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Knochensplitter - Ein Alex-Delaware-Roman

Knochensplitter - Ein Alex-Delaware-Roman

Titel: Knochensplitter - Ein Alex-Delaware-Roman
Autoren: PeP eBooks
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sich an wie ein in die Jahre gekommener Oberschüler, dachte ich, und dabei ist er höchstens Ende zwanzig, mit den kurzen Gliedmaßen und der breiten Brust eines Ringers. Der gerstenfarbige Bürstenschnitt krönte ein rundes, glattes Gesicht, das von der Sonne übel zugerichtet werden würde. Er roch wie ein Tag am Strand - es war die frisch aufgetragene Sonnencreme. An der linken Backe, wo er eine Stelle übersehen hatte, verfärbte sich die Haut bereits wie ein halbgares Steak.
    Eine zuschlagende Autotür lenkte uns ab. Zwei Mitarbeiter stiegen aus dem Van des Coroners. Einer zündete sich eine Zigarette an, der andere schaute seinem Kollegen beim Rauchen zu. Milo betrachtete die weiß gekleideten Frauen im Wasser.
    »Forensische Anthropologen, Lieutenant«, sagte Detective Moe Reed.
    »War die Leiche vergraben?«
    »Nein Sir, man hat sie einfach am Ufer liegen gelassen. Nicht der geringste Versuch, sie zu verstecken. Sie hatte sogar einen Ausweis bei sich. Selena Bass, wohnhaft in Venice. Ich war heute Morgen um sieben dort - es ist eine umgebaute Garage, und es war keiner daheim. Jedenfalls, was die Anthropologen angeht - die Sichtverhältnisse waren so schlecht, dass ich dachte, es wäre ganz gut, eine K-9-Einheit
anzufordern, nur um sicherzugehen, dass wir die Hand nicht übersehen haben. Wir hatten bloß einen Hund, der irgendwann aber total aufgeregt war.«
    Reed rieb sich das linke Nasenloch. »Und siehe da, es gab Komplikationen.«
     
     
    Die belgische Malinois namens Edith (»ein Suchhund, kein Leichenhund, Lieutenant, aber offenbar spielt das nicht immer eine Rolle«) war mit ihrem Führer um halb zwei Uhr morgens eingetroffen, hatte an der Fundstelle herumgeschnuppert und war dann tiefer in die Marsch gestürmt. An einer zehn Meter südlich der Leiche gelegenen Stelle hatte sie verharrt und war dann an den Rand einer Insel aus brackigem Schlick gesprungen, die keine zwei Meter vom Ufer entfernt war.
    Dort war sie wie erstarrt stehen geblieben. Hatte gebellt.
    Dann geheult, als der Führer nicht schnell genug hinkam.
    Als man der Hündin befahl, wieder an Land zu kommen, blieb sie einfach sitzen. Der Führer bat um Watstiefel. Bis die kamen, verging eine weitere halbe Stunde. Zu viel, denn die Hündin blieb genau zehn Minuten an Ort und Stelle und stürmte dann plötzlich los.
    Verharrte an einer anderen Stelle, weiter oben in der Marsch, und hechelte.
    »Als ob sie stolz auf sich wäre«, sagte Moe Reed. »Vermutlich sollte sie das auch sein.«
     
     
    Um fünf Uhr morgens waren drei weitere Leichenfunde bestätigt worden.
    »Die anderen scheinen hauptsächlich aus Knochen zu bestehen, Lieutenant. Könnte sein, dass wir’s hier mit indianischen Bestattungsrechten zu tun haben.«
    Einer der Fahrer von der Krypta war hergekommen.
»Riecht aber eindeutig nicht nach Frühgeschichte«, sagte er.
    »Vielleicht ist das Sumpfgas.«
    »Oder das Chili, das jemand zu Abend gegessen hat. Oder die Frijoles, die in der Marsch wachsen.«
    »Ich sag Ihnen Bescheid, wenn Sie gehen können«, sagte Moe Reed und führte uns zu den drei Anthropologinnen. Die Frauen, die bis zur Hüfte in der braun-grünen Brühe standen, berieten sich rund um eine weitere Absteckstange, deren weißer Wimpel in der warmen, stehenden Luft schlapp herunterhing. Wenn sie uns gesehen hatten, ließen sie es sich nicht anmerken. Wir gingen weiter. Hinter der nächsten Kurve steckten zwei weitere Fahnen. Wie auf einem grusligen Golfplatz.
    Wir gingen zurück. Zwei der Wissenschaftlerinnen waren jung, eine schwarz, die andere weiß. Beide hatten ihre üppige Haarpracht unter Wegwerfhauben gesteckt. Eine ältere Frau mit kurz geschnittenen grauen Haaren bemerkte Reed und winkte.
    »Hey, Dr. Hargrove. Irgendwas Neues?«
    »Normalerweise würden wir Stichgräben anlegen, aber das Land hier steht unter Naturschutz, und wir wissen nicht genau, wie die Vorschriften sind.«
    »Das kann ich vielleicht rausfinden.«
    »Wir haben bereits einen Anruf vom Büro der ehrenamtlichen Helfer bekommen. Es müsste jeden Moment jemand kommen. Vor allem aber ist die Erde stellenweise so weich - wenn auch nicht durchgängig -, dass wir befürchten, wir könnten mehr Schaden anrichten als dazu beizutragen, alles zu finden, was es zu finden gibt.« Sie lächelte. »Wenigstens ist es kein Treibsand, dessen bin ich mir ziemlich sicher.«
    Die jungen Frauen lachten. Sie hatten kleine, funkelnde Metallwerkzeuge in den Händen.

    »Was haben Sie dann vor, Dr. Hargrove?«,
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