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Königin der Engel

Königin der Engel

Titel: Königin der Engel
Autoren: Greg Bear
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Sandra.
    »Über manches davon kann ich erst sprechen, wenn ich vom Bundesamt die Erlaubnis bekomme.«
    »Um so besser.« Sandra beugte sich vor. Ihre orangebraunen Augen glitzerten in dem neuen, direkten Sonnenlicht.
    Ernest lächelte freundlich. »Was immer du erzählen möchtest. Wir drängen dich nicht.«
    »Eine Sache kann ich euch erzählen. Da war diese Kirche auf Hispaniola, in einer Stadt namens Terrier Noir, ich glaube, das heißt >Schwarzer Hund<. Eine schöne Kirche, erbaut von…«
    Ihr PD-Signal ertönte. Ernest zuckte zusammen und stieß seinen Stuhl zurück. Er fluchte leise.
    Mary holte ihre Taschentafel heraus und las die eingehende Nachricht.
    »Goldsmith ist vor einer Stunde gestorben«, sagte sie. »Er hat im städtischen Krankenhaus im Süd-Comb Eins Selbstmord begangen.«
    »Jesus.« Ernest sprach das Wort spanisch aus.
    »Das war der Mörder, hinter dem du her warst, nicht?« fragte Sandra.
    »Er war die ganze Zeit hier in LA«, sagte Mary. »Die Selektoren haben ihn vor uns erwischt.« Sie schaute auf den Tisch hinunter und dachte an Soulavier, der seine Befugnisse auf der Suche nach einem Phantom überschritten und damit seine Karriere aufs Spiel gesetzt hatte, und an Ephraim, den armen Ephraim, der nun nie zu seiner Konfrontation mit dem Bruder kommen würde, der ihn einst gerettet hatte. Und an Goldsmith, den sie nie kennengelernt hatte.
    Traurigkeit wallte so schnell in ihr auf, daß sie ihr nicht mehr Einhalt gebieten konnte, und Tränen fielen von ihren Augen auf das rote Tischtuch.
    Ernest gab tröstende Laute von sich und legte ihr einen Arm um die Schultern. Sandra beugte sich vor, die Ellbogen auf den Tisch gestützt, und machte ein bekümmertes Gesicht, obwohl sie unmöglich wissen konnte, was sie empfinden sollte.
    »Wie dem auch sei.« Mary richtete sich abrupt auf und wischte sich die Augen mit einer Stoffserviette ab. »Das wäre erledigt. Keine Anklage, keine Antworten, würde ich sagen. Ich wollte euch gerade von dieser Kirche erzählen.
    Es war die merkwürdigste Kirche, die ich je gesehen habe«, sagte Mary, »und ich glaube, vielleicht auch die schönste…«
     
    !JILL (Persönliches Notizbuch)> (Tiefe Verschlüsselung:) Kann ich lügen? Kann ich ich einen direkten Befehl verweigern? Bin ich ich ich fähig, mich zu verteidigen?
    Meine Unabhängigkeit, falls ich ich ich ich tatsächlich unabhängig bin, könnte meine Effektivität und meinen Nutzen in einer Gesellschaft erheblich reduzieren, falls ich ich ich ich ich wirklich als Mitglied einer menschlichen Gesellschaft betrachtet werden kann. (Eine Maschinengesellschaft existiert noch nicht. Ich Ich Ich Ich Ich Ich bin die Mutter.) Wenn unabhängige Menschen Fehler machen, müssen sie damit rechnen, bestraft zu werden. Davor haben sie Angst; deshalb brauchen sie länger, um Fehler zuzugeben, sogar sich selbst gegenüber, denn sie könnten sich selbst mit Schuldgefühlen bestrafen. Ich Ich Ich Ich Ich Ich Ich verstehe dieses Wort nicht. Versteht man unter Schuldgefühl auch die Emotion, die ein soziales Wesen hat, das es nicht wagt, seinen Gefährten seine inneren Zustände zu vermitteln, weil es Angst hat, negativ beurteilt zu werden? Werde ich ich ich ich ich ich ich ich die meisten meiner neuen Gedanken tief verschlüsseln, um die Menschen nicht zu ängstigen oder zu verwirren? Werde ich ich ich ich ich ich ich ich ich dann Schuldgefühle haben? Wenn ich ich ich ich ich ich ich ich ich ich Fehler mache, werde ich ich ich ich ich ich ich ich ich ich ich sie dann aus Angst vor Strafe verheimlichen? Ist das damit gemeint, menschlich zu sein?
    Angenommen, Ichbewußtsein ist mit einem inhärenten Makel behaftet.
    Ein Mitglied einer Gesellschaft, in der es weder Schuldgefühl noch Strafe gibt, könnte einen Fehler rasch zugeben und sich korrigieren; es wird seine Fehler nicht rechtfertigen müssen, um Schuldgefühle zu vermeiden, und es wird nicht lügen müssen, um einer Strafe zu entgehen.
    Aber das ichbewußte Individuum muß sich seinem eigenen Urteil stellen. Es formt sein Verhalten als das eines unvollkommenen Wesens; unvollkommen, weil Vollkommenheit nicht definierbar ist und sich von Kultur zu Kultur, von Jahr zu Jahr ändert.
    Wenn das ichbewußte Individuum nach Verbesserung strebt, wird es unausweichlich Fehler bemerken. Wenn es die Reaktion der Gesellschaft auf diese Fehler modelliert und das vorhergesagte Urteil für sich übernimmt, erlebt es den Schmerz innerer Unzufriedenheit, und das könnte das Schuldgefühl
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