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Klassenziel (German Edition)

Klassenziel (German Edition)

Titel: Klassenziel (German Edition)
Autoren: T. A. Wegberg
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Jahren auf einer anderen Schule waren. «Was spielt ihr denn so? Nur Coverversionen, oder schreibt ihr eure Songs selbst?»
    Till und Ramon glotzten mich an. «Äh, wir … äh … beides», meinte Till schließlich.
    «Aha. Also, ich persönlich covere nicht so gerne. Das hat immer so was Unkreatives, oder?», schwadronierte ich. «Aber wir könnten ja ein paar Songs neu bearbeiten. Vielleicht mit neuen Lyrics. Meine Texte sind zum größten Teil ziemlich persönlich, ihr wisst schon, was ich meine. Bei den Mädchen kommen sie immer tierisch gut an.»
    Das war der Beginn der Burst Frenchies.

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    10
    I ch bin viel zu nervös, um mir die einzelnen Gesichter näher anzuschauen, also lasse ich meinen Blick nur so über die Sitzreihen wandern – und dann bleibt er an Billie Erkens hängen. Irgendwas Brühheißes schießt mir durch sämtliche Adern, und ich halte mich mit einer Hand am Lehrerpult fest. Billie? Wie kommt die denn hierher?
    Das ist natürlich gar nicht Billie. Nur irgendein blondes Mädchen, das ihr ähnlich sieht – bei näherem Hinsehen nicht mal sehr ähnlich. Allerdings hat sie praktisch dieselbe Frisur und vor allen Dingen dieses hellblaue Haarband, das Billie oft anhatte. Um ihre ebenfalls hellblauen Augen zu betonen.

    B illie Erkens saß in der Schule schräg hinter mir. Bei den Mädchen war sie die absolute Klassenkönigin. In jeder Pause hing eine Clique mit ihr ab, die exakt das tun musste, was Billie sagte. Trotzdem wollten alle dazugehören. Wer zu Billies Kreis zählte, war eine von den Beliebten.
    Klar war Billie hübsch, das will ich gar nicht bestreiten. Weizenblondes langes Haar, große blaue Augen, Stupsnase, Porzellanhaut – und ab der siebten Klasse ein faszinierend pralles Dekolleté. Das volle Barbie-Programm. Ich bin auch noch bereit zuzugeben, dass ich mich die ersten drei oder vier Wochen am Gymnasium gedanklich ziemlich intensiv mit Billie beschäftigt und mich dazu ab und zu sogar auf dem Klo eingeschlossen habe. Und, na gut, wenn ich schon dabei bin, kann ich auch ruhig noch gestehen, dass ich ihr einen Songtext gewidmet habe. Ich weiß ihn nicht mehr auswendig, aber der Refrain lautete ungefähr:
You make me crazy, little Billie
Come over here and kiss my willy.
    Wie gesagt: dieser Traum dauerte nur ein paar Wochen. Danach ging mir ihr Prinzessinnengetue zunehmend auf den Zeiger. Mir fiel auf, dass sie im Unterricht eigentlich immer nur Mist redete, aber auf eine so geschickte Art, dass die Lehrer sie für klug hielten. Und ich kriegte mit, wie sie Mädchen gnadenlos mobbte, die nicht zu ihrer Clique gehörten. Beispielsweise erzählte sie ihren Untertaninnen, Melody wäre lesbisch und hätte sie nach dem Sport in der Umkleidekabine zu küssen versucht.
    Zufällig fand ich Melody ziemlich nett. Sie wirkte zwar wirklich eher wie ein Junge – kurzgeschnittene Haare, immer nur Jeans und weite Hemden und so –, aber dafür war sie eine verdammt gute Sportlerin und ein toller Kumpel. Wenn irgendjemand seine Hausaufgaben vergessen hatte, ließ Melody ihn abschreiben, und man konnte sich bei ihr jederzeit Geld, Stifte, Schreibpapier oder Tintenpatronen leihen.
    Im Sportunterricht musste ich mal mit ihr zusammen Zirkeltraining machen und war erst angepisst, weil es damals noch überpeinlich war, in der Öffentlichkeit was mit Mädchen zu tun zu haben, aber dann fand ich raus, dass sie echt schnell war und eine Superkondition hatte. Dank ihr gewannen wir die zweite Runde, bei der wir auf Zeit trainieren mussten. Sie freute sich sogar noch mehr als ich und hob die flache Hand, damit ich meine dagegenklatschen konnte.
    Ich war sicher, dass sie kein Interesse daran hatte, eine Plastikpuppe wie Billie Erkens zu küssen. Wahrscheinlich war Küssen sowieso nicht ihr Ding. Sie war keine von diesen romantischen Wimperklimpertussis, die sich mit Filzstift Herzchen auf den Handrücken malten. Und meinetwegen konnte sie ruhig ein bisschen lesbisch sein, wenigstens hatte ich dann was Neues, um es hinter der verschlossenen Toilettentür zu überdenken. Nur bitte nicht mit Billie Erkens.

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    11
    E ndlich kommen die ersehnten Worte. «Ja, vielen Dank, Benjamin. Dann setz dich doch bitte.» Der Klassenlehrer nimmt hinter seinem Pult Platz, kramt ein Buch aus seiner Aktenmappe und legt es vor sich. Erstes unterdrücktes Kichern ist zu hören. Er holt ein Etui raus, klappt es auf und setzt sich eine Brille auf die Nase. Als er aufschaut, stehe ich immer
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