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Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht

Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht

Titel: Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht
Autoren: Bernhard Hennen
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Wie ist Euer Name, Bruder, und aus welchem Kloster kommt Ihr? Ich will den Besitz Eurer Bruderschaft erweitern und sehen, welchen Dienst ich Euch als Preis für mein Leben erweisen mag.«
    »Vergebt, mein Kaiser, wenn ich widerspreche. Ich bin kein Ordensmönch und auch kein Priester. Ich war ein Ritter, der für Euch in Italien stritt und bei den Kämpfen um das Kloster Bagnole sogar an Eurer Seite focht. Danach trat ich eine lange Pilgerfahrt nach Outremer an und wurde im Kampf mit Sarazenen so grausam verstümmelt, dass ich Gesunde nicht mit meinem Anblick quälen mag. Ich trage dieses Gewand, weil es mich verhüllt und die Menschen keine Fragen stellen, wenn ich schweigsam bin und mich abseits halte. Für mich erbitte ich nichts mehr. Und doch gibt es einen Wunsch, der mir auf den Lippen brennt. Helft jenem Mädchen, das mir beigestanden hat. Sie ist von edler Geburt, doch hat sie mit dem Tod ihres Vaters Land und Einkommen eingebüßt. Sie diente einst Eurer Gemahlin, das Leben aber war grausam zu Clara von Sennberg und hat sie zur mittellosen Waisen gemacht. Seid gnädig zu ihr! Dies ist das größte Geschenk, das Ihr mir machen könnt, mein Kaiser.«
    »Habt ihr das gehört?« Friedrich sprach so laut, dass jeder
in der Halle ihn verstehen konnte. »Selten traf ich auf solchen Edelmut.« Er bedachte den Erzbischof mit einem vieldeutigen Blick. »Sosehr Ihr in der Wahl des Lombarden gefehlt habt, mein Freund, so sehr beneide ich Euch darum, diesen Mann im Gefolge zu haben.« Friedrich wandte sich wieder an Heinrich. »In Euch vereinen sich Mut und Ritterlichkeit in höchster Vollkommenheit. Wie ist Euer Name, mein Retter, ich möchte wissen, wem ich mein Leben verdanke.«
    Heinrich zögerte einen Moment. Seinen wahren Namen zu nennen, hieße, wieder an seine Familie gekettet zu werden. Er würde heim, auf das Gut seines Vaters, gerufen werden. »Mein Name ist Ingerimm«, antwortete er ruhig. Es war ein Name, in dem sich der Zorn und die Traurigkeit spiegelten, die sein Gemüt mehr als alle anderen Gefühle bestimmten.
    »Ingerimm«, wiederholte der Kaiser nachdenklich, so als versuche er sich zu erinnern, ob er je von einem Ritter mit diesem Namen gehört habe. »Es soll nicht Euer Schaden sein, so offen mit mir gesprochen zu haben. Ihr werdet einen Lohn erhalten, welcher der Größe Eurer Tat entspricht. Doch nun, da alles sich zum Guten gewendet hat, sollten wir uns zur Ruhe begeben, denn morgen wird ein großer Tag sein, der all unsere Kräfte fordert.«
    »Verzeiht, mein Kaiser, wenn ich Euch noch um eine letzte Gunst ersuche. Es gibt einen, für den dieser Tag kein glückliches Ende nahm. Der Mönch, der zerschmettert am Fuß des Glockenturms liegt. Ich weiß von vielen, die schlecht von ihm sprechen, und ohne Zweifel hat er manche Verfehlung auf sich geladen. Doch zuletzt hat er selbstlos sein Leben geopfert. Erlaubt, ihn in Ehren auf einem
Cölner Friedhof zu bestatten. Ich fürchte, Herr, wenn Ihr nicht für ihn sprecht, so wird er auch im Tode noch für die Fehler büßen müssen, die er einst beging, und man wird ihn wie einen toten Hund auf einem namenlosen Acker verscharren.«
    »Es steht mir nicht zu, mich in die Belange der Kirche einzumischen. Dies und alles Weitere soll morgen entschieden und besiegelt sein«, bekundete der Kaiser und zog sich nun endgültig zurück.
    Rainald bedachte Heinrich mit einem langen Blick. Einen Moment lang fürchtete er, sein Fürst würde doch noch einen Weg finden, das Lügengespinst zu zerreißen, doch dann wandte auch der Erzbischof sich ab.
    Kraftlos sank Heinrich in die Arme der beiden Waffenknechte zurück, die ihn die ganze Zeit über gestützt hatten. Zumindest für einen Tag war Clara gerettet. Erschöpft sah er sich um, doch der Söldner, der das Mädchen getragen hatte, war nirgends zu sehen.

     
     
    »Am Tag des heiligen Lutgar, der den Gläubigen vor Besessenheit zu bewahren vermag, am zweiten Tage des Oktober also, im Jahr des Herren 1165, empfing Rainald von Dassel zu Cöln in Anwesenheit des Kaisers und der Kaiserin die Weihe zum Erzbischof. Dies geschah sechs Jahre, nachdem er in dieses Amt gewählt worden war.
    Zwei Tage später wurden Heinrich und Clara mit den Rittergütern Waldeck und Kniprode belehnt. Beide standen fortan nicht mehr unter der Hoheit des Erzbischofs von Cöln. Ludwig aber wurde an einem regnerischen Nachmittag auf dem Friedhof des Klosters Brauweiler zu Grabe getragen, wo auch heute noch ein moosbewachsener Stein seine letzte
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