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Klappohrkatze auf Reisen

Klappohrkatze auf Reisen

Titel: Klappohrkatze auf Reisen
Autoren: Peter Gethers
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treffen. An einer davon sitzt in Taillenhöhe ein kleiner Haken, den man drehen und in die andere Tür einhaken kann, sodass sie provisorisch geschlossen ist. Und unten an einer der Türen sitzt ein Riegel, den man herunterdrücken kann und der in einem Loch im Boden verschwindet. Das sichert beide Türen und unsere Privatsphäre.
    Normalerweise schließen wir die Schlafzimmertür nicht ab und machen sie nicht einmal zu, außer wenn wir Übernachtungsgäste haben, denn unser zweites Schlafzimmer liegt direkt nebenan. Mir macht es nichts aus, hinter verschlossenen Türen zu leben, und Janis auch nicht. Norton dagegen hat ganz entschieden etwas dagegen.
    Vielleicht leidet er ein bisschen unter Klaustrophobie. Er verbringt fast immer die ganze Nacht bei uns im Bett, aber er will das wohl aus freien Stücken machen, denn sobald die Tür geschlossen wird, hüpft Norton aus dem Bett und beschließt, der Enge des Raums zu entfliehen. Dies gehört zu den wenigen Dingen in seinem Leben, bei denen er nicht seinen Willen bekommt. Ist die Tür geschlossen, bleibt sie verschlossen. Sein Katzenklo ist oben, er hat Wasser hier oben – es gibt für ihn keinen Grund wegzugehen. Also bleibt er, wenn auch gegen seinen Willen.
    Das heißt, bis vor Kurzem.
    Bevor wir nach Frankreich gingen, konnte Norton das System der zwei Schlösser nicht knacken. Kurz nach unserer Rückkehr aber machte er etwas, das selbst ich etwas beängstigend fand.
    Eines Nachts hatten wir Gäste, also war die Tür verschlossen. So gegen zwei Uhr morgens hörte ich ein kratzendes Geräusch. Ich bemühte mich, es zu ignorieren, aber das erwies sich nach ein oder zwei Minuten als unmöglich, also beugte ich mich aus dem Bett, um zu schauen, was zum Teufel los war.
    Was los war, war Norton, der versuchte, den Riegel am Boden mit der Pfote hochzuziehen. Ich sah zu, wie er ein, zwei, drei Mal daran zog. Beim sechsten oder siebten Mal erwischte er ihn und zog ihn aus der Verankerung. Dann sprang er vier- oder fünf Mal hoch, bis es ihm gelang, den Haken hochzuschlagen, der die beiden Türen oben zusammenhielt, und auch den zu entriegeln. Nachdem er diese Schwerstarbeit erledigt hatte, stupste Norton eine der Türen sanft mit dem Kopf an, dann trat er nonchalant auf den Flur hinaus und verschwand.
    Mittlerweile war auch Janis hellwach und starrte hinunter auf unser kleines Kätzchen.
    »Du glaubt doch nicht …«, begann sie.
    »Ich glaube doch «, sagte ich mit gedämpfter Stimme.
    Mehr mussten wir dazu nicht sagen. Wir erinnerten uns beide an einen Augenblick in Frankreich. In der Ortschaft Sancerre, bei einem Winzer. Es war der Moment, als Norton sah, wie sich dieser erstaunliche Hund auf die Hinterbeine stellte, den Türknauf drehte und die Tür aufmachte, wenn er hinein- oder hinauskommen wollte. Das war das Einzige in Frankreich, das meine Katze offenbar überwältigt hatte. Es war das einzige Mal, dass er sah, wie ein Tier etwas machte, was er nicht konnte.
    »Ich glaube es einfach nicht«, stammelte Janis. »Er kann sich daran doch nicht mehr erinnern. Und selbst wenn er es könnte, könnte er doch nicht den Zusammenhang herstellen … Ich meine, er könnte doch nicht einfach den Hund sehen und … oder doch ?«
    »Glaube mir«, sagte ich und nickte, als ihre Stimme erstarb. »Ich kenne meine Katze.«

Über den Autor

    P eter Gethers ist ein erfolgreicher Romanautor, Cheflektor und Drehbuchautor. Er war ein passionierter Junggeselle und Katzenhasser, bevor ihm seine Freundin einen kleinen grauen und unglaublich hübschen Scottish-Fold-Kater schenkte. Die Freundin verabschiedete sich eines Tages, aber Norton blieb – denn Peter und er waren längst unzertrennlich. Peter und Norton leben in New York City und so oft wie möglich auch in Goult in Südfrankreich.
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