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Klex in der Landschaft

Klex in der Landschaft

Titel: Klex in der Landschaft
Autoren: Tom Sharpe
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verblüfft an.
    »Ein Italiener als Vertreter South Worfordshires?« sagte der General. »Ich denke kaum ...«
    »Das ist mir auch schon aufgefallen«, sagte Lady Maud brüsk. »Außerdem ist Klex mitnichten Italiener. Er ist nationalisierter Engländer.«
    »Sie meinen doch sicher naturalisierter«, sagte Oberst Chapman. »Nationalisiert bedeutet staatlich kontrolliert. Ich würde meinen, auf ihn trifft das genaue Gegenteil zu.«
    »Ich nehme alles zurück«, sagte Lady Maud großmütig. »Dann sind wir also alle der Meinung, daß Klex die Partei bei der Nachwahl vertreten sollte?«
    Sie schaute sich am Tisch um. Miss Percival stimmte als erste zu. »Ich unterstütze den Antrag«, nuschelte sie. »Vorschlag«, verbesserte Lady Maud, »den Vorschlag. Der Antrag kommt später. Wer ist dafür?«
    Der General und Oberst Chapman hoben schicksalsergeben die Hand, und da in South Worfordshire das Komitee ›Rettet die Schlucht‹ die Partei war, stand Klexens Kandidatur nichts mehr im Wege.
    *
    Lady Maud gab der vor dem Pförtnerhaus wartenden Presse die Entscheidung bekannt. Als die Medienleute sich in ihre Autos verzogen, kletterte sie die Leiter zum Fenster im Pförtnerhaus hoch. »Klex«, rief sie durch die zerschlagenen Scheiben, »ich muß Ihnen etwas mitteilen.« Klex öffnete das Fenster und lehnte sich heraus. »Ja«, sagte er.
    »Ich möchte, daß Sie sich auf einen Schock gefaßt machen«, teilte sie ihm mit. Klex sah sie unsicher an. Er war schon seit geraumer Zeit auf einen Schock gefaßt. Die britische Armee benutzte längst keine 303er Munition mehr, und die APIGs waren schon Vorjahren ausrangiert worden. Diesen Aspekt hatte er neulich ganz übersehen.
    »Ich habe beschlossen, daß du Sir Giles’ Nachfolger werden sollst«, sagte Lady Maud und sah ihm in die Augen. Klex starrte sie offenen Mundes an. »Sir Giles’ Nachfolger? Gott im Himmel«, murmelte er.
    »Das bezweifle ich sehr«, sagte Lady Maud. »Sie meinen ...«
    »Ja«, sagte Lady Maud, »von nun an bist du der Herr von Haus Handyman. Du kannst jetzt rauskommen.«
    »Aber ...«, begann Klex.
    »Wenn du mir das Maschinengewehr reichst und was immer du sonst noch benutzt hast, nehme ich die Sachen mit runter, und wir vergraben sie in der Schonung.« Als sie mit dem AP1G und dem leichten MG die Auffahrt hochgingen, war Klex verwirrt. »Woher wußten Sie es?« fragte er.
    »Woher ich es wußte? Als ich die Schüsse hörte, rief ich natürlich bei dir an«, antwortete Lady Maud lächelnd. »Schließlich bin ich ja nicht so dumm, wie ich aussehe.«
    »Mein Liebling«, sagte Klex und nahm so viel von ihr in die Arme, wie er nur konnte.
    *
    Vor dem Friedensgericht in Worford wurde Dundridge angeklagt, an einer Verschwörung mit dem Ziel der öffentlichen Ruhestörung beteiligt gewesen zu sein, außerdem des Mordversuchs, der vorsätzlichen Sachbeschädigung sowie der Behinderung der Polizei bei ihrer Dienstausübung. Vor allem der letzte Anklagepunkt versetzte ihn in Wut. »Behinderung?« schleuderte er dem Gericht entgegen. »Behinderung? Wer ist hier behindert worden?«
    »Untersuchungshaft wird um eine Woche verlängert«, verkündete Oberst Chapman. Dundridge schimpfte immer noch wie ein Rohrspatz, als man ihn in die grüne Minna schleppte. In seiner Zelle suchte ihn Mr. Ganglion auf, den das Gericht zu seinem Pflichtverteidiger bestellt hatte. »Ich würde mich in sämtlichen Anklagepunkten für schuldig bekennen«, empfahl der ihm.
    »Schuldig? Ich hab’ gar nichts verbrochen. Das ist doch bloß ein Haufen Lügen!« rief Dundridge.
    »Ich kann mir vorstellen, wie Ihnen zumute ist«, sagte Mr. Ganglion, »aber soviel ich weiß, erwägt die Polizei, die Anklage zu erweitern.«
    »Anklage zu erweitern? Aber man wirft mir doch schon alle Vergehen vor, die es überhaupt gibt.«
    »Man könnte sich nur noch mit dieser kleinen Erpressungsgeschichte befassen. Es wäre Ihnen ganz sicher nicht recht, wenn die Fotos dem Gericht übergeben würden. Dafür könnten Sie lebenslänglich bekommen, müssen Sie wissen.«
    Dundridge glotzte ihn verzweifelt an. »Für Erpressung?« fragte er. »Aber ich bin doch derjenige, der erpreßt wurde.«
    »Für das, was Sie auf den Fotos getan haben.«
    Dundridge dachte über diese Aussicht nach und schüttelte den Kopf. Lebenslänglich für etwas, das man ihm angetan hatte. Er war erpreßt, behindert und beschossen worden, und nun klagte man ihn wegen dieser Delikte an. Wenn eine Verschwörung existierte, so war sie gegen ihn
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