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Kleine Freie Männer

Kleine Freie Männer

Titel: Kleine Freie Männer
Autoren: Terry Pratchett
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zerschlissenen roten Umgang mit Kaninchen-fellborten und einen alten Zylinder mit kleinen Flaggen. Er hob ein Sprachrohr und richtete es auf Tiffany.
    »Der Tod von Königen durch die Zeitalter«, sagte er.
    »Sehr lehrreich, mit viel Blut!«
    »Nein danke«, erwiderte Tiffany.
    »Oh, du solltest wissen, woher du kommst, Fräulein«, sagte der Lehrer. »Wie kannst du sonst erkennen, wohin du gehst?«
    »Ich komme aus einer langen Reihe von Wehs«,
    entgegnete Tiffany. »Und ich glaube, ich gehe weiter.«
    Kurze Zeit später fand sie, was sie suchte, eine Bude mit Tierbildern, darunter auch ein Kamel, wie sie zufrieden feststellte.
    Auf dem Schild stand: Nützliche Geschöpfe. Heute:

Unser Freund der Igel.
    Sie fragte sich, wie nützlich das Ding im Fluss gewesen war, doch dies schien der einzige Ort zu sein, der
    Aufschluss versprach. In der Bude warteten einige Kinder auf den Sitzbänken – der Lehrer hatte noch nicht mit dem Unterricht begonnen, in der Hoffnung, dass sich die leeren Plätze füllten.
    »Hallo, kleines Mädchen«, sagte er, was nur sein erster großer Fehler war. » Du möchtest bestimmt alles über Igel erfahren, nicht wahr?«
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    »Das habe ich schon im letzten Sommer«, erwiderte
    Tiffany.
    Der Mann sah genauer hin, und sein Lächeln
    verschwand. »Oh, ja. Ich erinnere mich. Du hast all die …
    kleinen Fragen gestellt.«
    »Ich möchte heute Antwort auf eine weitere Frage«,
    sagte Tiffany.
    »Wenn es nicht darum geht, woher die kleinen Igel
    kommen …«
    »Nein«, sagte Tiffany geduldig. »Es geht um Zoologie.«
    »Zoologie? Das ist ein langes Wort.«
    »Nein«, widersprach Tiffany. »Gönnerhaftigkeit ist ein langes Wort. Zoologie ist recht kurz.«
    Der Lehrer kniff die Augen noch etwas mehr zusammen.
    Kinder wie Tiffany bedeuteten Ärger. »Du scheinst recht klug zu sein«, sagte er. »Aber ich kenne keine
    Zoologielehrer in dieser Gegend. Tiermedizin ja, aber
    keine Zoologie. Hast du ein besonderes Tier im Sinn?«
    »Jenny Grünzahn. Ein im Wasser lebendes Ungeheuer
    mit vielen Zähnen, Krallen und Augen wie Suppenteller«, sagte Tiffany.
    »Suppenteller von welcher Größe? Meinst du große
    Suppenteller, für eine volle Portion, vielleicht mit Keksen und sogar Brot, oder die kleine Tasse, die man zum
    Beispiel bekommt, wenn man Suppe und einen Salat
    bestellt?«
    »Ich meine Suppenteller mit einem Durchmesser von
    acht Zoll«, sagte Tiffany, die nie irgendwo Suppe und
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    einen Salat bestellt hatte. »Ich habe es überprüft.«
    »Hmm, das ist eine harte Nuss«, sagte der Lehrer. »Von einem solchen Wesen habe ich noch nie gehört. Scheint
    nicht sehr nützlich zu sein. Für mich klingt es wie
    erfunden.«
    »Ja, das dachte ich ebenfalls«, meinte Tiffany.
    »Trotzdem würde ich gern mehr darüber erfahren.«
    »Du könntest es bei ihr versuchen. Sie ist neu.«
    Der Lehrer deutete mit dem Daumen auf ein kleines Zelt am Ende der Reihe. Es war schwarz und schäbig. Bilder
    gab es dort ebenso wenig wie irgendwelche Ausrufe-
    zeichen.
    »Was lehrt sie?«, fragte Tiffany.
    »Keine Ahnung«, antwortete der Lehrer. »Denken, sagt sie, aber wie soll man so etwas lehren? Das macht eine Karotte, danke.«
    Als Tiffany näher kam, bemerkte sie ein kleines, an das Zelt geheftete Schild. Darauf stand in Worten, die
    flüsterten, anstatt zu rufen:

    ›ICH KANN DICH EINE LEKTION LEHREN,
    DIE DU SO SCHNELL NICHT VERGISST.‹

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2
    Fräulein Tick

    Tiffany las die Worte und lächelte.
    »Aha«, sagte sie. Es gab nichts, an das sie hätte klopfen können, deshalb fügte sie lauter hinzu: »Klopf, klopf.«
    Die Stimme einer Frau kam aus dem Zelt. »Wer ist da?«
    »Tiffany«, sagte Tiffany.
    »Tiffany wer?«, fragte die Stimme.
    »Tiffany, die nicht versucht, einen Witz zu machen.«
    »Ah. Das klingt vielversprechend. Komm herein.«
    Sie strich die Plane beiseite. Im Zelt war es dunkel,
    stickig und heiß. Eine dürre Gestalt saß hinter einem
    kleinen Tisch. Die Frau hatte eine schmale, spitze Nase und trug einen großen schwarzen Strohhut mit Papierblumen. Er passte überhaupt nicht zu dem Gesicht.
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    »Bist du eine Hexe?«, fragte Tiffany. »Ich hätte nichts dagegen.«
    »Wie kannst du jemanden mit einer solchen Frage
    überfallen?« Die Frau wirkte ein wenig schockiert. »Euer Baron hat Hexen in seinem Land verboten, das weißt du ja wohl, und trotzdem fragst du mich sofort, ob ich eine Hexe bin? Warum sollte ich eine Hexe sein?«
    »Du trägst schwarze Kleidung«, sagte Tiffany.
    »Jeder
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