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Klappohrkatze auf Reisen

Klappohrkatze auf Reisen

Titel: Klappohrkatze auf Reisen
Autoren: Peter Gethers
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Lieblingszwischenmahlzeit. Und Presslufthammer sind laute, erderschütternde Dinger und sollten jedem vernunftbegabten Menschen Angst machen, sofern er nicht damit arbeitet. Der letzte Punkt auf der Liste allerdings ist ein ständiger Quell der Erniedrigung für alle, die die Katze und den Katzenbesitzer kennen und lieben.
    Im letzten Herbst, als mein rundköpfiger Kumpel und ich uns in Südfrankreich aufhielten, beschloss ich, l’intelligence incroyable de mon chat vorzuführen. Wir gingen mit einem Freund essen und hatten den Wagen mehrere Straßen vom Haus entfernt geparkt. Ich beschloss, Norton zum Essen mitzunehmen – und außerdem, dass er mit uns zum Wagen laufen solle. Unser Freund hegte gewisse Vorbehalte, besonders weil die Stadt, in der wir uns befanden, ein mittelalterliches französisches Bergphänomen war, mit engen, gewundenen Straßen und frei laufenden Tieren, die überall herumliefen, wo es ihnen beliebte. Aber Norton meisterte die Bewährungsprobe mit Bravour: kühn marschierte er aus der Autotür, ignorierte verächtlich all die Hunde und Katzen, die sich um ihn herum verlustierten. Ebenso all die Kinder, die einen Fußball hin und her kickten, und all die Erwachsenen, die flott ausschritten, ein Baguette unter den Arm geklemmt. Er folgte uns in akzeptablem Tempo über das Kopfsteinpflaster – bis wir zu einem Haus kamen, gerade mal drei Meter von unserem Wagen entfernt, an dem ein Vogelkäfig vor dem Fenster hing. In dem Käfig waren drei winzige gelbe Vögel, die munter vor sich hin pfiffen und sangen. Norton, der all die schweren Hindernisse in der Stadt mit Bravour gemeistert hatte, kam bis auf dreißig Zentimeter an den Käfig heran, hörte die Vögel fröhlich zwitschern, drehte sich auf dem Absatz um und rannte schnurstracks nach Hause, wobei er locker den Geschwindigkeitsrekord des Autorennfahrers A.J. Foyts brach. Ich fand ihn jämmerlich zusammengekauert in unserem Hauseingang, wo er nach Kräften versuchte, sich unsichtbar zu machen.
    »Es waren Vögel «, sagte ich kopfschüttelnd zu ihm. » Winzige Vögel. Wirklich winzige Vögel. Im Käfig . Im geschlossenen Käfig«, fügte ich hinzu, in der Hoffnung, ihn zu beschämen.
    Es ist jedoch sehr schwer, mit einer Katze zu diskutieren, besonders mit einer nervösen Katze. Und diese Katze hegte eindeutig nicht die Absicht, noch einmal in die Nähe dieser winzigen, eingesperrten Vögel zu kommen, wenn er es irgendwie vermeiden konnte – und das konnte er. Also hob ich ihn auf und trug ihn den ganzen Weg zum Wagen zurück. Als wir an diesen winzig kleinen Vögelchen vorbeikamen, vergrub Norton, in allerbester Vogel-Strauß-Manier, seinen Kopf unter meinem Arm. Sobald wir uns in der Sicherheit unseres roten Citroëns befanden, machte er es sich hochzufrieden auf der Rückbank bequem. Unempfänglich für den Spott, mit dem ihn seine Essensgenossen straften, genoss er den Rest seines Abends in der Stadt ausgiebig. Es gab keine Vögel in dem Restaurant, die seine Mahlzeit gestört hätten.
    Während les oiseaux bei ihm offenbar eine Art Achillesferse sind, hat Norton eine ziemlich ausgeprägte Macho-Ader, sobald Mäuse ins Spiel kommen. Dieser Raubtierinstinkt war ein ziemlicher Schock für mich, als er sich schließlich zeigte. Norton und ich hatten schon viele gemeinsame Jahre hinter uns, ohne dass er auch nur einen Hauch von löwenartigem Interesse an der Großwildjagd gezeigt hätte. Dann, eines Abends, als wir in meinem alten Sommerhaus in Fair Harbor auf Fire Island waren, brach der Jäger in ihm hervor.
    An diesem speziellen Samstag hatte ich einen Männerabend mit meinem Freund Norm, dem Chefautor der Sesamstraße , und wie in Klappohrkatze geschildert dem legendären Ladykiller unter den Fair Harbor-Sixtysomethings. Bei uns war mein Cousin Jon, ein Schauspieler auf Besuch aus L.A. Wir Drei – wir Vier , wenn man Ihr-wisst-schon-wen mitzählt – aßen zusammen, redeten Jungskram und amüsierten uns blendend. Wobei sich jeder von uns die ganze Zeit fragte, wie bald er die anderen stehen lassen könnte, um auszugehen und eine Frau kennenzulernen. Während wir redeten, merkte ich irgendwann, dass Jon breit übers ganze Gesicht grinste und auf etwas unter dem Esstisch starrte.
    »Was siehst du da?«, wollte ich wissen.
    »Nichts«, sagte er. »Ich amüsiere mich nur, wie schön Norton mit seiner Spielzeugmaus spielt.«
    Ich nickte, lächelte bei dem Gedanken und hörte mir an, wie Norton auf dem Boden herumtobte. Und dann erstarb mein
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