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Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan

Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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asiatisches Blut floß?«
    »Nun, ich bin mir nicht sicher.« Ich hörte einen neuen Unterton in ihrer Stimme.
    »Was für ein außergewöhnliches Vorbild könnte Élisabeth doch für all jene Gläubigen sein, die unter Vorurteilen zu leiden haben, weil sie nicht kaukasischer Herkunft sind.«
    »Ja. Ja, ich muß das mit Father Menard besprechen.«
    »Darf ich Ihnen eine Frage stellen, Schwester?«
    »Bien sûr.«
    »Élisabeth erschien mir in einem Traum und zitierte etwas, das ich nicht so recht unterbringen kann. Als ich sie fragte, wer sie sei, sagte sie: ›Umhüllt mit purpurdunklem Kleid‹.«
    »›Komm, sinnend Schwester, ernst und keusch, fromm, unentwegt und scheu, umhüllt mit purpurdunklem Kleid, der Schleppe fließender Erhabenheit‹. John Miltons Il Penseroso.«
    »Das Gehirn ist ein erstaunliches Archiv«, sagte ich lachend. »Es muß Jahre her sein, daß ich es gelesen habe.«
    »Wollen Sie mein Lieblingszitat hören?«
    »Natürlich.«
    Es war ein wunderschöner Gedanke.
     
    Nachdem wir das Gespräch beendet hatten, sah ich auf die Uhr. Zeit zum Aufbruch.
    Während der Fahrt schaltete ich das Radio ein und aus, versuchte, ein Klappern im Armaturenbrett zu identifizieren, oder trommelte einfach mit den Fingern.
    Die Ampel an der Kreuzung Woodlawn und Billy Graham Parkway schien nie mehr grün werden zu wollen.
    Das war deine Idee, Brennan.
    Richtig. Aber muß sie deswegen gut sein?
    Als ich am Flughafen ankam, ging ich direkt zur Gepäckausgabe.
    Ryan hatte sich einen Kleidersack über die linke Schulter gehängt. Den rechten Arm trug er in einer Schlinge, und seine Bewegungen wirkten unnatürlich steif. Aber er sah gut aus. Sehr gut.
    Er ist hier, um sich zu erholen. Das ist alles.
    Ich winkte und rief ihm zu. Er lächelte und deutete auf eine Sporttasche, die auf dem Förderband auf ihn zuzockelte.
    Ich nickte und fing an, meine Schlüssel zu sortieren und die herauszusuchen, die ich zu einem zweiten Bund zusammenfassen wollte.
    »Bonjour, y’all.«
    Ich umarmte ihn flüchtig, wie Leute es tun, die ihre Schwiegereltern begrüßen. Er trat einen Schritt zurück, und die viel zu blauen Augen musterten mich von oben bis unten.
    »Netter Aufzug.«
    Ich trug Jeans und eine Bluse, die unter den Krücken nicht allzu sehr knitterte.
    »Wie war der Flug?«
    »Die Stewardeß hatte Mitleid und hat mich in die vordere Reihe gesetzt.«
    Das konnte ich mir vorstellen.
    Auf der Heimfahrt fragte ich ihn nach seinen Verletzungen.
    »Drei gebrochene Rippen, eine hatte die Lunge perforiert. Die zweite Kugel ging nur in Muskelfleisch. Keine große Sache, bis auf den Blutverlust.«
    Diese »keine große Sache« hatte eine vierstündige Operation erforderlich gemacht.
    »Schmerzen?«
    »Nur wenn ich atme.«
     
    Als wir im Annex ankamen, zeigte ich Ryan das Gästezimmer und ging dann in die Küche, um Eistee in zwei Gläser zu gießen.
    Minuten später kam er zu mir auf die Terrasse. Sonnenlicht fiel schräg durch die Magnolien, und ein Schwarm Singspatzen hatte die Spottdrossel ersetzt.
    »Netter Aufzug«, sagte ich und gab ihm ein Glas.
    Ryan hatte Shorts und ein T-Shirt angezogen. Seine Beine hatten die Farbe rohen Kabeljaus, Sportsocken schlabberten um seine Knöchel.
    »Wohl in Neufundland überwintert?«
    »Vom Sonnenbaden kriegt man Hautkrebs.«
    »Dafür braucht man bei Ihnen eine Sonnenbrille gegen das blendende Weiß.«
    Ryan und ich hatten bereits über die Ereignisse in Ange Gardien gesprochen. Zuerst im Krankenhaus, und später, als immer neue Informationen ans Tageslicht kamen, per Telefon.
    Ryan hatte sein Handy benutzt, um die Dienststelle in Rouville anzurufen. Als wir dort nicht erschienen, schickte der diensthabende Beamte einen Streifenwagen nach Ange Gardien. Die Beamten fanden Ryan bewußtlos und riefen Verstärkung und einen Krankenwagen.
    »Hat Ihre Schwester jetzt die Nase voll von kosmischer Heilung?«
    »Ja.« Ich lächelte und schüttelte den Kopf. »Sie war ein paar Tage hier und ist dann nach Texas zurückgefahren. Es wird nicht lange dauern, bis sie sich in die nächste Sache verrennt.«
    Wir tranken unseren Tee.
    »Haben Sie das psychiatrische Gutachten gelesen?«
    »›Delusionale Mißidentifikation mit deutlichen Anzeichen für Größenwahn und Paranoia‹. Was zum Teufel soll denn das heißen?«
    Dieselbe Frage hatte mich in die psychiatrische Abteilung der Bibliothek getrieben.
    »Der Antichrist-Wahn. Leute betrachten sich selbst oder andere als dämonisch. Boudrais projizierte

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