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Königin des Lichts: Drei Romane in einem Band (German Edition)

Königin des Lichts: Drei Romane in einem Band (German Edition)

Titel: Königin des Lichts: Drei Romane in einem Band (German Edition)
Autoren: Nora Roberts
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»Dieser Stalljunge besitzt ein gewisses Geschick mit Pferden, vergisst aber allzu oft seinen Platz.«
    »Bitte bestraft ihn nicht meinetwegen, ich könnte den Gedanken nicht ertragen.« Sie wedelte schwach mit der Hand, und nach einem Augenblick der Verwirrung stürzte Cyra herbei und hielt ihr ein Fläschchen mit Riechsalz unter die Nase.
    »Genug, genug.« Aurora schob sie beiseite, denn das Salz trieb ihr die Tränen in die Augen. »Könntet Ihr mir helfen, aus der Sonne zu kommen, Herr?«
    »Vergebt mir, Lady Aurora. Ich werde Euch sogleich in die Burg bringen, damit Ihr Euch erfrischen könnt.«
    »Oh, ja.« Sie lehnte sich an ihn. »Das Reisen ist so ermüdend, nicht wahr?«
    Sie ließ sich von den Ställen fortführen. Ihr Herz war schwer. Endlich hatte sie ihren Wolf gefunden, doch er besaß weder Fänge noch Krallen.
    Schwindel vortäuschend, ließ sie sich über einen Hof in den Bergfried bringen. Dabei registrierte sie jedes Detail: die Zahl der Wachen und ihre Bewaffnung, die üppigen Wandteppiche und Fliesen, die Anordnung von Fenstern, Türen und Treppen.
    Sie bemerkte die versteinerten Gesichter und niedergeschlagenen Augen der Dienerschaft und das Verhalten der anderen Frauen, die wie Zuchtstuten vorgeführt werden sollten.
    Manche von ihnen schienen erfreut darüber, dass sie Prinz Owens für würdig erachtet worden waren. Andere wirkten völlig verängstigt.
    Unter Lorcans Herrschaft galten Frauen als bewegliche Habe. Besitz von Vater oder Bruder, der jedem Mann zuteil
wurde, der den Preis dafür bezahlen konnte. Wer als Hexe verdächtigt wurde, wurde verbrannt.
    In Lorcans Welt waren Frauen minderwertige Wesen, hatte Rohan ihr erzählt. Gut so, dachte sie. Das hieß, dass er nicht auf den Gedanken kommen würde, dass sich die Prophezeiung auf eine Frau bezog und dass diese unter seinem eigenen Dach nur darauf wartete, ihm die Kehle durchzuschneiden.
    Mit flatternden Lidern bat sie Owen errötend, sie in ihre Gemächer zu bringen, damit sie sich von den Strapazen der Reise erholen könne.
    Als sie dort angekommen und sicher war, ballte sie die Fäuste. »Einfaltspinsel, Menschenschinder, Widerling.« Sie holte tief Atem und rang um Beherrschung. »Der Titel ›Prinz‹ kommt mir kaum über die Lippen.«
    »Er war grausam zu diesem Jungen«, murmelte Rhiann.
    »Das war kein Junge, sondern ein Mann. Ein Mann ohne Rückgrat.« Zischend vor Wut, ließ sie sich auf einen Stuhl fallen. Der Mann ihrer Träume durfte nicht im Staub kriechen. Sie würde keinen Mann lieben, der solch einen Esel um Vergebung bat.
    Also musste sie ihn vergessen, ihn und ihr Herz, damit sie tun konnte, was ihre Aufgabe war.
    »Wir sind drin«, sagte sie zu Rhiann. »Ich werde eine Depesche an Gwayne schreiben. Sorg dafür, dass sie heute noch abgesandt wird.«

4
    A URORA KLEIDETE SICH mit großer Sorgfalt in ein blaues Samtgewand mit goldenem Besatz. Ihr schweres Haar wurde mit Cyras Hilfe mit einem goldenen Haarband gebändigt. An ihren Ohren funkelten kleine blaue Steine, an ihrem Hals schimmerte eine zarte Perle. Und im Riemen an ihrem Schenkel steckte ein Dolch.
    Nachdem sie im Spiegel Lächeln und affektiertes Gehabe geübt hatte, war sie bereit. Sie wanderte durch die Galerie, deren Kunstwerke und Einrichtungsgegenstände ihren Eltern gestohlen oder in anderen Provinzen erbeutet worden waren. Aus den Fenstern blickte sie auf Gärten, Labyrinthe und Felder, die von ihren Vorfahren bestellt und diesen geraubt worden waren, um Stolz und Gier eines anderen zu befriedigen. Selbstverständlich merkte sie sich genau, wie viele Wachen auf jedem Posten standen. Sie schwebte die Treppen hinunter, schlenderte durch die Räume, beobachtete Dienstboten, Gäste und Höflinge.
    Wie angenehm, dass sie sich frei in der Burg und in den Gärten bewegen konnte. Eine Frau stellt schließlich keine Bedrohung dar, dachte sie, als sie sich über die goldenen Rosen beugte, um ihren Duft einzuatmen und dabei die Reihen der Wachen zu studieren, die auf der Meeresseite die Mauer bewachten. Sie war nur eine Bewerberin um Owens Hand, die sich ihm wie eine reife Frucht anbot.
    »Wo ist die Musik?«, fragte sie Cyra. »Wo das Gelächter? In Lorcans Reich gibt es keine Lieder, keine Freude. Er herrscht über Schatten.«
    »Du wirst das Licht zurückbringen.«
    »Das werde ich. Ich schwöre es.« Oder bei dem Versuch untergehen, versprach sie im Stillen. »Hier gibt es solche Schönheit, aber es ist wie Schönheit hinter einem versperrten Fenster.
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