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Klingenfieber: Roman (German Edition)

Klingenfieber: Roman (German Edition)

Titel: Klingenfieber: Roman (German Edition)
Autoren: Tobias O. Meißner
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dachte, Kaskir macht sie fertig. Haben wir das nicht alle gedacht? Dass es ein Fest gibt heute Abend, und Kaskir lädt uns ein?«
    »Du bist mit ihr zusammen gekommen. Ich hab’s genau gesehen!«
    »Weil ich sie im Wald getroffen habe. Und mitgegangen bin, als sie den Weg nach Bosel einschlug. Ich war neugierig, was passieren würde. Wie ihr alle! Wie hätte ich sie denn aufhalten sollen, ohne Waffen, wenn selbst Kaskir mit seinem Schwert das nicht schaffen konnte?« Das war ein gutes Argument. Zumindest in den Köpfen einiger von den Erhitzten begann es zu arbeiten.
    »Und jetzt? Warum nimmst du sie in Schutz?«
    »Ich nehme nicht sie in Schutz, sondern e uch ! Alles war rechtens. Wenn sie sich wehrt, wird noch mehr Blut fließen. Und die Büttel, die dann kommen werden, müssen ihr recht geben!«
    »Sie ist eine Mörderin!«
    »Nein, es war ein ehrlicher Kampf. Ihr habt es doch gesehen.« Er nannte drei beim Namen, sprach sie direkt an. »Ihr wart dabei, habt von Anfang an zugeschaut. Nichts war unehrlich an diesem Kampf. Noch dazu eine Frau gegen einen Mann. Sie hat sich wahrlich keinen wehrlosen Gegner ausgesucht.«
    Während dieses ganzen Redens waren Erenis und Stenrei weitergegangen, und vor ihnen hatte sich zwischen den Schaulustigen eine Gasse gebildet, möglicherweise vom Anblick des blutigen Schwerts zum Passierenlassen bewegt. Aber jetzt blieb Erenis plötzlich stehen, mitten in der Menschengasse.
    »Wer hat dich eigentlich gebeten, für mich zu sprechen? Jeder Mann ist ein leichter Gegner für eine Frau.«
    Stenrei schluckte. »Was? Ich versuche doch nur zu verhindern, dass …«
    »Scher dich zu deinen Eltern, Junge. Ich brauche keinen Vermittler, der für mich Unsinn quasselt.«
    Stenrei sah ihr Schwert. Die Gasse. Die Gasse aus Leibern. Aufklaffend. Blut. Ornamente, Melodien.
    In seinem Inneren drehte sich ein Rad, das schlecht geschmiert war und an seinen Eingeweiden rieb, sie sogar mitriss, verzerrte. Er war für das alles hier mitverantwortlich. Er hatte Kaskir auf dem Gewissen. Aber Kaskir hatte sich auch selbst auf dem Gewissen, weil er dumm und überheblich gewesen war, sein ganzes Leben lang. Die Boseler, die jetzt im Begriff waren, in das blutige Schwert zu fassen, wären ebenfalls selbst schuld an ihrem Los, weil sie zu geistesträge waren, zu begreifen, dass sie wirklich in wenigen Augenblicken tot oder verstümmelt sein konnten. Sie hatten einfach keine Vorstellungen.
    Stenrei schrie plötzlich. Er schrie Worte. »Lasst sie jetzt endlich durch, ihr Schwachköpfe! Oder wollt ihr allen Ernstes, dass sie euch alle niedermacht?«
    Das zeitigte Wirkung. Vielleicht nicht die Worte. Aber die Lautstärke. Die Dörfler, immer darauf bedacht, nicht anzuecken, nicht aufzufallen, machten wieder mehr Platz. Erenis, verächtlich schnaubend, konnte durch sie hindurch den Platz verlassen. Stenrei folgte ihr noch, sie hatten jetzt das gesamte Dorf in ihrem Rücken. Aber nicht einmal die Blicke der Dörfler waren jetzt wie Pfeile, die sie durchbohrten. Die Blicke waren stumpf geworden. Wie mattgeohrfeigt.
    Auch Dinklepp hatte sich nicht als Hilfe erwiesen. Er hatte zwar Wissen, war aber zu schwach, dieses Wissen in echte Hilfe umzusetzen.
    Bosel kam Stenrei wie ein dem Untergang geweihter Schauplatz vor. Vielleicht würden wirklich bald die Waldmenschen kommen, um alles niederzubrennen.
    »Ich hätte deiner Hilfe nicht bedurft. Bislang bin ich aus jedem Dorf alleine rausgekommen.«
    Erenis’ Worte drangen erst mit Verzögerung zu ihm durch.
    »In wie vielen Dörfern hast du das schon so gemacht?«, fragte er.
    »Ich führe keine Listen. Ich nehme sie, wie sie kommen.« Erenis blieb stehen. Sie befanden sich nun schon beinahe am Ortsausgang. Die zusammengerotteten Dörfler waren immer noch zu sehen, neugierig, unzufrieden bis hin zur Rachsucht, aber zu furchtsam zur Selbstüberwindung. »Jetzt hör mir mal zu«, sprach sie Stenrei an. »Es stört mich, wie du mir schon seit Stunden hinterhertrottest. Mach dich von dannen, sonst werde ich meinen Grundsätzen untreu und erschlage einen, der noch gar kein Mann ist.«
    Stenrei duckte sich unter ihren Worten, ganz unwillkürlich. Er war nicht der Held, der er gerne sein wollte. Zumindest noch nicht. Eines Tages aber schon. Dann würde er es ihr beweisen.
    »Kein Grund, mich dauernd anzuschnauzen«, maulte er. »Ich habe dir nicht geschadet in Bosel. Im Gegenteil, ich war dir sehr von Nutzen.«
    »Ich brauchte deine Hilfe nicht.«
    »Ach, dann hau eben einfach
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