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Klatschmohn

Klatschmohn

Titel: Klatschmohn
Autoren: Anke Greifeneder
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was ich wollte, war Witta, die versuchte, auf jede Party mitgenommen zu werden. Vor allem jetzt, wo meine Zukunft mit Leander Berglandt zum Greifen nahe lag.

    Zum Glück war Stader, mein Chef, noch in Urlaub, und so fiel es nicht auf, dass ich den Rest des Tages damit verbrachte, jedem die frohe Botschaft zu verkünden und Mails zu verschicken, die ich mit: »Herzlichst, deine Pia Berglandt«, beendete.

    »Und wann ist es so weit?«

    Katharina, Lilli und ich saßen bei unserem Stammthailänder und gingen unserer Lieblingstätigkeit nach: Klatsch auszutauschen. Niemand konnte das besser als wir, und mit niemandem machte es mehr Spaß als mit Katharina und Lilli, denn um richtig tratschen zu können, brauchte es einen kleinen verschwiegenen Kreis.

    »Noch vier Tage bis Buffalo«, zitierte ich frei aus »John Maynard«, dem einzigen Fontane-Gedicht, das ich jemals auswendig lernen musste.

    »Das ist gar nicht mehr so lange«, sinnierte Lilli. »Vielleicht sollte ich dir schon mal sein Horoskop ausrechnen. Weißt du, welches Sternzeichen er ist?«

    »Er ist am 11. November 1962 in Hamburg geboren«, gab ich stolz mein recherchiertes Wissen zum Besten.

    »Au weia, ein Skorpion!« Lilli erblasste.

    »Du weißt, was das bedeutet?«, übernahm Katharina.

    »Nein, weiß ich nicht.«

    »Lass es mich so ausdrücken: Falls er dich jemals an sich heranlässt, wirst du die pure Leidenschaft erleben, und wenn er dich wieder loshaben will, die schlimmste Zeit überhaupt.«

    »Es sei denn, er hat einen mildernden Aszendenten«, gab Lilli zu hoffen.

    »Mädels! Ihr spinnt komplett! Ich habe genug damit zu tun, fabulös auszusehen, da kann ich mich nicht noch mit diesem kosmischen Zeug belasten.
    Sagt mir lieber, was ich anziehen soll und ob ihr mir Geld fürs Fettabsaugen leihen könnt«, grinste ich. Da musste ich nicht zweimal bitten.

    Katharinas Meinung nach musste ich, wie hätte es auch anders sein können, an diesem Abend einfach Aufsehen erregend aussehen, was bei ihr entweder Leopardenturban und schulterlange Handschuhe bedeutete oder eine Abendrobe, bei der nur noch der Kronleuchter auf dem Kopf fehlte - sprich, eine Miniaturausgabe ihrer selbst.

    Lilli wollte, dass ich hip, aber gleichzeitig elegant wirkte. Mir war klar, dass wir die Kleiderfrage heute nicht lösen würden, und so schwenkte ich auf ein anderes Thema um.

    »Was machen die Männer?«

    Katharina räusperte sich. »Außer meiner Liaison mit Christopher kein gutes Material in Sicht. Ich glaube, ich muss mal wieder Herbert fragen. Der hat sicher noch einen Banker oder Unternehmensberater in petto.« Katharinas älterer Bruder Herbert war ein unerschöpflicher Quell an Verbindungen und Namen. Er selbst war eine der begehrtesten Partien der Stadt, nicht nur groß gewachsen, sportlich und gut aussehend, sondern zu allem Übel auch noch intelligent und sehr erfolgreich. Seine einzigen Schwächen, die er gut zu verbergen wusste, waren seine Bequemlichkeit und seine Hypochondrie. Eine Mischung, die erstaunliche Blüten trug. Manchmal bekam man Herbert nur durch wüsteste Prophezeiungen dazu, seinen Hintern zu bewegen.

    »Wenn du das nicht sofort machst, wirst du einen Gehirntumor bekommen«, drohte Katharina dementsprechend. Schon das Wort Tumor verursachte Herbert Kopfschmerzen. Hinzu kam, dass eine Computertomographie wegen des Strahlenrisikos nicht oft durchgeführt werden konnte; zumindest hatte Herbert noch keinen Arzt gefunden, der bereit war, ihn regelmäßig nur auf Verdacht in die Röhre zu schieben. Herbert war nicht nur Hypochonder, sondern auch abergläubisch.

    »Nimm das mit dem Tumor sofort zurück. Ich glaube, du hast sie nicht mehr alle!«, schrie er Katharina bei diesen Gelegenheiten erbost an. Aber bisher hatte er immer zähneknirschend klein beigegeben, denn man wusste ja nie, ob so eine Drohung sich nicht doch unterbewusst auf den Gesundheitszustand auswirkte.

    Abgesehen davon, dass Herbert nach einem Bericht zum Beispiel über Ebola sofort sämtliche Symptome spürte und nur mit aller Überredungskunst davon abzuhalten war, in die Notaufnähme des städtischen Krankenhauses zu fahren, war er schwer in Ordnung; außerdem besorgte er Katharina immer wieder Kandidaten mit Potenzial.

    »Bei dir was Neues in Sicht, Lilli?«, bohrte ich.

    »Was soll es denn Neues geben? Ich werde als alte Jungfer sterben, die als abschreckendes Beispiel eingeladen wird. Schaut genau hin, Kinder. Das ist Tante Lilli, die mit ihren Katzen in einer
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