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Komm, dunkle Nacht

Komm, dunkle Nacht

Titel: Komm, dunkle Nacht
Autoren: Iris Johansen
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Loch verfaulen lassen. Aber ich bin nicht wahnsinnig, und wenn das hier vorbei ist, werde ich wieder leben können. Weißt du, warum ich diese Forschungseinrichtung in die Luft gejagt habe?«
    »Weil sie mir wichtig war.«
    »Nein, das ist nicht der Grund. Denk drüber nach. Es wird dir schon noch einfallen. Hast du den Skarabäus bekommen?«
    »Habe ich.«
    »Gut. Ich dachte, als Signatur für Santo Camaro würde er sich gut machen. Er war das erste ägyptische Stück, das ich Chen Li geschenkt habe. Er war nicht besonders teuer oder wertvoll, aber das war ihr egal. Später konnte ich ihr viel schönere Geschenke machen.«
    »Ja, die du mit Mord und Totschlag an dich gebracht hast.
    Glaubst du, Chen Li hätte diese Geschenke angenommen, wenn sie gewusst hätte, wie viele Menschen du dafür ermordet hast?«
    »Sie hat es nicht gewusst und auf diese Menschen kam es schließlich nicht an. Sie allein war diejenige, auf die es ankam.
    Sie verdient das Beste. Ich gebe ihr immer das Beste.«
    »Du redest von ihr, als lebte sie noch.«
    »Für mich wird sie immer lebendig sein. An jedem endlosen Tag in diesem Gefängnis war sie bei mir. Dank ihr habe ich nicht den Verstand verloren. Ich habe mit ihr geredet und ihr erzählt, wie ich dich hasse und wie ich dir wehtun würde.«
    »Du kannst mir nicht wehtun, Rudzak.«
    »O doch, das kann ich.« Er senkte seine Stimme zu einem sanften Flüstern. »Mag sein, dass ich grau geworden bin, aber Chen Li würde mich noch immer anziehend finden. Ich erinnere mich, wie sie mir das Gesicht streichelte und mir sagte, wie schön ich sei, wie freundlich und …«
    »Halt den Mund.«
    Rudzak kicherte. »Wie du siehst, ist es leicht, dir wehzutun.
    Ich rufe wieder an. Diese Unterhaltung war sehr genussreich für mich.« Er legte auf.
    Das Schwein, Ruhe bewahren. Der Zorn, der ihn durchströmte, schwächte ihn. Rudzak würde sich freuen, wenn er wüsste, dass sein Lanzenstoß seinen Panzer durchbohrt hatte. Nein, er wusste es bereits. Logan war auf den Angriff nicht gefasst gewesen und er hatte Rudzak seine Wut und seinen Schmerz sehen lassen.
    Du bist schuldig.
    Chen Li.
    Denk nicht an sie. Denk an Bassett und an Rudzak.
    Denk nicht an Chen Li.
    Rudzak beendete mit einem Druck auf den Knopf die Verbindung und betrachtete die kleine, runde Schachtel, die er in der anderen Hand hielt. Er wischte die Regentropfen vom Deckel. Es war ein wunderschönes Stück, mit Elfenbein und Lapislazuli eingelegt. Er hatte sich sagen lassen, dass es einst einer ägyptischen Prinzessin gehört hatte, aber er hatte die Geschichte noch etwas ausgeschmückt, als er Chen Li die Schachtel geschenkt hatte.
    »Diese Schachtel gehörte Meretaten, der Tochter von Nefertari. Sie war angeblich noch schöner und klüger als ihre Mutter.«
    »Ich habe nie von ihr gehört.« Chen Li hielt die Schachtel ans Fenster und ließ die blauen Steine in der Sonne glänzen. »Sie ist wunderschön, Martin. Wo hast du sie her?«
    »Von einem Sammler in Kairo.«
    »Sie muss einen Haufen Geld gekostet haben.«
    »Es geht. Ich habe ihn runtergehandelt.«
    Sie lachte. »Das sagst du immer.«
    Er lächelte. »Ich habe ihm gesagt, sie sei für die Sammlung einer Frau, die als Königin zur Zeit der Pharaonen hätte geboren werden sollen. Damals gab es keine Regeln außer denen, die sie selbst sich gaben.«
    Ein Schatten ging über ihr Gesicht. Es war so gut gelaufen, dass er zu weit gegangen war. Er gab vor, die Ursache ihrer Verstimmung misszuverstehen. »Wolltest du nur höflich sein?
    Magst du das Kästchen nicht wirklich?«
    Sie schmiegte sich in seine Arme. »Ich liebe es. Wie alles, was du mir schenkst.«
    Sie lehnte sich zurück und sah ihm ins Gesicht. Ihre Augen waren dunkel wie die Nacht und er sah sich in ihnen gespiegelt.
    Sein Spiegelbild sah immer besser aus, fast gottähnlich, wenn er es in ihren Augen sah.
    Sie blickte ihn unsicher an. »Martin?«
    Mach ihr jetzt keine Angst. Sie war ihm näher denn je und bald würde der Augenblick kommen, an dem sie ihm gehören würde. Nur verängstigen durfte er sie nicht. Er hob ihre Hand an die Lippen: »Happy Birthday, Chen Li.«
    Einer ihrer letzten Geburtstage.
    Er spürte, wie sich auf seinen Wangen warme Tränen in die kalten Regentropfen mischten.
    »Rudzak.« Er drehte sich um und sah, dass Carl Duggan auf ihn zukam. »Ich habe den Zeitzünder gestellt. Wir müssen hier verschwinden, ehe jemand darüber stolpert.«
    »Gleich, ich muss nur noch ein Geschenk für Logan deponieren.«
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