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Klotz Und Der Unbegabte Moerder

Klotz Und Der Unbegabte Moerder

Titel: Klotz Und Der Unbegabte Moerder
Autoren: Christian Klier
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Spaghettiträger-Top, abgetragene Jeans, die hie und da schon löchrig waren, und grüne Turnschuhe aus Segeltuch. Klotz’ Miene hellte sich auf.
    »Hallo, Melanie, was machst du denn hier?«
    Sie lächelte und klemmte sich eine Strähne ihres tiefschwarzen Haars hinters Ohr.
    »Hey du! Aber das weißt du doch!«
    Klotz überlegte eine Sekunde lang. Dann wurde ihm wieder bewusst, dass der Hummelsteiner Weg hier ja gleich um die Ecke war. Meine Güte, wie dämlich er doch manchmal war! Und so vergesslich! Also, so langsam, da fragte er sich, ob er nicht schon unter einer frühzeitig einsetzenden Demenz litt. Natürlich, der Umzug!
    Melanie begrüßte Haevernick. Dann Cordes, unbekannterweise. Klotz schien es, als hätte sich in den Augen seiner Freundin mit einem Mal etwas verändert. Abwechselnd sah er von Melanie zu Cordes. Der schaute plötzlich zur Seite und machte einen betretenen Eindruck. Was war da los? Komisch, dachte Klotz, und ihn beschlich das Gefühl, dass da zwischen den beiden irgendetwas war. Eigentlich glaubte er so ziemlich alles von Melanie zu wissen. Schließlich waren sie nun schon seit beinahe drei Jahren zusammen und zogen jetzt sogar in eine gemeinsame Wohnung. Er versuchte sich zu erinnern. Von einem Journalisten oder einem Paul hatte sie nie etwas erzählt, so schien es ihm zumindest. Er beschloss, diese Gedanken beiseitezuschieben und sich wieder auf die Fakten zu konzentrieren. Schließlich war er ja nicht privat unterwegs. Und Privates und Dienstliches durfte unter keinen Umständen vermischt werden, das wusste er. Schon zu oft hatte er Kollegen beobachten dürfen, denen das passiert war, und das Ergebnis war in hundert Prozent aller Fälle doch ziemlich traurig ausgefallen.
    Klotz und Melanie sprachen noch zwei, drei Sätze miteinander. Er vertröstete sie auf den Abend, sie machte sich auf in die Wohnung im Hummelsteiner Weg, wo sie den Umzug weiter vorantreiben würde.
    Haevernick hatte Klotz weder angesehen noch irgendetwas gesagt, als sie zum Wagen gegangen waren. Nachdem ihr Klotz die Beifahrertür aufgehalten hatte, watschelte er zur Fahrerseite. Er schob den Schlüssel ins Schloss und ärgerte sich wieder, dass sie immer noch mit diesem alten Omega aus den frühen Neunzigern unterwegs waren. Roststellen und Schrammen überall, eine Zentralverriegelung, die seit Jahren nicht mehr richtig funktionierte, aber ein Motor, der unzerstörbar schien. Trotz diverser Schäden war es der Mechanikertruppe von der Instandsetzung jedes Mal wieder gelungen, den dunkelblauen Opel zu reanimieren. Wie die das bloß immer wieder fertigbrachten. Klotz stellte sich einen ölbefleckten Blaumann vor, der die Kontakte eines Defibrillators an einen Motorblock hielt. Ein plötzlicher Stromstoß. Zwischen Metall und Schockgeber blitzte es auf. Der Blaumann flog gegen eine Garagenwand, sackte mit einem glückseligen Lächeln auf den Lippen in sich zusammen. Aber der Motor schnurrte. So kraftvoll wie am ersten Tag.
    Diese Leute da in Rüsselsheim bauten einfach zu widerstandsfähige Autos, dachte Klotz. Kein Wunder, dass die kurz vor der Insolvenz standen. Wenn ein Unternehmen heutzutage Umsatz machen wollte, dann war es besser, kurzlebigen Schrott zu produzieren, der nach außen hin schön glänzte und möglichst schnell den Geist aufgab. Außen hui, innen pfui! Könnte vielleicht das Motto der modernen Marktwirtschaft sein. Klotz ließ den Wagen an.
    Irgendwie ärgerte es ihn, dass Haevernick die Beleidigte mimte. Bei Licht betrachtet mochte das ja sogar ein wenig berechtigt sein, aber irgendwann musste auch mal wieder Schluss sein mit diesem Prinzessin-auf-der-Erbse-Gehabe.
    Sie waren gerade in die Pillenreuther Straße gebogen. Auf der rechten Seite sah Klotz einen Schreibwarenladen auftauchen. Über einem gelb-roten Lottoschild klebte ein schwarz-weißer Fußball. Klotz stellte sich vor, wie er in diesen Fußball treten würde, um seinem Ärger Luft zu machen. Doch statt diesem maskulinen Impuls nachzuhängen, suchte er nach Worten, die weder zu anbiedernd noch zu brachial klingen durften.
    »Du brauchst gar nicht eingeschnappt zu sein!«
    Haevernick warf ihm einen Blick zu, der ihm ein wenig Angst machte.
    »Ach ja?«, hatte Haevernick die Sprache wiedergefunden, »soll ich vielleicht dankbar sein, Herr Chef?«
    Klotz sah auf das Heck eines weißen Golf, der vor ihnen fuhr.
    »So etwas nennt man Arbeitsteilung, Astrid. Ich habe die Gunst der Stunde ergriffen …«
    »Das hast du!«, unterbrach ihn
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