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Kinsey Millhone 17 - Totenstille - Q wie Quittung

Kinsey Millhone 17 - Totenstille - Q wie Quittung

Titel: Kinsey Millhone 17 - Totenstille - Q wie Quittung
Autoren: Grafton,Sue
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in einer Welt von Ehepaaren hätte erklären können. Abgesehen von zwei kurzen, gescheiterten Ehen war ich den größten Teil meines Lebens ungebunden gewesen. Das hatte mich noch nie gestört. Meistens genoss ich meine Freiheit, meine Mobilität und das Alleinsein. Doch in letzter Zeit hatten sich die Umstände dazu verschworen, mich aus meiner gewohnten Zufriedenheit zu reißen.
    Ein paar Tage zuvor war ich meiner Freundin Vera mit ihrem Mann (Dr.) Neil Hess begegnet. Ich war am späten Nachmittag gerade auf dem Fahrradweg am Strand entlang gejoggt, als ich sie vor mir dahinschlendern sah. Vera war früher bei der California Fidelity angestellt gewesen, bei der auch ich gearbeitet hatte. Sie hatte Neil kennen gelernt, war zu dem Schluss gekommen, dass er zu klein für sie sei, und hatte versucht, ihn mir aufzudrängen. Ich wusste auf den ersten Blick, dass die beiden schwer ineinander verknallt waren, und trotz aller Proteste hatte ich sie davon überzeugt, dass er der ideale Partner für sie war, was sich als zutreffend erwiesen hatte. An diesem Nachmittag befanden sich die beiden in Begleitung ihres achtzehn Monate alten Sohns im Kinderwagen und eines grinsenden Golden-Retriever-Welpen, der herumhüpfte wie ein Gummiball und an seiner Leine zerrte. Vera – massig, unbeweglich, milchig und heiter – war eindeutig schon wieder schwanger und stand offenbar nur wenige Tage vor der Niederkunft, nach ihrem geschwollenen Leib zu urteilen. Wir blieben stehen, um ein bisschen zu plaudern, und mir wurde klar, dass sich mein Leben in den dreieinhalb Jahren, seit ich sie zuletzt gesehen hatte, nicht im Geringsten verändert hatte. Dieselbe Wohnung, dasselbe Auto, derselbe Beruf und derselbe abwesende Freund in einer Beziehung, die zu nichts führte. Die Erkenntnis löste nagende Reuegefühle in mir aus.
    Gleichzeitig befand sich Henry, mein geliebter Vermieter, in Begleitung seiner Geschwister und seiner Schwägerin Rosie, der das Restaurant einen halben Block von meiner Wohnung gehört, auf einer KaribikKreuzfahrt. Ich hatte seinen Briefkasten geleert und einmal die Woche seine Topfpflanzen sowie alle zwei Tage seinen Garten gegossen. Rosies Restaurant würde noch weitere fünf Tage geschlossen bleiben, also konnte ich, bis die drei wieder zu Hause waren, nicht einmal in vertrauter Umgebung zu Abend essen. Ich weiß, das alles klingt leicht nach Gejammer, aber ich fühle mich moralisch verpflichtet, die Wahrheit zu sagen.
    An diesem Mittwochmorgen kam ich zu dem Schluss, dass es meine Stimmung massiv heben würde, wenn ich das Selbstmitleid ablegte und mein Büro auf Vordermann brachte. Also war ich in einen Trödelladen gegangen und hatte noch zwei (gebrauchte) Aktenschränke, ein hohes hölzernes Regal mit vielen Fächern und einen tollen bemalten Schrank für meine Sammlung von Büromaterialien gekauft. Umringt von Kisten, die ich nicht mehr ausgepackt hatte, seit ich vor dreieinhalb Jahren in Lonnies Büro eingezogen war, kauerte ich auf einem niedrigen Hocker. Das Gefühl erinnerte mich ein bisschen an Weihnachten, da ich Sachen entdeckte, von denen ich gar nicht mehr wusste, dass ich sie besaß.
    Ich war gerade auf dem Grund von Kiste Nummer drei (von insgesamt acht) angelangt, als es an der Tür klopfte. »Ich bin hier!«, brüllte ich. Als ich mich umwandte, stand Lieutenant Dolan auf der Schwelle, die Hände in den Taschen seines braunen Regenmantels vergraben.
    »Hey, was machen Sie denn hier? Wir haben uns ja Monate nicht gesehen.« Ich richtete mich auf und wischte mir die Hand hinten an der Jeans ab, bevor ich sie ihm entgegenstreckte.
    Sein Händedruck war fest und warm und sein Lächeln fast verlegen, da er sich ebenso freute, mich zu sehen, wie ich mich freute, ihn zu sehen. »Im Gericht ist mir Lonnie über den Weg gelaufen. Er hat mir erzählt, dass Sie das Büro hier gemietet haben, also wollte ich mal vorbeischauen.«
    »Freut mich. Nett, dass Sie mich besuchen.«
    »Sie richten sich also gerade ein.« »Wird langsam Zeit. Ich bin am fünfzehnten Februar eingezogen und habe noch nichts auf die Reihe gekriegt.«
    »Ich habe gehört, die Geschäfte sollen schlecht gehen.«
    »Das stimmt – zumindest was die Aufträge angeht, die mir gefallen.«
    Ich sah Con Dolan dabei zu, wie er eine Runde durch den Raum drehte. Er schien sich unbehaglich zu fühlen und kaschierte seine Unsicherheit, indem er einen endlosen Strom von Smalltalk von sich gab. Er faselte über Lonnie, das Wetter und diverse andere
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