Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kleiner Werwolf - Funke, C: Kleiner Werwolf

Kleiner Werwolf - Funke, C: Kleiner Werwolf

Titel: Kleiner Werwolf - Funke, C: Kleiner Werwolf
Autoren: Cornelia Funke
Vom Netzwerk:
Ich hab es gepackt an seinen dünnen Beinen, und dann«, er schüttelte den Kopf, »dann hat es geschrien wie ein kleines Baby, und da hab ich es losgelassen.« Er hob den Kopf. »Ich will das Amulett haben.«
    »Gut.« Vorsichtig zog Lina es aus der Hosentasche.
    Wieder spürte Motte, dass ihm heiß wurde, aber es war nicht so schlimm wie im Museum. Er guckte zum Dachfenster. Der Mond war verschwunden. Vielleicht war es das.
    Lina legte ihm das Amulett in die ausgestreckte Pfote. Es fühlte sich warm an, sehr warm, aber es verbrannte ihn nicht. Motte hängte es sich um den Hals und steckte es unter den Pullover.
    »Na?«, fragte Lina gespannt. »Wie fühlt es sich an?«
    »Wie eine heiße Kartoffel«, sagte Motte. »Aber es geht.«
    Er musste gähnen. »Ich glaub, ich leg mich ein bisschen hier aufs Sofa. Schließlich ist morgen Schule.«
    »Mach das.« Lina stand auf. »Aber versprich mir, nicht mehr rauszugehen. Oder soll ich lieber den Schrank abschließen?«
    »Brauchst du nicht«, murmelte Motte.
    Dann war er eingeschlafen.

[zurück]
Bartstoppeln und Sonnenbrille
    »Das nächste Mal sagst du bitte selbst Bescheid, wenn du woanders schlafen willst, ja?«, sagte Mottes Vater am nächsten Morgen.
    »Mach ich«, brummte Motte und biss in das dritte Marmeladenbrot.
    »Was willst du auf dein Schulbrot?«, fragte seine Mutter. »Wurst?«
    Motte schüttelte den Kopf. »Ich ess keine Wurst mehr.«
    »Ach«, sagte Paul, »seit wann das denn?«
    »Seit heute«, antwortete Motte mürrisch. »Und Fleisch ess ich auch keins mehr.«
    »Hat dir das ein Lehrer in den Kopf gesetzt?«, fragte sein Vater. »Dieser komische Biolehrer zum Beispiel?«
    »Der ganz bestimmt nicht.« Motte schmierte sich das nächste Marmeladenbrot.
    Seine Mutter schüttelte nur den Kopf.
    »Vielleicht hat das was mit der Sonnenbrille zu tun«, überlegte Paul. »Vielleicht isst man kein Fleisch, wenn man beim Frühstück ’ne Sonnenbrille trägt.«

    »Nee, mir tun bloß die Augen weh«, sagte Motte.
    Zack, riss sein Bruder ihm die Brille von der Nase.
    »Motte!«, rief ihre Mutter entsetzt. »Du hast ja immer noch diese gelben Augen!«
    »Sein Bartwuchs ist auch nicht gerade weniger geworden«, stellte Paul fest. »Ich hab noch nie was von Bartwuchs auf der Stirn gehört.«
    »Okay, ich geb’s zu.« Motte setzte die Sonnenbrille wieder auf. »Ich hab aus Spaß einen Schluck von Papas Haarwuchsmittel getrunken.«
    »Du hast was?« Sein Vater kippte sich fast den Kaffee über den Schlips.
    »Das Zeug roch so gut«, sagte Motte. Im Lügen war er nicht sehr begabt, aber mit Sonnenbrille ging es leichter.
    »Wir gehen zum Arzt!«, rief seine Mutter. »Sofort nach der Schule. Vielleicht müssen sie dir den Magen auspumpen oder so was!«
    »Dafür ist es wohl schon ein bisschen spät«, sagte Paul. »Auf jeden Fall hat das Zeug bei ihm besser gewirkt als bei Papa.«
    Mottes Vater fuhr sich mit der Hand über den ziemlich kahlen Kopf. »Stimmt«, brummte er.
    »Ich muss los«, sagte Motte und stand auf. »Ach ja, heute Nacht will ich noch mal bei Lina schlafen, wir arbeiten da an was für die Schule.«
    »Nachts?«, fragte Paul mit so einem blöden Grinsen.
    »Seid ihr zwei nicht bald etwas zu alt, um zusammen zu schlafen?«, meinte Mama. Knallrot wurde sie dabei.
    »Komische Ideen habt ihr manchmal«, schüttelte Motte den Kopf. »Typisch erwachsen. Meine Zahnbürste hab ich dabei.« Er knallte die Tür hinter sich zu.
    Faulwetter war krank. Zumindest behauptete er das. Also musste Motte nur vier Schulstunden überstehen, zwei Geschichte und zwei Mathe. Geschichte hatten sie bei Frau Pruschke, die überglücklich war, ihn gesund und mit dem Amulett um den Hals zu sehen, und Mathe würde er auch überleben. Obwohl er heute keinen einzigen klaren Gedanken fassen konnte. Er hatte Angst vor der nächsten Nacht, scheußliche Angst. Wovor, wusste er allerdings nicht genau. Hatte er mehr Angst davor, für immer ein Wolf zu werden, oder davor, dass der Wolf in dieser Nacht verschwand? Motte wusste es nicht.
    Er war nur froh, dass er in der Klasse neben Lina saß. Obwohl die anderen ihn oft damit aufzogen, weil er als einziger Junge neben einem Mädchen saß. Aber Lina fragte ihm wenigstens keine Löcher in den Bauch wie die anderen. »Motte, wieso hast du denn ’ne Sonnenbrille auf? Motte, seit wann rasierst du dich denn nicht mehr? He, warum ist deine Hand denn so pelzig?«
    Mottes Antwort war immer dieselbe: »Ist doch klar, ich bin ein Werwolf.«
    Die anderen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher