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Kinsey Millhone 17 - Totenstille - Q wie Quittung

Kinsey Millhone 17 - Totenstille - Q wie Quittung

Titel: Kinsey Millhone 17 - Totenstille - Q wie Quittung
Autoren: Grafton,Sue
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»Kinsey Millhone. Sie ist Privatdetektivin hier. Wir wollen zu Mittag essen.«
    »Tannie Ottweiler«, stellte sie sich vor. »Nett, Sie kennen zu lernen.« Wir gaben uns die Hand, dann fasste sie nach unten und holte zwei in Papierservietten gewickelte Bestecke hervor, die sie vor uns hinlegte. »Bleiben Sie hier sitzen?«
    Dolan nickte mit dem Kopf zur Seite. »Wir nehmen den Tisch da drüben am Fenster.«
    »Ich komme sofort.«
    Dolan steckte sich die Zigarette in den Mund. Als er nach seinem Whiskey griff und sich von der Bar entfernte, stieg ihm der Rauch ins rechte Auge und er musste blinzeln. Ich folgte ihm und bemerkte, dass er einen Tisch ausgesucht hatte, der so weit wie möglich von den anderen Gästen entfernt stand. Wir setzten uns, und ich legte meine Tasche auf den Stuhl neben mich. »Gibt’s hier eine Speisekarte?«
    Er legte den Regenmantel ab und trank einen Schluck Whiskey. »Das Einzige, was sich zu bestellen lohnt, ist die pikante Salami auf einer Kaisersemmel mit zerlaufenem Paprikakäse. Die Mischung ist so scharf, da zieht’s Ihnen die Schuhe aus. Tannie legt noch ein Spiegelei obendrauf.«
    »Klingt toll.«
    Tannie kam mit meinem Coke. Es gab eine kurze Unterbrechung, als Dolan unser Essen bestellte.
    Während wir darauf warteten, fragte ich: »Also, was ist los?« Er drehte sich zur Seite und taxierte aufmerksam das ganze Lokal, bevor er den Blick wieder mir zuwandte. »Können Sie sich an Stacey Oliphant erinnern? Er war bei der Sheriffbehörde und ist vor etwa acht Jahren in den Ruhestand gegangen. Sie müssten ihm mal begegnet sein.«
    »Ich glaube nicht. Ich weiß, wer er ist – Stacey ist ja in aller Munde –, aber er war schon in Rente, als ich bei Shine und Byrd eingestiegen bin.« Morley Shine war Privatdetektiv gewesen und hatte mit einem Kollegen namens Benjamin Byrd eine Detektei betrieben. Beide hatten ziemlich gute Verbindungen zum Sheriffbüro gehabt. Sie hatten mich 1974 eingestellt und ausgebildet, bis ich so viele Stunden beisammen hatte, dass ich selbst eine Lizenz beantragen konnte. »Er muss schon über achtzig sein.«
    Dolan schüttelte den Kopf. »Er ist erst dreiundsiebzig. Offenbar treibt ihn das Nichtstun in den Wahnsinn. Er hat es nicht ausgehalten, also ist er in Teilzeit wieder zum Sheriffbüro gegangen und bearbeitet alte Fälle für die Kriminalpolizei.«
    »Schön.«
    »Bis dahin schon. Weniger schön ist, dass man bei ihm Krebs diagnostiziert hat – nicht-Hodgkinsches Lymphom. Und zwar schon zum zweiten Mal. Er war jahrelang symptomfrei, doch vor etwa sieben Monaten ging es wieder los. Als endlich die Diagnose gestellt war, war er schon im vierten Stadium – wobei das fünfte der Tod ist, nur damit Sie im Bilde sind. Seine Langzeitprognose ist miserabel: ein berlebenschance von zwanzig Prozent, falls die Behandlung anschlägt, was keineswegs garantiert ist. Er hat schon sechs Runden Chemo und einen Haufen neuartige Medikamente hinter sich. Der Mann hat gelitten wie ein Hund.« »Klingt schrecklich.«
    »Ist es auch. Er hatte sich wieder halbwegs gefangen, aber kürzlich ging es ihm auf einmal absolut mies. Vor ein paar Tagen haben sie ihn wieder ins Krankenhaus gebracht. Die Blutbilder haben eine schwere Anämie ergeben, also hat man beschlossen, ihm eine Transfusion zu verabreichen. Weil er sowieso schon da war, haben sie sich gedacht, sie könnten doch gleich noch ein paar Untersuchungen machen, um abzuklären, wie es um ihn steht. Er ist natürlich Pessimist, aber in meinen Augen gibt es immer Hoffnung.«
    »Das tut mir Leid.«
    »Nicht so Leid wie mir. Ich kenne ihn seit fast vierzig Jahren, länger als ich meine Frau gekannt habe.« Dolan zog an seiner Zigarette, nahm sich den Blechaschenbecher vom Nebentisch und streifte ein paar Millimeter Asche ab.
    »Woher kennen Sie sich? Ich dachte, er hätte im Norden des Bezirks gearbeitet. Sie waren hier bei der Polizei.«
    »Er war schon beim Sheriffbüro, als wir uns zum ersten Mal begegnet sind. Das war 1948. Ich stamme aus einer Arbeiterfamilie, nichts Gebildetes oder Intellektuelles. Als ich aus der Army kam, war ich ganz schön hochnäsig. Großspurig und frech. Zwei Jahre bin ich herumgehangen, ohne was Vernünftiges auf die Beine zu stellen. Schließlich habe ich an einer Tankstelle in Lompoc einen Job als Tankwart bekommen. Sackgasse war gar kein Ausdruck dafür.
    Eines Abends ist ein Typ reingekommen und hat dem Geschäftsführer von der Nachtschicht eine Pistole an den Kopf gehalten. Ich war im
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