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Kojoten am Rio Grande (Western-Reihe 'Die Al Wolfson-Chroniken') (German Edition)

Kojoten am Rio Grande (Western-Reihe 'Die Al Wolfson-Chroniken') (German Edition)

Titel: Kojoten am Rio Grande (Western-Reihe 'Die Al Wolfson-Chroniken') (German Edition)
Autoren: Dirk Bongardt
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Tyler abrupt anhielt, einen Schritt rückwärts ging und sich hartnäckig weigerte, auch nur noch einen Huf nach vorn zu setzen. Ich hatte keinen Anlass, seinem Instinkt zu misstrauen und saß ab. Ich spähte in den Pinienhain, konnte aber nichts entdecken, was Tyler beunruhigt haben mochte. Ich zog den Colt, spannte den Abzugshahn und setzte vorsichtig einen Schritt nach dem anderen in Richtung auf die Baumgruppe zu. Ich war gerade zehn Fuß weit gekommen, als der Boden unter mir wegbrach. Während ich fiel und versuchte, mit den Armen irgendwo Halt zu finden, löste sich ein Schuss. Die Kugel war sicher noch himmelwärts unterwegs, als ich schmerzhaft auf den Boden einer Grube aufschlug und dabei noch verdammtes Glück hatte, dass die angespitzten Äste, die vom Boden nach oben ragten, mir nur eine oberflächliche Wunde in mein rechtes Schienbein rissen und ich mir zum Sonntagstanz wohl eine neue Hose besorgen musste.

    Da lag ich nun in einer zehn Fuß tiefen und in jede Richtung fünf Fuß breiten Grube. Wahrscheinlich hatten diejenigen die Grube angelegt, die auch die Rothäute abgeschlachtet hatten. Wenn sie das Indianerlager von Süden her angegriffen hatten, dann hätten Fliehende fast unweigerlich diesen Weg genommen und wären in die Grube gestürzt. Eine solche Grube auszuheben macht eine gewaltige Arbeit: Jemand legte offenbar großen Wert darauf, keinen entkommen zu lassen. So langsam verlor ich jede Sympathie für die Burschen.

    Aller guten Dinge, sagt man, sind drei. Ich war heute schon einem wütenden Bären begegnet, war von Rothäuten gejagt worden, und war nun in eine mit angespitzten Pflöcken gespickte Grube gestürzt, aus der ohne Hilfe heraus zu kommen, mir einigermaßen unmöglich erschien. Und all das vor dem Mittagessen. Aber wenn du so oft in so kurzer Zeit hättest drauf gehen können und doch am Leben geblieben bist, dann dämmert dir, dass der Allmächtige wohl noch Pläne mit dir hat.

Erstmal prüfte ich meine Knochen: Vom unsanften Aufprall schmerzte mein verlängertes Rückgrat, und ein dünner Blutfaden färbte mein rechtes Hosenbein vom Knie bis zum Knöchel, aber wenn du die letzten zehn Jahre auf einer Ranch gearbeitet, Broncos zugeritten und Bullen mit dem Lasso gefangen hast, dann bist du schlimmeres gewöhnt. Nichts gebrochen, nichts gestaucht. So weit die positive Seite. Im Colt hatte ich noch fünf Kugeln. Die Patronen, die in meinem Revolvergürtel steckten, passten nur in meine Winchester, und die hing in ihrem Futteral an Tylers Sattel, der in seinem Mustangschädel ganz sicher gerade dachte „Ich hab's dir ja gleich gesagt.“ Meine Wasserflasche hatte ich bei mir, doch sie war reichlich nutzlos, weil ich sie, seit ich am Rio Grande auf die Leichen gestoßen war, noch nicht wieder gefüllt hatte. Ich prüfte die Wände der Grube: Sie waren glatt und hart. Ohne eine Hacke, eine Schaufel oder ein ähnliches Werkzeug hätte ich kaum eine Chance, sie so zu bearbeiten, dass sie mir genug Tritt- und Greiffläche boten, um hinaus zu klettern. Den Mann, der die letzten Spatenstiche in der Grube getan hatte, hatten sie ganz sicher mit einem Seil heraus gezogen. Es gab Geschichten von Cowboys, die in Treibsand geraten waren, und deren Pferde sie dann an den Zügeln herausgezogen hatten, aber das konnte hier nicht funktionieren: Selbst wenn Tyler an die Grube heran kam, war sie doch so tief, dass ich die Zügel nicht zu fassen bekommen würde. Ich rüttelte an den angespitzten Pflöcken, die mich hätten aufspießen sollen, doch die steckten unbeweglich in der Erde fest. Nur einer ließ sich ein klein wenig hin und her bewegen, aber daran, ihn aus dem Boden zu ziehen, war nicht zu denken.

    Dass ich in diesem Augenblick das dringende Bedürfnis verspürte, Wasser abzuschlagen, sollte sich als meine Rettung herausstellen. Ich entlud einen kräftigen Strahl auf den Boden, wo der einzige Pflock steckte, der sich ein winziges Stück hatte bewegen lassen, und weichte den trockenen Lehm damit etwas auf. Dann machte ich mich erneut daran, den Pflock aus dem Boden zu rütteln. Er rührte sich ein wenig mehr, aber blieb vorerst hartnäckig. Ich war nicht mehr bereit, nachzugeben, und nach einer Zeitspanne, die mir vorkam wie eine halbe Ewigkeit, hielt ich einen angespitzten Holzpflock von fast zwei Fuß Länge in der Hand, der etwa eine halbe Handbreit dick war. Damit hatte ich ein Werkzeug, mit dessen Hilfe es mir nach und nach gelang, zwei weitere Pflöcke aus dem Boden zu graben. Als
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