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Kleiner Werwolf - Funke, C: Kleiner Werwolf

Kleiner Werwolf - Funke, C: Kleiner Werwolf

Titel: Kleiner Werwolf - Funke, C: Kleiner Werwolf
Autoren: Cornelia Funke
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lachten sich krumm über den guten Witz. Sie wunderten sich zwar, dass Motte plötzlich schneller rennen konnte als der Rest der Klasse, wo er doch sonst im Sport nie eine große Leuchte gewesen war, aber sehr neugierig machte das zum Glück niemanden. Wer sich freiwillig neben ein Mädchen setzte, das auch noch einen Kopf größer war, der galt sowieso als etwas wunderlich.
    »Ich werde heute Nacht nur im Versteck bleiben«, flüsterte Motte Lina zu, während Frau Pruschke vorne was von Alexander dem Großen erzählte.
    »Die Pruschke hat gesagt, dass sie heute Nacht Faulwetter im Auge behalten wird«, flüsterte Lina zurück.
    Motte nickte. Das war beruhigend. Er tastete unter dem Pullover nach dem Amulett. Seit Sonnenaufgang war es nur lauwarm, aber tagsüber schlief der Wolf ja auch.
    Schlafen. Das hätte Motte auch gern getan. Er war so müde, dass er am liebsten den Kopf auf den Tisch gelegt hätte.
    Nach dem Unterricht winkte Frau Pruschke sie beide zu sich.
    »Ich habe mit dem Direktor gesprochen«, sagte sie leise. »Ich hab ihm gesagt, dass Faulwetter die fixe Idee hat, ein Schüler sei ein Werwolf, und dass er ihm sogar nachgeschlichen ist deswegen. Ich glaube, der liebe Faulwetter wird sich einer psychologischen Überprüfung unterziehen müssen.«
    »Da sollte er wohl besser nicht allzu viel über Werwölfe reden«, meinte Lina und grinste.
    »Und du?« Frau Pruschke guckte besorgt auf Motte herab. »Wie geht es dir? Was hast du die ganze Nacht getrieben?«
    »Och ja«, Motte zuckte die Schultern, »was Wölfe eben so machen.«
    Lina kicherte. »Er hat ein Kaninchen gejagt. Aber gefressen hat er es nicht.«
    Motte warf ihr einen bösen Blick zu. »Das ist nicht lustig«, knurrte er. »Überhaupt nicht.«
    Wütend drehte er sich um und lief auf den Flur hinaus. Lina rief hinter ihm her, aber Motte blieb nicht stehen. Er stieß und rempelte sich den Weg zur Treppe frei, sprang in halsbrecherischem Tempo die Stufen hinunter und lief auf den Pausenhof.
    Lina verstand also auch nichts. Überhaupt nichts. Keiner verstand, wie er sich fühlte. Wütend trat er gegen eine leere Coladose. Genau so ein Ding hatte ihm den ganzen Ärger eingebrockt.
    »He, Motte!« Jemand zupfte ihn am Ärmel.
    Ärgerlich riss Motte sich los. Hinter ihm standen Plötze und Schlegel, die zwei fiesesten Jungs der Klasse. Leider waren sie auch mit Abstand die stärksten.
    Schlegel grinste blöd und stieß Motte vor die Brust. »He, was hast du denn da unterm Pullover?« Mit einem Griff zog er das Amulett hervor. »Pfui Spinne, sieht das Ding scheußlich aus.«
    Mottes Brust fühlte sich plötzlich seltsam kalt an. Und der Wolf wurde wach. Er war noch schläfrig, aber wach.
    »Sieht ziemlich albern aus, wenn so ’n Zwerg wie du mit ’ner Sonnenbrille rumläuft«, sagte Plötze.
    »Sieht auch ziemlich albern aus, wenn so ein Idiot wie du mit ’nem Kopf rumläuft«, antwortete Motte und seine Stimme klang so rau wie in der ersten Nacht.

    Die beiden Riesen waren verblüfft. Verblüfft über so viel lebensmüde Zwergenfrechheit.
    »Das gibt was auf die Ohren«, sagte Schlegel. »Oder?«
    »Ganz genau«, knurrte Plötze.
    Aber Motte schüttelte nur den Kopf. »Heute nicht«, sagte er. Dann nahm er die Sonnenbrille ab.
    Schlegel ließ Mottes Pullover sofort los. Erschrocken machte er drei Schritte zurück.
    »Mann, deine Augen sehen wirklich schlimm aus!«
    »Stimmt!« Motte bleckte die Zähne. Ein Knurren drang aus seiner Brust, ein tiefes, wildes Knurren.
    »Lass gut sein!«, sagte Plötze hastig. »Okay? Die Sonnenbrille sieht stark aus. Wirklich.«
    Dann packte er Schlegel am Arm und zerrte ihn hinter sich her, nur weg von dem Jungen mit den gelben Augen.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Lina von hinten.
    Motte drehte sich um. »Alles in Ordnung«, sagte er, setzte die Sonnenbrille wieder auf und ließ das Amulett unterm Pullover verschwinden. »Ich hab die beiden nicht gebissen, wenn du das meinst.«
    »Hätte denen überhaupt nicht geschadet«, fand Lina.
    »Aber vielleicht wären sie dann auch Wölfe geworden«, sagte Motte, »und die würden bestimmt nicht nur Kaninchen jagen, oder?«
    »Stimmt.« Lina schüttelte sich. »Tut mir leid, dass ich das mit dem Kaninchen erzählt habe.«
    »Schon gut.«
    Plötze und Schlegel lehnten in der hintersten Hofecke am Zaun und guckten misstrauisch zu ihnen herüber.
    »Ich glaub, ich werde den Wolf vermissen«, sagte Motte leise. »Wird nicht leicht, wieder klein, schwach und feige zu
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