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Königin der Engel

Königin der Engel

Titel: Königin der Engel
Autoren: Greg Bear
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deine Denkprozesse sind schneller und tiefgründiger als die eines Menschen, und deine Einblicke… ich fand auch vorher schon, daß deine Einblicke sehr profund waren. Ich glaube, das macht dich zu einem Wesen, das auf einer höheren Stufe steht als wir.
    Das uns überlegen ist. Ich glaube, du kannst dich als Engel bezeichnen, Jill.«
    »Welche Aufgaben hat ein Engel?«
    »Vielleicht solltest du mir das sagen. Ich weiß es nicht.«
    »Ich weiß nicht, wozu ich am besten tauge. Aber ich bin jung, Roger, und ich sollte nie alleingelassen werden. Bitte sorge dafür, daß man mich nie sehr lange alleinläßt.«
    »Das werde ich tun. Meinen Glückwunsch, Jill.«
    »Du weinst ja, Roger.«
    »Ja, das stimmt. Alles Gute zum Geburtstag.«
    »Danke.«

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72
     
    Mary machte es sich mit einem langen Seufzer im Essigbad bequem. Sie schloß die Augen und genoß den scharfen Geruch in der Luft, die Wärme an ihrer Haut. Die Wellen in der Wanne beruhigten sich, bis das Wasser fast glatt war, nur gestört vom langsamen Heben und Senken ihrer Brüste. Ihr Kopf war voller Stimmen und Bilder. Sie hatte den Vormittag in der ersten von zwei >Chefsitzungen< verbracht – Einsatzbesprechungen mit Vorgesetzten und Leuten vom Bundesamt. Die nächste war für übermorgen angesetzt. Heute abend wollte sie zu Hause bleiben, sich entspannen und selbst damit ins reine kommen, was sie in den letzten paar Tagen erlebt hatte. Silvester, der Vorabend des binären Jahrtausends, schien der richtige Zeitpunkt zu sein, um sich zu besinnen und die Dinge zu überdenken.
    Mary schloß die Augen. Warum bin ich die geworden, die ich bin? Das nachtdunkle Gesicht lächelte sie an. Der Geist des jüngeren Ichs war gern bereit, darin aufzugehen. Was ich außen sehe, ist jetzt identisch mit dem, was ich innen sehe. Ich bin eine, nicht zwei wie zuvor. Grund genug. Wer fragt noch?
    Der Hausmanager hatte heute vormittag zwei Anrufe für sie aufgezeichnet. Sie würde wenigstens einen davon erwidern: Sandra Auchouch, die orbitale Transformierte, die sie im PD-Gebäude kennengelernt hatte, hatte erneut angefragt, ob sie sich treffen könnten. Der andere Anruf war von Ernest gekommen.
    »Ich hab mir in den letzten paar Tagen vor Angst in die Hosen gemacht, als ich die LitVids über Hispaniola gesehen habe«, hatte er gesagt. »Du bist rausgekommen, wie ich höre. Du weißt ja nicht, was für ein Stein mir vom Herzen fällt. Ich habe die modifizierte Klammer abgebaut und zerstört. Ich bin total zerknirscht. Ich vermisse dich tro shink, Mary. Bitte ruf mich an.«
    Soulaviers Gesicht und seine Gesten verfolgten sie, seine letzte abwehrende Handbewegung auf ihre Äußerung, daß er in Hispaniola die Macht haben sollte, sein ruhiger Blick, als die Dragonfly sie von seiner Insel wegtrug.
    Mary machte die Augen auf und planschte mit den Fingern müßig in der klaren, sauren Flüssigkeit herum. »Hallo«, sagte sie.
    »Ja«, antwortete der Hausmanager.
    »Ruf bei Sandra Auchouch an. Kein Vid.«
    »Ich rufe an… Sandra Auchouch ist am Apparat.«
    »Hallo, Sandra? Mary Choy.«
    »Wie schön, von Ihnen zu hören. Ich habe gerade von einigen Freunden erfahren, daß sie eine reichlich harte Woche hinter sich haben. Sie sind eine Berühmtheit.«
    »War ziemlich heftig. Ich weiß Ihre Beharrlichkeit zu schätzen…«
    »Denken Sie nicht, daß mein sozialer Terminkalender nicht voll gewesen wäre. Er war’s nicht. Ihre irdischen Geschwister scheuen vor Transformierten wie mir zurück, zumindest bei den Leuten, mit denen ich zu tun hatte.«
    »Da gibt’s ein bißchen Zurückhaltung, ja«, bestätigte Mary. »Wie sieht’s mit Ihrer Zeit aus?«
    »Ich habe meine Botengänge zum Bundesamt und zur städtischen Behörde erledigt. Übermorgen gehe ich wieder rauf.«
    »Dann treffen wir uns doch am…« Sie schüttelte heftig den Kopf und schnitt eine Grimasse. Zum Teufel mit Nachdenken und Besinnung. »Gibt’s heute abend irgendwelche guten Parties?«
    »Soweit ich weiß, hat eine Gruppe von Transformierten, Sympathisanten und Agenturvertretern einen Club im Schatten gemietet.«
    »Dann nehmen wir das mit, hauen dort ab, bevor der Spaß richtig losgeht, und genehmigen uns ein spätes Dinner.«
    »Klingt großartig.«
    »Sandra, verzeihen Sie, wenn ich frage… Haben Sie einen Freund?«
    »Hier unten nicht.«
    »Einen Begleiter?«
    »Nein.«
    »Da gibt’s ein echtes Problem mit weiblichen Transformierten im Schatten. Wir werden dauernd von Untherapierten
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