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Kleine Rache zwischendurch (German Edition)

Kleine Rache zwischendurch (German Edition)

Titel: Kleine Rache zwischendurch (German Edition)
Autoren: Walter Fritz Müller
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Überraschung saß dort nicht nur Achmed Aref, sondern auch ein alter Bekannter, der in der Szene nur York Yorck genannt wurde. Er sprang auf, eilte auf sie zu und umarmte sie. Julia küsste ihn, vielleicht auf den Mund, vielleicht viel zu lange, aber sie hatten sich auch ewig nicht gesehen. Sie dachte gar nichts mehr, sie fühlte nur seine Lippen.
    »Du bist verheiratet?«
    Julia nickte.
    »Mit einem sehr erfolgreichen Strafverteidiger, wie ich höre?«
    Julia nickte wieder.
    »Sehr praktisch.«
    Sie setzten sich. Achmed musste sie mehrmals fragen, was sie trinken möchte, aber es dauerte eine Weile, bis Julia wieder für etwas anderes als für York aufnahmefähig war. Dann wünschte sie sich einen einheimischen 1993er Marlborough Sauvignon. Achmed klingelte nach der Bedienung und bestellte den Wein.
    Julia und York tauschten alte Erinnerungen aus. Sie sprachen über gemeinsam bestandene Gefahren und freuten sich jetzt noch über die üppigen Feste, die gefeiert worden waren, wenn sie wieder einmal alles glücklich überstanden hatten. Sie sprachen über Erfolge und Fehlschläge, aber auch über neue Methoden der Aufklärung; über ihre eigenen und über die der Polizei. Achmed Aref schienen sie vergessen zu haben.
    »Sehr schön, dich mal wieder gesehen zu haben«, sagte York Yorck. »Aber ich muss gleich verschwinden. Man kann dich nur über Empfehlung bekommen. Das hatte ich Achmed gesagt. Also, Julia, Achmed ist o. k. Und wenn du mich brauchst, ich bin noch unter der alten Nummer zu erreichen.«
    Er stand auf, fasste sie bei den Händen und zog sie zu sich herauf.
    »Lass` dich zum Abschied küssen. Du wirst ja immer hübscher. Wie machst du das bloß, Baby? Ach ich weiß: Bis um elf Uhr im Bett liegen, danach ein Schönheitsbad nehmen, zum Friseur gehen, dann ein bisschen mit dem Hausfreund bummeln. Oder hat Herr Dr. Rechtsanwalt einen Aufpasser für dich bestellt? Ja? Ach, der Aufpasser ist der Hausfreund. Sehr gut. Ja, das süße Nichtstun hält dich jung, keine Aufregung, keine Sorgen, so glücklich und zufrieden lebst du also.«
    Er küsste sie und sagte dann ganz ernst: »Pass auf, Mädchen! Nicht leichtsinnig werden! Die uns fangen wollen, werden leider auch immer besser.«
    Er ging, wollte den Vorhang beiseite ziehen, da blieb er stehen, drehte sich um und sagte: »Bevor du nach Europa zurückgehst, Baby, ruf mich an. Ich möchte dir in Panama eine Frau vorstellen, so jung wie du, fast so anziehend wie du. Sie betreibt einen - sagen wir - einen Kunsthandel. Könnte dich interessieren. Machs gut! Warum kommst du nicht zu mir?«
    Julia und Achmed nahmen wieder Platz.
    »Die Fronten sind jetzt klar, aber ob ich für Sie arbeiten werde, ist ziemlich unsicher«, sagte Julia. »Sagen Sie mir bitte erst, wie Sie auf mich gekommen sind.«
    Sie nahmen einen Schluck und dann begann Achmed: »Wir kannten Friedangers LuxusjJachten, aber auch seine Probleme. Wir dachten uns, eine Werft, die solche herrlichen Schiffe baut, darf nicht untergehen. Also hatten wir beschlossen, Friedanger zu unterstützen.«
    »Sie wollten ihn kaufen. Sehe ich das richtig?«
    »Nun, so weit war es noch nicht. Noch lange nicht. Wir hätten ihn vielleicht übernommen. Gewiss, der Name musste geändert werden. Bootsbau Friedanger wirkt nicht gerade attraktiv auf Kunden, die zwei Millionen Euro einfach so, ohne lange nachzudenken, für eine Jacht ausgeben. Aber, wie gesagt, so weit war es noch nicht. Kurz vor der Unterzeichnung tritt uns der sonst recht niedergeschlagen wirkende Friedanger unerwartet fröhlich und überlegen entgegen und erklärt, er brauche unsere Hilfe nun nicht mehr, er sei wieder flüssig.«
    Julia dachte, das sei typisch für Friedanger. Typisch überhaupt für Männer. Statt sich den Anschein naiver Liebenswürdigkeit zu geben und mit zerknirschtem Gesicht zu jammern, er wollte es trotz aller Widrigkeiten doch noch einmal allein versuchen, prahlte er und verdarb damit alles. Diplomatische Zurückhaltung und perfekte Schauspielerei liegen Frauen naturgemäß eben doch erheblich näher als Männern.
    Der Kellner brachte für Julia einen Krabbensalat. Achmed hatte sich für Hummer entschieden. Als sie aufgegessen hatten, fuhr Achmed fort: »Wir kannten natürlich die ganze Vorgeschichte. Großmanns geistigen Diebstahl, den Prozess, den er gewinnt, den Verteidiger, dem er das verdankt und so weiter und so fort. Wir investieren niemals ohne genaueste Kenntnis.«
    »So weit, so gut«, unterbrach Julia, »aber wie sind Sie auf
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