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Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition)

Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition)

Titel: Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition)
Autoren: Jo Nesbø
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natürlich nicht gerade das, was man mit einer Hochzeitsfeier verband, aber laut Harry war das Rakels Wahl gewesen, nicht seine.
    Die Anwesenden drehten sich zu Rakel und Harry um, die vorbei an den leeren hinteren Bankreihen auf die Tür zugingen. Auf die Junisonne, dachte Ståle. Auf den Tag, auf die Zukunft zu dritt: Oleg, Rakel und Harry.
    »Mensch, Ståle«, sagte Ingrid, zog das Taschentuch aus seiner Brusttasche und reichte es ihm.
    Aurora saß auf der Bank und hörte an dem Jubel, dass ihre Mannschaftskameradinnen wieder getroffen hatten.
    Es war das zweite Spiel, das sie heute gewinnen sollten, und sie ermahnte sich, Papa eine SMS zu schicken. Ihr selbst war es nicht so wichtig, ob sie siegten oder nicht, und Mama war das vollkommen egal. Aber Papa reagierte immer so, als wäre sie Weltmeisterin geworden, wenn sie einen Sieg in der D-Jugend der Mädchen-Kreismeisterschaft verkündete.
    Da Emilie und Aurora beinahe das ganze erste Spiel gespielt hatten, durften sie im zweiten größtenteils pausieren. Aurora hatte begonnen, die Zuschauer auf der gegenüberliegenden Tribüne zu zählen, und es fehlten ihr nur noch zwei Bankreihen. Die meisten waren natürlich Eltern und Spielerinnen der anderen am Turnier teilnehmenden Mannschaften. Da fiel ihr plötzlich ein bekanntes Gesicht auf.
    Emilie stieß sie an. »Guckst du dir eigentlich gar nicht das Spiel an?«
    »Doch, schon, ich hab nur … Siehst du den Mann da oben in der dritten Reihe? Der ein bisschen für sich sitzt? Hast du den schon mal gesehen?«
    »Keine Ahnung, zu weit weg. Wärst du jetzt gerne bei dieser Hochzeit?«
    »Nö, das ist doch bloß Erwachsenenkram. Kommst du mit? Ich muss aufs Klo.«
    »Jetzt, mitten im Spiel? Und wenn wir eingewechselt werden?«
    »Charlotte und Katinke sind an der Reihe. Komm schon mit!«
    Emilie sah sie an. Und Aurora wusste, dass sie sich wunderte, schließlich bat sie sonst nie um Gesellschaft, wenn sie mal musste. Eigentlich bat sie nie jemanden, irgendwohin mitzukommen.
    Emilie zögerte. Drehte sich zum Spielfeld um. Sah zum Trainer, der mit verschränkten Armen an der Seitenlinie stand. Schüttelte den Kopf.
    Aurora horchte in sich hinein, ob sie bis zum Ende des Spiels warten konnte, wenn alle in Richtung Garderobe strömten.
    »Ich bin gleich wieder da«, flüsterte sie, stand auf und lief zu der Tür, hinter der die Treppe nach unten führte. Bevor sie hindurchschlüpfte, drehte sie sich noch einmal um und sah zur Tribüne. Suchte nach dem Gesicht, das sie erkannt zu haben glaubte, fand es aber nicht.
    Mona Gamlem stand allein auf dem Friedhof der BragernesKirche. Sie war von Oslo nach Drammen gefahren und hatte einige Zeit gebraucht, um die Kirche zu finden. Auch nach dem Grabstein hatte sie fragen müssen. Das Sonnenlicht ließ die Kristalle rund um seinen Namen glitzern. Anton Mittet. Jetzt glänzte er mehr als im Leben, dachte sie. Aber er hatte sie geliebt, da war sie sich sicher. Und dafür hatte sie ihn geliebt. Sie steckte sich einen Minzkaugummi in den Mund. Dachte an das, was er gesagt hatte, als er sie zum ersten Mal nach ihrer Schicht im Reichshospital nach Hause gefahren hatte und sie sich geküsst hatten. Dass er den Minzgeschmack ihrer Zunge mochte. Und an das dritte Mal, als sie vor ihrem Haus geparkt hatten und sie sich über ihn gebeugt und seinen Hosenschlitz geöffnet hatte und – bevor sie begonnen hatte – den Kaugummi diskret unter seinen Sitz geklebt hatte. Um sich gleich anschließend einen neuen Kaugummi in den Mund zu schieben, ehe sie sich wieder geküsst hatten. Denn sie musste nach Minze schmecken, das war der Geschmack, den er mochte. Sie vermisste ihn. Ohne das Recht zu haben, ihn zu vermissen, und das machte die Sache noch schlimmer. Mona Gamlem hörte knirschende Schritte hinter sich auf dem Weg. Vielleicht war das die andere. Laura. Mona Gamlem ging weiter, ohne sich umzudrehen. Sie blinzelte die Tränen aus den Augen und versuchte auf dem Weg zu bleiben.
    Die Tür der Kirche ging auf, aber Truls sah noch niemanden herauskommen.
    Er blickte auf die Zeitung, die neben ihm auf dem Beifahrersitz lag. Das Magazin mit Mikaels Porträt. Der glückliche Familienmensch, abgebildet mit Frau und drei Kindern. Der ergebene, kluge Polizeipräsident, der sagte, dass die Aufklärung des Polizeischlächter-Falls ohne die Unterstützung seiner Frau Ulla an der Heimatfront gar nicht möglich gewesen wäre. Und ohne all seine hervorragenden Mitarbeiter im Präsidium. Und dass mit der
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