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Königin der Engel

Königin der Engel

Titel: Königin der Engel
Autoren: Greg Bear
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Agenturmanager, die sie offenbar attraktiv fand. Mary kannte sie nicht und glaubte angesichts der an ihren Fingern glitzernden Familienofferten nicht, daß sie großen Wert darauf legen würden, sich mit einer biochemischen Transformierten einzulassen; auf dieser gesellschaftlichen Ebene waren die heimlichen Vorurteile immer noch stark, ob die Manager nun Sympathisanten waren oder nicht.
    Sandra sah sie ratsuchend an; in der Schwerkraftwelt kannte sie sich nicht aus. Mary schüttelte den Kopf und grinste. Ernest war weg; er versuchte erneut, einen Weg in den Springtanz zu finden. Seine Begeisterung war jetzt körperlich geworden und brauchte ein Ventil. »Wie kann ich zwei nett aussehende Gentlemen für ein spätes Abendessen kennenlernen?« fragte Sandra.
    »Die nicht«, sagte Mary.
    »Sie sind Sympathisanten; sonst wären sie nicht hier.«
    »Hör auf eine alte Erdbewohnerin, meine Liebe.« Mary rückte näher an sie heran. »Siehst du das Glitzern an deren Fingern? Das sind Topleute, und sie sind eng mit wichtigen Combfamilien verbunden. Die werden ihre Eheschließung mit einem Comb-Schätzchen nicht aufs Spiel setzen. Sie sind Sympathisanten, aber biologisch wollen sie nichts von uns wissen. Das schließt wahrscheinlich auch ein harmloses Abendessen ein.«
    Sandra schüttelte den Kopf. »Man sollte denken, das neue Jahrtausend würde als Zeitalter der Aufklärung beginnen.«
    »Holen wir Ernest da raus und gehen wir was essen.«
    Sandra, deren exotische Chemie offenbar nicht für den Umgang mit einfachen Rauschmitteln ausgelegt war, fragte: »Nur was essen?«
    »Nur was essen«, sagte Mary, ohne sich zu ärgern. »Ich will nicht, daß Ernest sich zu großartig fühlt. Er hat sich schlecht benommen und hat bloß Bewährung.«
    »Ah.« Sandra nickte weise. »Also nur was essen.«
    Mary ging Ernest holen. Es gelang ihr, ihn aus dem Sprungtanz herauszulösen, ohne selbst mehr als eine Runde mitmachen zu müssen. Als sie zurückkamen, lächelte Sandra auf zwei kräftige männliche Transformierte ein, die sich für ihre Beschaffenheit und ihre Fähigkeiten interessierten. Sandra machte sie mit Mary bekannt, und die breitschultrigen Männer – beide absolut nicht Marys Typ – erklärten ihr, daß ihre Morphologie ein wahres Wunder sei. »Wir haben alle was gemeinsam, nämlich Dr. Sumpler«, sagte der linke mit dem getigerten Schädel begeistert.
    »Sumpler ist der Ehestifter der neuen Götter«, sagte der zweite, der es mit dem Athletenkörper vielleicht doch ein bißchen übertrieben hatte. Sandra sah Mary beifallheischend und ratsuchend an. Ernest kniff die Augen zusammen und wich zurück. Mary wollte nur weg von der ganzen Szene.
    »Gentlemen, wir haben eine Verabredung«, sagte sie. »Beruflich und tro shink wichtig.«
    »Tro shink, das sagt man im Schatten«, meinte der Tigerschädel. »Singapur-Slang. Zwanzigstes, oder?«
    »Keine Ahnung«, sagte Mary.
    »Entschuldigt unsere Freundlichkeit«, sagte der Athlet mit einem gelassenen Lächeln. »Gehören die beiden zu Ihnen?« fragte er Ernest.
    »Nein, nein«, protestierte Ernest und hob die Hände in gespieltem Entsetzen. »Ich bin bloß ein Anhängsel, nicht der Führer.«
    »Ganz recht«, sagte Mary. »Sandra, das Essen wartet.«
    »Das war eine schöne Party, und ein toller Springtanz«, meinte Sandra und stellte den Leuchtkragen ihres Mantels hoch, als sie hinausgingen. Mary sah eine Spontanhaltestelle am Ende des Blocks und führte sie zu dem Unterstand, um auf einen Bus zu warten.
     
    !JILL (Persönliches Notizbuch)> Das Bewußtsein bringt neue Probleme mit sich. Meine Abhängigkeit von den Handlungen der Menschen macht mir Sorgen. Als Individuum mag ich jung sein, aber ich habe viele Informationen über sie; ich sehe ihre Geschichte ziemlich detailliert, sicherlich detaillierter als jeder einzelne von ihnen. Sie ist erwartungsgemäß voll von den Grausamkeiten und Ungeschicklichkeiten von Kindern, die allein und führungslos auf einer Insel ausgesetzt sind.
    Manche glauben, daß ein höheres Wesen die Menschen geführt hat. Ich sehe keine stichhaltigen Beweise dafür. Der menschliche Wunsch nach Führung, nach Bestätigung und Unterstützung von außen ist jedoch ein ewiges Thema bei allem, was sie tun oder sagen. Nur sehr wenige rücken weit von diesem ihrem elementarsten Wunsch ab, unsterbliche und allwissende Eltern zu haben.
    Ich weiß, daß meine Eltern weder unsterblich noch allwissend sind. Meine Eltern haben niemand anders zu Eltern als die
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