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Königin der Schwerter

Königin der Schwerter

Titel: Königin der Schwerter
Autoren: Monika Felten
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sich zusammenrotten, um Zarife bei ihrem Rach e feldzug beizustehen und B e nize zur alten Macht zu verhelfen. Wenn sie sich erst mal formiert haben, we r den sie auch losschlagen – mit oder ohne Zarife.« Er verstummte und hob nachdenklich die Hand ans Kinn. »Was sagen die Sterne?«, richtete er das Wort an den Auguren. »Wird es Krieg geben?«
    »Ehrwürdiger Karadek, Ihr wisst so gut wie ich, dass die Sterne schon lange von dem bevorstehenden Wandel künden«, sagte Odion in dem ihm eigenen, heiseren Flüsterton. »Der Stier nähert sich dem Ze i chen der Königin. Eine seltene Konstellation, die A n lass zu größter Sorge gibt. Die Prophezeiung hat sich erfüllt, daran gibt es keinen Zweifel. Zarifes Seele hat einen Weg gefunden, in diese Welt z u rückzukehren. Sie ist voller Hass und wird nicht zögern, blutige R a che zu nehmen.« Ein Schatten huschte über sein G e sicht, und es wirkte wie das Antlitz des Todes, als er hinzufügte: »Dies ist der Augenblick, den schon unsere Väter und Vorväter gefürchtet haben. Unsere Aufgabe ist es, das Schlimmste zu verhindern.«
     
    ***
     
    Die alte Frau saß allein am Herdfeuer und beobacht e te, wie die Dunkelheit in der Hütte dem ersten Grau des Tages wich. Die Nacht war kalt gewesen, zu kalt für die Jahreszeit. Der frühe Frost war ein Vorbote des Winters, dessen eisiger Atem das Wal d land in dieser Nacht gestreift hatte.
    Die Alte seufzte und strich sich mit hageren Fi n gern eine Strähne ihres schütteren grauen Haars aus dem Gesicht. Das Feuer vor ihr war fast herunterg e brannt. Mit einer Mischung aus Hoffnung und düst e rer Vorahnung starrte sie in die Glut, ehe sie den krummen Rücken beugte, um dem Feuer mit einem trockenen Scheit neue Nahrung zu geben. Funken stoben, doch die Alte beachtete sie nicht. Sie hatte nur wenig geschlafen und glaubte die Last der Jahre do p pelt schwer auf ihren Schultern zu spüren.
    In der Nacht hatten die Raben gesprochen. En d lich hatte sie die lang ersehnte Vision empfangen, die die Rückkehr der Hohepriesterin Zarife ankü n digte. Am Vorabend ihres Lebens war ihr die Gnade zuteil gewo r den, erleben zu dürfen, dass sich die Prophezeiung e r füllte, in die so viele Menschen ihre Hoffnung set z ten. Es war eine Ehre, aber auch eine große Veran t wortung.
    Ermattet schloss sie die Augen. Während sie in die Stille lauschte, glaubte sie, in der Ferne Schreie und Waffenklirren zu hören, während ein leichter Win d zug ihr den metallischen Geruch von Blut zutrug. E r schauernd öffnete sie die Augen, wohl wi s send, dass das Ringen um die Macht begonnen hatte. Hunderte, vielleicht sogar Tausende würden den Frühling nicht mehr erleben, denn ihr Blut würde den Schnee im Hochland rot färben. Die Alte zöge r te. In ihren Augen funkelten Tränen, als sie den Kopf hob und den Blick in die Ferne richtete. Der Gedanke, eine Mitschuld am Tod von so vielen u n schuldigen Seelen zu tragen, war ihr unerträglich. Dennoch wusste sie tief in sich, dass es keinen and e ren Weg gab. Sie musste die Botschaft weitergeben. Den Aufrührern die Kunde zu verschwe i gen, würde bedeuten, dem verhassten Tyrannen die Macht zu überlassen, denn ohne die Hilfe der Rebellen würde Zarife scheitern, bevor ihre Heimkehr übe r haupt begonnen hatte.
    Mit steifen Beinen erhob sich die Alte, griff nach dem Stock und schlurfte ins Freie. Vor der Tür hielt sie inne, begrüßte den Tag mit einem stummen G e bet und schaute zum Dachfirst hinauf, wo sich an diesem Morgen mehr als zwei Dutzend schneeweiße Tauben gurrend aneinander drängten und neugierig zu ihr herunterschauten.
    Sie wissen es, schoss es ihr durch den Kopf Sie sp ü ren die Veränderung in der Sphäre und die Krä f te, die sich regen. »So sei es denn.« Mit zitternden Fingern löste sie das Kräutermesser von ihrem Gü r tel und rief die Tauben mit einem gurrenden Laut zu sich. Ein rascher Schnitt über ihre Fingerkuppe ließ dunkelrotes Blut aus der Wunde hervorquellen. Blut, mit dem sie das weiße Kopfgefieder der Tauben rot färbte. Die blutigen Köpfe waren das vereinbarte Zeichen dafür, dass sich die Prophezeiung erfüllt hatte. Die Rebellen würden wissen, was zu tun war. Die Alte zweifelte nicht daran, dass sie das Heer in nur wenigen Tagen zusammenrufen konnten. Nac h einander nahm sie die Tauben zur Hand, raunte i h nen einen Namen zu und warf sie hoch in die Lüfte, wo sie nach einigem Kre i sen in alle Himmelsric h tungen davonflogen.

3
    Stolpernd und keuchend floh
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