das Glas vor die Augen und blickte damit durch die Fensterwand der Brücke. Aber da das wenig befriedigend war, trat er auf den offenen Gang hinaus. Monika und Ingrid folgten ihm.
    Norbert richtete das Glas auf das Lotsenboot, das näher und näher an die Wassermann herankam und sich seitlich legte. Endlich machte der Pilot einen großen Satz aus dem Schiffsbauch heraus auf das Lotsenboot. Hilfreiche Hände streckten sich ihm entgegen.
    Monika bat: „Laß mich auch mal gucken!“

    Norbert stieß sie mit dem Ellbogen zurück. „Der Kapitän hat es mir geliehen!“
    „Das heißt doch nicht, daß du es uns nicht geben darfst!“ wandte Ingrid ein. „Ich muß schon wirklich sagen... du bist kleinkariert, Norbert!“
    „Ihr versteht das nicht! Ich bin für das Glas verantwortlich...“
    „Nichts bist du!“ widersprach Monika. „Gib jetzt her... oder ich frage den Kapitän!“
    „Frag ihn doch!“
    „Dann stehst du aber ganz schön da“, warnte Ingrid, „als unkameradschaftlicher Geizkragen nämlich.“
    „Was wollt ihr denn?“ Norbert zog den Riemen des Glases über seinen Kopf. „Es gibt ja auch gar nichts mehr zu sehen. Ich bringe es jetzt dem Kapitän zurück.“
    „Damit wir ihn wie die Babys anbetteln müssen: ,Dürfen wir auch mal?’“ schrie Monika.
    „Das könnt ihr halten, wie ihr wollt.“
    „Du bist ganz schön gemein, Norbert“, sagte Ingrid.
    „Das versteht ihr nicht!“ Seit langer Zeit zum erstenmal sprach Norbert wieder sein norddeutsches spitzes „st“ aus. „Ich fühle mich eben verantwortlich und…“
    Der Kapitän war hinter sie getreten. „Ihr streitet euch doch nicht etwa?“ fragte er.
    „Überhaupt nicht!“ sagte Monika. „Wie kämen wir denn dazu?“
    Sie riß Norbert das Fernglas aus der Hand. Norbert, der durch das Eingreifen des Kapitäns verunsichert war, ließ los — aber Monika hatte es nicht richtig erwischt. Es entglitt ihr und sauste in die Tiefe.
    Entsetzt sahen sie zu, wie es ins Meer fiel — aber es fiel gar nicht hinein! Kurz bevor es das Wasser berührt hätte, wurde das Fernglas von einer unsichtbaren Kraft aufgefangen, schwebte hoch und in Monikas Hände zurück.
    „Was war das?“ fragte der Kapitän entgeistert. „Ich hätte schwören können „Was?“ fragte Monika unschuldsvoll.
    „Daß das Fernglas eben hinuntergefallen wäre!“
    Monika lachte glockenhell. „Wie kommen Sie darauf? Sehen Sie doch, hier ist es!“
    „Ja, eben. Das verstehe ich nicht. Mir ist, als wäre es gefallen, gefallen und dann wieder heraufgeschwebt!“
    „Wie könnte denn das sein?“
    „Begreife ich nicht.“
    „Sie haben sich getäuscht, Herr Kapitän.“
    Er schüttelte den Kopf. „Wie mir so etwas passieren kann. Mir scheint wirklich, ich werde alt!“ Er zog sich auf die Brücke zurück.
    „Der Ärmste“, sagte Ingrid mitleidig, „jetzt versteht er die Welt nicht mehr.“
    „Immer noch besser, als wenn das Fernglas hin wäre“, meinte Monika, „bestimmt ist es furchtbar teuer!“ Sie warf eine Kußhand in die Luft. „Danke dir, Amadeus!“
    „Ich weiß nicht, was mir eingefallen ist“, bekannte Norbert reuevoll, „ich habe mich wie ein Idiot benommen.“
    „Beruhige dich“, sagte Monika, „so etwas geschieht jedem von uns von Zeit zu Zeit mal! Das ist nur menschlich.“
    - Sie blickte durch das Fernglas auf das blaue Meer, das sich, gekrönt von weißen Wellenkämmen, endlos vor ihr erstreckte. „Übermorgen sind wir in Haiti... stellt euch das nur vor.“
    „Ich wette, es wird eine herrliche Kreuzfahrt“, sagte Norbert. „Du wirst niemanden finden, der die Wette annimmt!“ entgegnete Ingrid.
    Monika gab das Fernglas an Ingrid weiter. „Nein, ganz bestimmt nicht! Wir werden wunderbare Tage haben!“
    Während die Wassermann in das Karibische Meer stach, empfanden alle drei ein Gefühl von Abenteuerlust und Freiheitsdurst, wie sie es nie zuvor gekannt hatten.





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