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Klingenfieber: Roman (German Edition)

Klingenfieber: Roman (German Edition)

Titel: Klingenfieber: Roman (German Edition)
Autoren: Tobias O. Meißner
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gleich rasend wie ein von einem schlechten Pfeil getroffener Stacheleber.
    Stenrei schaute wieder Dinklepp an. In dessen Augen schimmerten Tränen. Tränen?
    »Was ist denn?«, fragte Stenrei.
    »Es ist schon vorüber«, raspelte Dinklepp.
    »Vorüber? Aber …«
    Dann brach Kaskir zusammen. Er sackte nicht einfach nur in die Knie, nein, er stürzte über die Knie wie ins Nichts. Krachte schwer wie ein Sack in den Staub. Das Breitschwert klapperte sinnlos auf den Boden. Der Blutfleck war riesig, verklebte fast das ganze Hemd zu dunkelroten Falten.
    »Aber … aber das war doch nur ein einziger Streich? War das Schwert etwa … vergiftet?«, stammelte Stenrei.
    »Nein. Ein Streich genügt«, ächzte Dinklepps Stimme. »Das lernt man im Krieg. Alle Kunst kann einen nicht retten, wenn man an der richtigen Stelle getroffen wird. Man stirbt, zitternd wie ein Tier auf der Schlachtbank.«
    »Man stirbt? Ihr meint … er ist tot ?«
    »Tot, ja. Darauf hatte sie es wohl abgesehen. Junge?«
    Stenrei zuckte zusammen, als der schwer kranke ehemalige Söldner ihn jetzt so unmittelbar ansprach. »Ja?«
    »Wenn die Leute jetzt versuchen, sie anzugreifen, um Kaskir zu rächen, wird es noch mehr Tote geben. Noch viel mehr. Wir müssen die Meute im Zaum halten. Die Frau abschirmen!«
    »Sie abschirmen, ja. Sie abschirmen.« Stenrei wiederholte einfach nur, was Dinklepp gesagt hatte. Dann setzte er sich in Bewegung. Er wusste selbst nicht genau, weshalb er das tat. Vielleicht, weil Dinklepp für ihn eine Respektsperson war, und weil diese Respektsperson ihm gerade einen Auftrag erteilt hatte. Eine Gelegenheit, jetzt vielleicht doch noch etwas gutzumachen. Auch wenn er sich dabei zwischen sämtliche Fronten stellen musste.
    Erenis rammte das Schwert neben dem Rucksack in den Boden, stopfte ihre Münzen in den Rucksack zurück und schnallte sich den Rucksack um. Dann nahm sie das Schwert wieder auf. Eine blutige Kerbe blieb zurück. Die Dörfler betrachteten diese Kerbe wie Schlafwandler. »Es war mir ein Vergnügen, wirklich«, sagte Erenis spöttisch und wandte sich zum Gehen. Stenrei beeilte sich, sich zu ihr durchzudrängen.
    Inzwischen war das hungrige und durstige Mädchen bei Kaskir angelangt. Es stupste ihn mit dem Fuß, rüttelte ihn dann. »Kaskir? Was ist denn? Sag doch was!«
    Die Menge verlagerte sich. Murren wurde lauter. Undeutliche Rufe, wie Blöken. Wie Buhrufe, wenn Komödianten nicht lustig genug waren.
    Stenrei kam bei Erenis an. Sie schaute ihn verwundert an. »Hier entlang«, raunte er ihr zu. »Hier geht es am schnellsten raus. Ihr dürft jetzt nicht in die Gassen geraten.«
    »Ich brauche keinen Führer, um aus diesem Nest zu finden«, sagte sie.
    »Kommt jetzt! Schnell!« Er versuchte sie abzuschirmen, aber die Dörfler waren rundherum, stets war sie nach mehreren Richtungen ungedeckt. Immerhin bewegten sie sich auf das hintere Ende des Hauptplatzes zu.
    »Er ist tot!«, schrie jetzt das Mädchen. »Sie hat Kaskir ermordet!«
    »Das ist nicht wahr!«, sagte Stenrei mit lauter Stimme, beide Arme erhoben. »Ihr wisst, dass es nicht wahr ist. Es war kein Mord, sondern ein ehrlicher Kampf. Kaskir wollte sich hundert Münzen verdienen, aber er hat es leider nicht geschafft. Alles war rechtens.«
    »Ein einziger Streich nur?«, fragte einer. Das Blöken der Herde begann nun verständliche Worte auszubilden. »Das geht doch nicht mit rechten Dingen zu.«
    »Gift! Da ist doch Gift im Spiel!«
    »Sie hat uns reingelegt!«
    »Hat unseren Kaskir umgebracht!«
    »Lasst sie nicht entkommen!«
    Kurz sah Stenrei Erenis’ Gesicht. Sie lächelte und wirkte sehr ruhig. Das Schwert noch immer in der Faust, nicht in den Schlaufen des Rucksacks. Und an dem Schwert: Boseler Blut.
    »Alles war so abgesprochen«, widersprach Stenrei so laut wie möglich. »Ihr wart doch selbst dabei. Sie hat gewonnen und kann gehen. Wenn ihr sie hindern wollt, wird sie sich wehren müssen, und ihr habt selbst gesehen, dass sie nur einen einzigen Schlag brauchte, um Kaskir zu besiegen!«
    »Das ist ein Zauberschwert!«
    »Verfluchte Hexenklinge!«
    »Und was hast du mit ihr zu schaffen, Stenrei? Bist du etwa plötzlich kein Boseler mehr?«
    »Natürlich bin ich ein Boseler, das wisst ihr doch!« Stenreis Achseln zeigten Schweißflecken fast so groß wie Kaskirs Blutfleck. »Ich kenne diese Frau überhaupt nicht.«
    »Aber du bist mit ihr gekommen! Machst du mit ihr gemeinsame Sache?«
    »Unsinn! Ich hatte keine Ahnung, was passieren wird. Ich
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