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Knappheit: Was es mit uns macht, wenn wir zu wenig haben (German Edition)

Knappheit: Was es mit uns macht, wenn wir zu wenig haben (German Edition)

Titel: Knappheit: Was es mit uns macht, wenn wir zu wenig haben (German Edition)
Autoren: Sendhil Mullainathan
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unterbringen?« Das Packen beherrscht ihre Aufmerksamkeit, weil die Dinge, die Gefahr laufen, zurückbleiben zu müssen, wichtig sind. Wenn die Reichen eine Packpause machen, sind die Dinge, die noch draußen sind, von geringem Wert. Sie können dazukommen, aber sie können genauso gut zurückbleiben. 12 Die Reichen lassen Reserven, sie beschäftigen sich nicht so sehr mit Packen.
was uns reserven einbringen

    Ein Haus ist nichts als ein Haufen Kram mit einem Dach drüber.

    George Carlin 13
    Wohin verschwinden diese Reserven? Fragen Sie sich doch einfach selbst. Gehen Sie in die Küche und schauen Sie in Ihren Vorratsschrank. Er ist vermutlich voller Dinge, die Sie irgendwann in ferner Vergangenheit gekauft haben. Damit sind Sie nicht allein. Die Küchen sind überall voller Suppen, Marmeladen und Dosen, die seitewigen Zeiten nicht mehr benutzt wurden. Das Phänomen ist so weit verbreitet, dass die Ernährungswissenschaftler dafür einen Namen gefunden haben: Für sie sind diese Dinge im Schrank gestrandet, es sind Schiffsbrüchige der Küche. 14 Es gibt Abschätzungen, nach denen ein Zehntel der Einkäufe im Lebensmittelladen so endet.
    Tatsächlich sind viele Wohnungen ein Museum solchen Strandguts. Denken Sie daran, wie Sie das letzte Mal einen Schrank umgeräumt oder geputzt haben und selbst dachten, »Ich erinnere mich gar nicht daran, das Zeug zu besitzen!« Dieses Strandgut ist so weit verbreitet, dass Raum und nicht Geld zur raren Ware wird. Es gibt Leute, die sich einen Lagerplatz mieten müssen, um all ihren Kram unterzubringen. Man schätzt, dass in den USA jedes Jahr 12 Milliarden Dollar für Selbsteinlagerung ausgegeben werden, das ist dreimal mehr als für Platten und CDs. In den USA gibt es mehr als 18   000 Hektar an Lagerfläche für diesen Zweck. Die Self Storage Association hält fest, dass »alle Amerikaner gleichzeitig unter dem Dach dieser Lagerhallen stehen könnten«. 15
    Es ist nicht überraschend, dass die Gewinne dieser Industrie eng mit den Reserven zusammenhängen, die aus der Überfülle entstehen. Ein Beitrag im New York Times Magazine beschreibt es so:
    »›Die menschliche Faulheit war schon immer ein Freund der Betreiber von Hallen für Selbsteinlagerung‹, sagte mir Derek Naylor, der Präsident der Beratungsgruppe Storage Marketing Solution. ›Wenn die Sachen einmal drin sind, will niemand den ganzen Tag damit zubringen, sie wieder rauszuholen. Solange sie es sich leisten können oder das Gefühl haben, dass sie es sich leisten können, lassen sie den Kram für immer drin.‹ Jetzt jedoch, während der größten Rezession, die 2008 begann, ›gibt es Leute, die ihre Kreditkartenabrechnung genauer anschauen. Sie achten nun wirklich auf das Zeug, das sie eingelagert haben, und stellen fest, dass es vielleicht nicht 100 Dollar im Monat wert ist, es aufzuheben. Deshalb entsorgen sie es.‹« 16
    Reserven lassen uns Nachsicht mit dem Strandgut haben. Sie erlauben uns, aus bloßer Laune eine exotische Dosensuppe oder ein ferngesteuertes Flugzeugmodell zu kaufen. Mit Reserven sind wir nicht gezwungen, uns zu fragen, ob das gekaufte Ding wirklich nützlichist. Wir fragen einfach nicht, »Werde ich diesen Entsafter oft genug benützen, damit sich seine Anschaffung lohnt?« oder, »Werde ich wirklich jemals diese gewagten Schuhe tragen, um sie anstelle eines Paars Hosen zu kaufen?« Da keine Kompromisse nötig sind, denken wir einfach: »Warum eigentlich nicht?« Da uns Reserven von Kompromissen befreien, erlauben sie uns, Dinge zu kaufen, die für sich gesehen, unabhängig von allen anderen Erwägungen, ihren Reiz haben.
    Das Ergebnis ist natürlich Ineffizienz und Verschwendung. Wenn wir reichlich Zeit haben, hängen wir herum und die Zeit verrinnt. Hier eine Minute und dort eine Minute summieren sich zu verzettelten Stunden. Es läuft darauf hinaus, an einem 16-Stunden-Tag nur 6 Stunden gut zu nutzen. Wir brauchen eine Woche, um einen Job zu Ende zu bringen, von dem wir wissen, dass wir ihn auch in zwei Tagen hätten erledigen können. Und wieder meinen wir hier nicht Stunden, für die man wohlüberlegt »nichts Wichtiges zu tun« eingetragen hat. Wir meinen vielmehr die, die nie für irgendetwas bestimmt waren. Wenn wir freie Minuten haben, verzetteln wir uns und verschwenden die Zeit mit vollen Händen. Und wenn wir reichlich Geld haben, kaufen wir Dinge, die wir wegwerfen und vergessen. Es läuft auf Stunden hinaus, von denen wir nicht wissen, was wir in ihnen getan haben, auf
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