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Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)

Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)

Titel: Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)
Autoren: Nora Berger
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Emma! Und der Führer hat gesagt, dass wir alle Opfer für das Vaterland bringen müssen! Johann«, wandte sie sich an den Diener. »Stellen Sie das Radio an.«
    Die schnarrende Stimme Hitlers, begleitet von einem durchMark und Bein gehenden Pfeifen ertönte. »Deutsche Soldaten – haltet zusammen! Der Sieg ist unser! Wir werden den Gegner bis zum Letzten vernichten …«
    Die Augen der Großmutter leuchteten auf, und sie lauschte wie verzückt dem leicht verzerrten Ton. »Unsere Soldaten marschieren in einem unaufhaltsamen Siegeszug durch Russland und erobern Stück für Stück …« Das Weitere ging in einem Brummen unter, bei dem Louise aufsprang und fieberhaft am Schalter des Gerätes drehte.
    Das Küchenmädchen servierte inzwischen die Portionen des cremigen Rahmkuchens, der nahezu unberührt auf den Plätzen stehen blieb.
    »Entschuldigt mich.« Magdalena, der die Stimme aus dem Radio eine unheilvolle Gänsehaut verursachte, nahm ihr Stück Kuchen mit der Serviette in die Hand. »Aber ich muss noch lernen!«, murmelte sie. »Wir schreiben morgen eine Klausur.«
    »Geh nur, mein Kind!«, winkte ihr Louise zu, mit einem Ohr am Radio. »Bei deinem Fleiß wirst du dein Philosophiestudium mit Auszeichnung bestehen! Du hast alle Voraussetzungen dafür!«
    Theodor, der meistens schlechte Schulnoten nach Hause brachte, zog ein Gesicht und streckte Magdalena die Zunge heraus, als sie an ihm vorbeiging.
    »Wollt ihr den totalen Krieg?«, schnarrte jetzt die Radiostimme. Aus tausend heiseren Kehlen antwortete es wie ein einziger Schrei der Zustimmung, der allerdings erneut in einem durchdringenden Krächzen und Knacksen des Radios unterging. Magdalenas Herz begann in dumpfer Unruhe zu pochen. Sie lief in ihr Zimmer und riegelte als Erstes die Tür hinter sich ab, bevor sie den kleinen Stapel Papiere, den sie hinter ein paar Büchern im Regal versteckt hielt, sorgsam herausnahm.
    ›Stopp dem Nationalsozialismus! Stopp dem Völkermord! Dieser Krieg ist sinnlos! Wehrt Euch gegen das Diktat Hitlers! ‹, standdick gedruckt auf den losen Blättern, die auf ihre Verteilung in ganz Königsberg warteten.
    Während sie noch einmal die aufrührerischen Worte überflog, dachte sie plötzlich mit gemischten Gefühlen an Pauls Brief, den sie unter ihrer Bluse verborgen hielt – wie anders, wie enthusiastisch seine Worte klangen! Wie stolz er war, für sein Vaterland kämpfen zu können! Und wie befremdend sein selbst verfasstes Gedicht für den Festabend auf sie wirkte, das er ihr geschickt hatte!
Wir sind die Männer vom 8. Fliegerkorps,
wir stiegen zum Flug in den östlichen Himmel empor.
Zu kämpfen gegen Russlands Macht und Heer,
für Deutschlands Freiheit, Sieg und Ehr.
    Nach der ersten Strophe überflog sie den Rest und vertiefte sich zum zehnten Mal in die gefühlvollen Zeilen, die an sie selbst gerichtet waren. Es war, als hörte sie seine Stimme, als sähe sie seine Augen vor sich, so blau wie der Himmel in jenem vergangenen Sommer, im Segelhafen an der Pregel, wo sie ihr Herz an ihn verloren hatte. Wie unbeschwert sie beide gewesen waren! Sie dachte an die heimlichen Treffen am Oberteich, wo sie Hand in Hand durch den nach Blumen duftenden Park spaziert waren! Alles schien damals leicht und heiter, und der Gedanke an Krieg oder Trennung war weit entfernt. Paul war plötzlich stehen geblieben und hatte sie auf eine Art angesehen, die sie nie im Leben mehr vergessen würde. »Ich hab dich lieb!« Der Ernst in seiner Stimme hatte sie erschreckt und entzückt zugleich. Überflutet von einem Glücksgefühl ohnegleichen, wusste sie nicht gleich, was sie darauf antworten sollte. Ihr Denken schien wie ausgelöscht. Er umfasste ihre Schultern und in seinen Augen flackerte ein erwartungsvolles Licht. Doch als sie schwieg, ließ er sie plötzlich los, strich sich mit einer ungeduldigen Handbewegung die störrischenSträhnen seines blonden Haares aus der Stirn und senkte enttäuscht und verlegen den Kopf. Seltsam, dass sie sich so an alle Details erinnerte und auch daran, dass sie in diesem Moment nichts anderes tun konnte, als ihm stürmisch um den Hals zu fallen. Das Erstaunen in seinem Blick hatte mit dem des Triumphes gewechselt, bevor er sie ganz eng an sich gezogen und ihr hungrig und leidenschaftlich die Lippen wundgeküsst hatte.
    »Wir bleiben zusammen, für immer und ewig!« Es war wie ein Versprechen gewesen.
    Ein selbstvergessenes Lächeln spielte um ihren Mund, und erst das Geräusch, mit dem die Flugblätter, die
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