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Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition)

Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition)

Titel: Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition)
Autoren: Jo Nesbø
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abgeschlossen, und er hatte sein psychologisches Gutachten verfasst. Er hatte sich darin über die Tatsache ausgelassen, dass die Waffe, mit der Arnold Folkestad sich erschossen hatte, dieselbe war, die auch bei dem Mord an Gusto Hanssen zur Anwendung gekommen war. Und dass es etliche Übereinstimmungen zwischen Gusto Hanssen und René Kalsnes gab. Beide waren jung, bildhübsch und hatten keine Skrupel, sexuelle Dienste an Männer jeden Alters zu verkaufen. Genau darauf schien Folkestad angesprungen zu sein, wenn er sich verliebt hatte. Von daher war es nicht abwegig, dass jemand mit Folkestads paranoid schizophrenen Zügen Gusto aus Eifersucht oder einer Reihe anderer auf Zwangsvorstellungen beruhender Gründe getötet hatte. Zugrunde lag eine tiefe, für seine Umwelt nicht notwendigerweise sichtbare Psychose. An diesem Punkt hatte Ståle die Notizen angefügt, die er sich gemacht hatte, als Arnold Folkestad in seiner Zeit beim Kriminalamt zu ihm gekommen war, weil er Stimmen hörte. Auch wenn sich die Psychologen längst einig geworden waren, dass Stimmen im Kopf nicht gleichbedeutend mit Schizophrenie waren, hatte Aune in Folkestads Fall zu dieser Auffassung geneigt und eine Diagnose vorzubereiten begonnen, die Folkestads Karriere als Mordermittler beendet hätte. Es war aber nicht nötig gewesen, den Bericht weiterzugeben, weil Folkestad von sich aus den Entschluss gefasst hatte zu kündigen, nachdem er Aune von dem Annäherungsversuch an einen nicht namentlich genannten Kollegen erzählt hatte. Er hatte auch die Behandlung abgebrochen und war damit von Aunes Radar verschwunden. Aber es war offensichtlich, dass es Gründe gab, warum sich sein Zustand verschlechtert hatte. Dazu zählte sicher die Kopfverletzung, die ihm zugefügt worden war und wegen der er eine längere Zeit im Krankenhaus gelegen hatte. Zahlreiche Forschungsergebnisse zeigten, dass schon leichte Schlagverletzungen zu Verhaltensänderungen, verstärkter Aggression und geringerer Impulskontrolle führen können. Diese Verletzung ähnelte noch dazu denen, die er später seinen eigenen Opfern zugefügt hatte. Der andere war der Verlust von René Kalsnes, in den er Zeugenaussagen zufolge wirklich sehr, fast schon manisch verliebt gewesen war. Dass Folkestad das, was er allem Anschein nach als seinen Auftrag empfunden hatte, mit seinem Freitod beendet hatte, war nicht verwunderlich. Lediglich, dass er weder schriftlich noch mündlich etwas hinterlassen hatte. Größenwahn dieser Art ging gewöhnlich einher mit dem Drang, in Erinnerung zu bleiben, verstanden zu werden, verehrt und bewundert, und einen Platz in den Geschichtsbüchern zu bekommen.
    Sein psychologischer Bericht war gut aufgenommen worden. Es war das letzte, noch fehlende Puzzleteilchen, um das Bild zu vervollständigen, hatte Mikael Bellman gesagt.
    Ståle Aune hatte allerdings den Verdacht, dass ihnen ein anderer Aspekt viel wichtiger war. Dass er nämlich mit seiner Diagnose all jene mundtot machte, die die problematische Frage stellen könnten, wie es angehen konnte, dass jemand aus den Reihen der Polizei hinter diesem Massaker stand. Folkestad war zwar nur ein Expolizist, aber trotzdem. Was sagte das über die Polizei als Berufsgruppe aus? Über die Kultur der Polizei?
    Jetzt konnten sie diese Debatte ad acta legen, schließlich war ein Psychologe zu dem Schluss gekommen, dass Arnold Folkestad verrückt gewesen war. Und für Geisteskrankheit gab es keine Begründung. Sie war einfach da, wie eine aus dem Nichts kommende Naturkatastrophe. Danach musste man einfach weiterleben, denn was konnte man schon tun?
    Genau so dachten Bellman und die anderen.
    Ståle Aune dachte aber nicht so.
    Doch er würde es trotzdem nicht weiterverfolgen. Ståle arbeitete jetzt wieder Vollzeit in der Praxis, aber Gunnar Hagen hatte gesagt, dass er die Gruppe aus dem Heizungsraum fest als mobiles Team einrichten wollte, vergleichbar mit Delta. Katrine war bereits eine feste Stelle im Dezernat für Gewaltverbrechen angeboten worden, die sie angenommen hatte. Sie gab an, mehrere gute Gründe zu haben, aus ihrem erhabenen, schönen Bergen in die jämmerliche kleine Hauptstadt zu ziehen.
    Der Organist gab Gas, Ståle hörte das Knarren der Pedale, und dann kamen die Töne. Gefolgt von dem Brautpaar. Jetzt Ehepaar. Sie mussten nicht nach links und rechts nicken, so viele waren nicht in der Kirche. Ein Blick in die Runde reichte.
    Das anschließende Fest wollten sie im Schrøder feiern. Harrys Stammlokal war
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