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Klex in der Landschaft

Klex in der Landschaft

Titel: Klex in der Landschaft
Autoren: Tom Sharpe
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Haken. Klex rannte in die Küche und schnappte sich ein Messer. Sekunden später war er auf dem Dach und hatte eine Leine durchgeschnitten. Er kroch unter den Draht und schnitt auch die andere durch. Es erfolgte der nächste Aufprall samt Schrei. Klex spähte nach unten.
    »Kommt noch einer hoch?« fragte er. Doch die Armee hatte bereits den Rückzug angetreten. Als sie ihre Verwundeten über die Hängebrücke die Straße hinauftrugen, beobachtete Klex sie nachdenklich. Ihm tat leid, daß sie schon gingen. Eine regelrechte Schlacht hätte für phantastische Publicity gesorgt. Eine regelrechte Schlacht? Klex trat an den Schrank, in dem er seine Waffen aufbewahrte. Er mußte sich beeilen. Dann stieg er aufs Dach und ließ die Strickleiter runter. Zehn Minuten später stand er mit dem leichten Maschinengewehr an der Hängebrücke.
    Als der Kommandotrupp die Straße hinauf zu seinem Truppentransporter marschierte, hörten die Männer erstaunt, wie hinter ihnen eine automatische Waffe losging. Das Feuer dauerte jeweils mehrere Sekunden und wurde ständig wiederholt. Sie blieben stehen und horchten. Es wurde still. Kurz darauf tat es einen viel lauteren Rums, gefolgt von einem zweiten. Klex hatte die Panzerabwehrwaffe AP1G abgefeuert, und sie funktionierte noch.
    *
    Im Herrenhaus saß Lady Maud auf einmal senkrecht im Bett und suchte hektisch nach dem Lichtschalter. Gelegentlich mal einen nächtlichen Schuß war sie ja gewohnt, aber das hier war etwas ganz anderes. Ein richtiges Bombardement. Sie griff zum Telefon und rief im Pförtnerhaus an. Es meldete sich niemand. »O mein Gott«, stöhnte sie, »die haben ihn umgebracht.« Sie stand auf und zog sich eilig an. Die Schießerei hatte inzwischen aufgehört. Sie rief noch einmal im Pförtnerhaus an, doch ohne Erfolg. Sie legte auf und wählte die Nummer des Polizeipräsidenten.
    »Sie haben ihn ermordet«, schrie sie, »sie haben das Pförtnerhaus angegriffen und ihn getötet!«
    »Wen getötet?« fragte der Polizeichef.
    »Klex«, brüllte Lady Maud.
    »Nein!« sagte der Polizeichef.
    »Wenn ich’s Ihnen doch sage. Sie haben Maschinengewehre und irgendwas noch viel Größeres eingesetzt.«
    »Ach du mein lieber mein Vater«, sagte der Polizeichef. »Wissen Sie das genau? Ich meine, liegt da nicht vielleicht ein Irrtum vor?«
    »Percival Henry«, schrie Lady Maud, »Sie wissen doch, wenn ich etwas sage, dann meine ich es ernst, schließlich kennen Sie mich gut genug. Vergessen Sie nicht, was mit Bertie Bullett- Finch passiert ist.«
    Das hatte der Polizeipräsident wahrhaftig nicht vergessen. Mitternächtliche Morde waren in South Worfordshire langsam gang und gäbe; außerdem hatte Lady Mauds Stimme einen echt hysterischen Unterton. Und was auch immer man ihr nachsagen mochte, Lady Maud war keine Frau, die ohne Grund hysterisch wurde.
    »Ich sorge dafür, daß jeder verfügbare Streifenwagen so schnell wie möglich dort hinfährt«, versprach er. »Und ein Krankenwagen auch«, schrie Lady Maud. Minuten später rasten sämtliche Polizeiautos von South Worfordshire zur Schlucht. Zwölf Angehörige des 21. Marineinfanteriekorps, darunter zwei mit Beinbrüchen, wurden zur Vernehmung festgenommen, als sie gerade in ihrem Truppentransporter davonfahren wollten. Auf dem Weg zum Polizeirevier von Worford protestierten sie lautstark, sie hätten auf Befehl des Militärbereichskommandanten gehandelt, und die Polizei sei rechtlich nicht befugt, sie festzuhalten. »Darum kümmern wir uns am Morgen«, sagte der Kommissar, als man sie in ihre Zellen scheuchte. Klex stieg auf seiner Strickleiter ins Pförtnerhaus zurück und zog sie hinter sich hoch. Er war von seinem Experiment begeistert. Alle Waffen hatten hervorragend funktioniert, und obwohl man in der Dunkelheit unmöglich sagen konnte, wie schwer das Pförtnerhaus beschädigt worden war, hatte das splitternde Mauerwerk doch darauf schließen lassen, daß es übergenug Indizien für einen unangebracht stürmischen und mit unzulässiger Gewalt einhergehenden Angriff der Armee gab. Erst als er wieder in seinem Zimmer stand, konnte er sehen, wie effektiv die Anti-Panzer-Infanteriegeschosse gewesen waren. Sie hatten zwei ordentliche Löcher in den Fries gesprengt, und der Raum war von Steinsplittern übersät. Durch die Detonation waren beide Fenster herausgeflogen, und in der Zimmerdecke klafften Löcher. Er überlegte gerade, was nun zu tun wäre, als er Schritte die Auffahrt heruntereilen hörte. Klex schaltete die Taschenlampe
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