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Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)

Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)

Titel: Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)
Autoren: Nora Berger
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aus der Deckung heraus über das Feld laufen. Die barbarische Gestalt in Pelzmütze und Schaffellmantel ritt ihn in vollem Tempo rücksichtslos zu Boden. Beinahe hätte auch ihn diese kurze Unaufmerksamkeit das Leben gekostet. Aus den Augenwinkeln sah er in letzter Sekunde einen krummen Kosakensäbel über seinem Kopf aufblitzen, bevor er instinktiv mit einer schnellen Drehung auswich und sich mit einem gewagten Satz Hals über Kopf bergab rollen ließ. Der Hieb des Kosaken fuhr in die trockenen Zweige, aber mit einem heiseren Schrei setzte dieser Paul sogleich nach. Bei der gezielten Salve einer Maschinenpistole aus den hinteren Reihen schwankte er jedoch und brach schließlich blutüberströmt zusammen.
    Wenn die Situation nicht so dramatisch gewesen wäre, hätte der Angriff mit schaurigem Kriegsgeschrei aus rauen Kehlen, dem wolkig gefrierenden Atem der Pferdenüstern im Feuerschein des nächtlichen Horizonts etwas von einem unwirklichen Abenteuer gehabt.
    Paul rang nach Luft, er keuchte von der Anstrengung des Laufs; die Kälte schnitt ihm jetzt wie mit Messern in die Lungen. Was sollte er tun, wohin sich wenden, in dem wilden Durcheinander, in dem man keine Ordnung mehr erkennen konnte? Flammen züngelten empor – den Kosaken war es gelungen, mit ihren Fackeln die Baracke anzuzünden! Die deutschen MG-Schützen eröffneten jetzt im milchigen Dunst der kalten Nacht ein gnadenloses Schnellfeuer auf die Angreifer, deren Pferde sich emporbäumten, bevor sie zu Boden stürzten. Von der Übermacht überwältigt, flüchtete ihr Anführer mit den wenigen, die übrig blieben, Hals über Kopf dem nahen Wäldchen zu.
    Paul eilte seinen Kameraden zu Hilfe, die bereits in größter Hast versuchten, die Flammen an den Zelten und am Vorderteil der Baracke, an der sie glücklicherweise nicht allzu viel Schaden angerichtet hatten, mit Schnee zu ersticken.
    Nach dem gefährlichen Zwischenfall kehrte langsam wieder Ruhe ein. In der Ferne brannte noch die Stadt und erleuchtete den dunklen Samthimmel Russlands, an dem die Sterne wie glitzernde Diamanten standen. Die Leichen der Partisanen, der getöteten Pferde mussten trotz der schneidenden Kälte noch in der Nacht in einen Graben geworfen werden, und jeden schauderte insgeheim beim Anblick der vier gefallenen Kameraden, die vorher noch so heiter am Tisch gesessen waren. Die Weihnachtsfeier der ZBV Einheit des 8. Korps des Richthofenschen Jagdgeschwaders, so hoffnungsfroh und heiter begonnen, hatte keinen glücklichen Ausgang genommen.
    »Magdalena, träumst du schon wieder? Oder hast du heute keinen Appetit?« Die leicht nörgelnde Stimme der Mutter schreckte das junge Mädchen aus seiner Versunkenheit. Magdalena fühlte das Knistern des Briefes unter ihrer Bluse, den sie mit großem Entzücken schon das fünfte Mal gelesen hatte, dann ergriff sie schnell den Löffel und beugte sich über den Teller. Ein unsinniges Glücksgefühl erfüllte sie, und sie hätte aufspringen und tanzen können.
    »Liebste Magdalena … meine Liebste … «
    Es war, als wäre plötzlich die Sonne aufgegangen über dem diesig grauen Wintertag in Königsberg. Sie hatte wenig Hunger und schob die bleichen Grießklößchen, die in der Suppe schwammen, an den Tellerrand. Johann, der Diener, blinzelte ihr verschwörerisch zu und entfernte den noch halb vollen Teller geschickt, ohne dass Mutter und Oma Louise es bemerkten. Sie tauschte einen Blick mit Gertraud, ihrer jüngeren Schwester, die hingebungsvoll ihre Suppe löffelte und nichts übrig ließ. AberGertraud schmeckte ja auch alles, sie war ein Pummelchen von sechzehn Jahren und machte sich wenig Sorgen darüber, was genau auf ihrem Teller lag.
    »Immer Grießklößchen – die mag sowieso keiner«, mäkelte der zwölfjährige Theodor. Er schlürfte aus Protest seine Brühe aus dem Teller und als dabei aus Versehen ein Klößchen auf die weiße Tischdecke fiel, schob er es unauffällig unter den Rand.
    »Sei froh, dass wir in diesen Zeiten überhaupt etwas haben, Theo!«, fuhr Frau von Walden auf und gab ihm einen Klaps auf die Finger. »Und benimm dich ordentlich bei Tisch, sonst kannst du nächstes Mal in der Küche essen.«
    »Mir ist schlecht!« Theo zog eine Grimasse.
    Seine Mutter sah ihn besorgt an. »Du bist doch nicht krank, Kind?«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich will mal Pfannkuchen!«, rief er eigensinnig. »Immer diese blöde Suppe! Bei Fredi Kroll gibt es immer Pfannkuchen!«
    »Fredi Kroll!« Frau von Walden zog indigniert die
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