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Kinsey Millhone 17 - Totenstille - Q wie Quittung

Kinsey Millhone 17 - Totenstille - Q wie Quittung

Titel: Kinsey Millhone 17 - Totenstille - Q wie Quittung
Autoren: Grafton,Sue
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Themen, während ich Antworten darauf gab, von denen ich hoffte, dass sie angemessen waren. Ich hatte keine Ahnung, was er wollte, aber ich nahm an, dass er zu gegebener Zeit darauf zu sprechen kommen würde. Er war noch nie der Typ gewesen, der einfach unangemeldet hereinplatzt. Ich kannte ihn seit zehn Jahren, in denen er die meiste Zeit Chef des Morddezernats der Polizei von Santa Teresa gewesen war. Momentan war er krankheitsbedingt außer Dienst, nachdem ihn mehrere Herzinfarkte außer Gefecht gesetzt hatten. Ich hatte gehört, dass er unbedingt wieder Vollzeit arbeiten wollte. Den Gerüchten zufolge lagen seine Chancen dafür zwischen minimal und null.
    Er blieb stehen, um den zweiten Raum zu inspizieren, spähte in die Toilette und kam dann wieder auf mich zu. »Lonnie hat gesagt, Sie wären nicht gerade begeistert von den Räumen hier. Das kann ich nachfühlen. Sie sind trist.«
    »Ja, nicht? Es ist mir ein Rätsel, warum. Ich weiß, dass etwas fehlt, aber ich komme einfach nicht dahinter, was.«
    »Sie brauchen Bilder.« »Glauben Sie?« Ich ließ den Blick die kahlen Wände entlangschweifen.
    »Klar. Besorgen Sie sich ein paar große Reiseplakate und dazu doppelseitiges Klebeband. Das peppt die Räume sofort auf. Und wenn das nichts nützt, könnten Sie wenigstens mal die künstlichen Pflanzen abstauben.«
    Er war Anfang sechzig, und seine Herzprobleme hatten seine Gesichtsfarbe fahl werden lassen. Die altbekannten Ringe unter seinen Augen waren dunkelgrau angelaufen, sodass sein gesamtes Gesicht aussah, als sei es in zirkulierender Düsternis versunken. Offenbar nutzte er die Zeit seiner Abwesenheit vom Revier, um sich nur jeden zweiten Tag zu rasieren, und heute war keiner davon. Sein Gesicht war schon in den besten Zeiten leicht pausbackig gewesen, aber jetzt hingen die Mundwinkel mit dauerhaft missvergnügtem Ausdruck nach unten. Ganz mein Typ.
    Ich wusste, dass er nach wie vor rauchte, weil sein Mantel bei jeder Bewegung Nikotingeruch verströmte. Als ich ihn das letzte Mal gesehen hatte, hatte er in einem Krankenhausbett gelegen. Der Besuch war peinlich gewesen. Bis dahin hatte mich der Mann stets eingeschüchtert, aber schließlich hatte ich ihn zuvor auch nie in einem baumwollenen Krankenhaushemd gesehen, aus dessen Rückenschlitz sein runzliger Hintern herausguckte. Seitdem empfand ich mehr Zuneigung ihm gegenüber. Ich wusste, dass er mich mochte, obwohl sein Verhalten mir gegenüber früher immer zwischen griesgrämig und barsch geschwankt hatte.
    »Also, was gibt’s?«, fragte ich. »Sind Sie den ganzen Weg hier rüberspaziert, um mir Einrichtungstipps zu geben?« »Ehrlich gesagt bin ich auf dem Weg zum Mittagessen und dachte, Sie hätten vielleicht Lust mitzukommen – natürlich nur, falls Sie nichts anderes vorhaben.«
    Ich sah auf die Uhr. Es war erst fünf vor halb elf. »Klar, kann ich machen. Ich hole nur schnell meine Tasche und meine Jacke, dann treffen wir uns draußen.«
    Wir brachen zu Fuß auf und bogen an der nächsten Ecke rechts ab, um in nördlicher Richtung die Santa Teresa Street hinaufzugehen. Ich dachte, wir würden das Del Mar oder das Arcade aufsuchen, zwei Lokale, wo die Männer vom Polizeirevier oft zu Mittag aßen. Stattdessen marschierten wir noch drei Häuserblocks weiter und betraten schließlich eine kleine Kneipe, die unter dem Namen »Sneaky Pete’s« bekannt war, obwohl auf dem Schild etwas anderes stand. Das Lokal war fast leer: ein Paar an einem Tisch und ein paar Vormittagstrinker am anderen Ende der Bar. Dolan setzte sich ans vordere Ende, und ich schnappte mir den Hocker links von ihm. Die Bedienung legte ihre Zigarette in einen Aschenbecher, griff nach einer Flasche Old Forrester und schenkte ihm ein, bevor er überhaupt den Mund aufgemacht hatte. Er zündete sich eine Zigarette an und fing dann meinen Blick auf. »Was?«
    »Hm, na ja, Lieutenant Dolan, ich habe mich nur gefragt, ob das zu Ihrer Herzinfarkt-Reha gehört.«
    Er wandte sich der Bedienung zu. »Sie findet, ich achte nicht besonders gut auf mich.«
    Sie stellte das Glas vor ihn hin. »Wie sie darauf nur kommt?«
    Ich schätzte sie auf Mitte vierzig. Sie hatte dunkle Haare, die sie aus dem Gesicht gekämmt und mit zwei Hornkämmen festgesteckt hatte. Ich konnte ein paar graue Strähnen ausmachen. Nicht viel Make-up, aber sie sah aus wie jemand, dem man im Barkeeper-Sinne vertrauen konnte. »Und was kann ich Ihnen Gutes tun?«
    »Ich nehme ein Coke.«
    Dolan wies mit dem Daumen auf mich.
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