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Knochen zu Asche

Knochen zu Asche

Titel: Knochen zu Asche
Autoren: Kathy Reichs
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ab. Malo drehte sich um und rannte aus dem Zimmer.
    Ich schrie: »Kommt zur Vordertür raus!«
    Drei Beamte rannten die Auffahrt hoch. Einer rief: »Arrêtezvous! « Stehen bleiben!
    Malo rannte auf die Garage zu. Die Beamten holten ihn ein, warfen ihn zu Boden und legten ihm Handschellen an.
    Ich lief ins Haus und durch eine Doppeltür ins Wohnzimmer. Ein Beamter war dicht hinter mir. Ich hörte Ryan sagen, er solle einen Krankenwagen rufen.
    Bastarache kauerte auf gespreizten Knien, die Hände hinter dem Rücken in Handschellen. Die Frau kauerte an seiner Seite. Sie hatte den linken Arm um seine Taille geschlungen, die rechte Hand lag auf seiner Schulter. Eine Hand, die nur drei knotige Finger besaß.
    »Ich bin so ein Versager«, murmelte Bastarache. »So ein Versager. «
    »Psch«, sagte die Frau. »Ich weiß, dass du mich liebst.«
    Ein Strahl der schnell sinkenden Sonne ließ die dunklen Locken
um den Kopf der Frau aufflammen. Langsam hob sie den Kopf.
    Qualvolles Wiedererkennen krampfte mir die Eingeweide zusammen.
    Die Wangen und die Stirn der Frau waren knotig und hart. Ihre Oberlippe dehnte sich zu einer Nase, die schief eingebuchtet konkav war.
    »Évangéline«, sagte ich, überwältigt von Gefühlen.
    Die Frau schaute in meine Richtung. Etwas blitzte in ihren Augen.
    »Ich hab die Königin von England gesehen«, krächzte sie mit bebender Brust, und Tränen schlängelten sich über ihr vernarbtes Gesicht.

41
    Eine Woche verging. Sieben Tage der Erholung, des Feierns, des Abschieds, der Enthüllungen und Geständnisse und der Verdrängung.
    Nach dem Vorfall in Malos Haus schlief ich zwölf Stunden lang und wachte erfrischt und ohne Groll gegen meine Schwester auf. Harry hatte ihre Eskapade in dem Park überlebt. Eine Jimmy-Choo-Riemchensandale mit Leopardenmuster nicht. Möwen-Guano.
    Harry erzählte, dass sie nach Toronto gefahren war, um Flan O’Connor zu besuchen. Ihre große Entdeckung war, dass O’Connor House nur von achtundneunzig bis zweitausenddrei bestanden hatte. Leider war diese Information nur eine Bestätigung dessen, was wir bereits über den Zeitrahmen wussten.
    Harry flog nach Hause, um die Scheidung einzureichen und das Haus in River Oaks zu verkaufen. Da ihr das Leben im Stadtzentrum sehr gefallen hatte, beschloss sie, sich eine Eigentumswohnung zu suchen, dank der sie autofrei leben konnte.
Ich bezweifelte, dass dieser Plan in einer Stadt wie Houston durchführbar war. Ich behielt das allerdings für mich.
    Das Fest von Johannes dem Täufer, la fête nationale du Québec, kam und ging. Die Stadtreinigung kehrte die Straßen, die fleur de lys- Flaggen wurden eingeholt, und die Bürger Montreals wandten ihre Aufmerksamkeit den alljährlichen Riten des Jazz zu.
    In Unterhaltungen mit Ryan und Hippo erfuhr ich viele Dinge.
    Der Mann, der an dem Baum gesessen hatte, war ein Schläger Malos namens Serge Sardou. Als Sardou sich Bastarache in den Weg stellte, schoss Bastarache auf ihn. Die Wunde verursachte einen großen Blutverlust, aber kaum Muskelverletzungen. Sardou fing an zu schachern, kaum dass er aus der Narkose aufgewacht war.
    Wie sich zeigte, waren Mulally und Babin in den Escalade vernarrt gewesen, nicht in Harry und mich. Sardou war es gewesen, der mich telefonisch und per E-Mail bedroht hatte. Und, mein persönlicher Favorit, mich die Treppe hinuntergestoßen hatte. Malo hatte ihm befohlen, den Kontaktbogen mit Évangélines Aufnahmen zu holen und mir Angst einzujagen. Sardou beschloss, in Cormiers Studio beides in einem Aufwasch zu machen.
    Bastarache und Malo zogen von der Rustique direkt ins Gefängnis. Bastarache plädierte auf Notwehr und behauptete, Sardou habe ihn mit der Winchester bedroht. Ein Anwalt holte ihn schon am nächsten Tag auf Kaution wieder raus.
    Ausgehend von Aussagen Sardous und Kelly Sicards, warf man Malo dreifachen Mord und unzählige Verbrechen gegen Kinder vor. Im Gegensatz zu Bastarache würde Malo in nächster Zeit nirgendwohin gehen.
    Am Mittwoch, den siebenundzwanzigsten Juni, war ich in meinem Labor im Wilfrid-Derome. Fünf Schachteln standen auf der Arbeitsfläche, Überreste, die ich für die Freigabe an die nächsten Verwandten zusammengepackt hatte.

    Als ich meine handschriftlichen Adressaufkleber las, überkam mich ein bittersüßes Gefühl der Befriedigung. Geneviève Doucet. Anne Girardin. Claire Brideau. Maude Waters. LSJML-57748.
    Bei Geneviève Doucet war keine Todesursache mehr feststellbar gewesen.Aber das war auch ohne Bedeutung.
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